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Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung – Teil III

I.

Einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens

Im Zwangsversteigerungsverfahren – insbesondere im Termin selbst – kommt es immer wieder zu unterschiedlichen Fallkonstellationen, in denen der Gläubigervertreter entscheiden muss, welche Anträge er stellt und was für eine erfolgreiche Beendigung der Angelegenheit am sinnvollsten erscheint. In diesem Zusammenhang ist die Einstellung des Versteigerungsverfahrens gemäß § 30 ZVG eine wichtige Möglichkeit auf Seiten des Gläubigers.

Eine Verfahrenseinstellung hat das Ruhen des Verfahrens zur Folge. Der Antrag kann praktisch bis zur Zuschlagsverkündung gestellt werden (BGH ZfIR 2020, 550; Rpfleger 2007, 414). Der Einstellungsbeschluss ergeht von Amts wegen und lautet auf einstweilige Einstellung (§ 30 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2) oder Aufhebung (§ 30 Abs. 1 Satz 3 ZVG).

Praxishinweis:

Die Einstellungsbewilligung des Gläubigers ist das bekannteste und meist genutzte verfahrensrechtliche Instrument. Sie stoppt den Verfahrensgang, hebt dabei aber die Beschlagnahmewirkung nicht auf. Insofern bleibt der Gläubiger also während der Zeit der Einstellung weiterhin geschützt.

Die Bewilligung ist ab dem Zeitpunkt des Verfahrensbeginns bis zur rechtkräftigen Zuschlagsentscheidung möglich. Sie ist vom Gläubiger ohne nähere Begründung schriftlich oder zu Protokoll zu erklären.

Hat der Gläubiger die Einstellung an Bedingungen geknüpft, die der Schuldner einhalten muss, werden diese vom Gericht allerdings nicht überwacht. Dies ist Aufgabe des Gläubigers.

Wie lange kann das Verfahren eingestellt werden?

Die Verfahrenseinstellung erfolgt nur für höchstens 6 Monate!

Achtung:

Wird der schriftliche Fortsetzungsantrag nicht innerhalb von 6 Monaten gestellt, wird das Verfahren von Amts wegen aufgehoben (§ 31 Abs. 1 Satz 2 ZVG).

Beispiel und Praxishinweis:

Das Zwangsversteigerungsverfahren läuft bereits. Der Schuldner bietet Ratenzahlungen an, kann die vollständige Begleichung jedoch nicht innerhalb von 6 Monaten erbringen. In diesem Fall muss spätestens am letzten Tag der 6-Monatsfrist ein Fortsetzungsantrag gestellt werden und ggf. am nächsten Tag wieder ein Einstellungsantrag, der für weitere höchstens 6 Monate gilt.

Muster: Fortsetzungsantrag nach bewilligter Einstellung

An das

Amtsgericht

– Vollstreckungsgericht –

Az.: K

In dem Zwangsversteigerungsverfahren

des … – Gläubiger –

gegen … – Schuldner –

beantrage ich namens und in Vollmacht des Gläubigers die Fortsetzung des durch Beschluss vom …, mir zugestellt am …, eingestellten Verfahrens.

Rechtsanwalt

Eine Fortsetzung kann nur bei einem eingestellten Verfahren beantragt werden (BGH IGZInfo 2010, 21). Der Antrag muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass vom Gläubiger die Fortsetzung des Verfahrens gewünscht wird. Einer Begründung bedarf es nicht.

Antragsberechtigt für die Fortsetzung ist nur der jeweils betreibende Gläubiger.

Bei Versäumnis der 6-Monatsfrist für den Fortsetzungsantrag ist eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand allerdings nicht möglich, da es sich nicht um eine Notfrist handelt.

Hinweis an den vollstreckenden Gläubiger:

Im Laufe eines Zwangsversteigerungsverfahrens kann nur zweimal die Einstellungsbewilligung von demselben Gläubiger abgegeben werden. Eine dritte Einstellung wirkt als Rücknahme des Versteigerungsantrages (§ 30 Abs. 1 Satz 2)!

Kann auch der Schuldner die Einstellung der Zwangsversteigerung beantragen?

Ja.

Auch der Schuldner kann einen Einstellungsantrag gemäß § 30a Abs. 1 ZVG stellen. Der § 30a ZVG stellt eine Schuldnerschutzvorschrift dar.

Dieses ist aber nur möglich, wenn

  • Aussicht besteht, dass durch die Verfahrenseinstellung die Versteigerung verhindert werden kann, d.h. der Schuldner muss sanierungsfähig sein,

  • die Einstellung der Billigkeit entspricht und zwar nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners sowie nach der Art der Schuld.

Entfällt bereits das Erfordernis der Sanierungsfähigkeit, so sind die weiteren Kriterien erst gar nicht durch das Gericht zu prüfen. Ein nicht mehr sanierungsfähiger Schuldner soll nicht auf Kosten der Gläubiger geschützt werden.

Bei der Billigkeitsprüfung spielen sowohl persönliche Dinge (z.B. Scheidung, Tod von Familienangehörigen, Krankheit, Arbeitslosigkeit usw.) eine Rolle als auch wirtschaftliche Verhältnisse. Die wirtschaftlichen Verhältnisse können z.B. durch Erdbeben, Feuer- und Hochwasserschäden begründet sein.

Was geschieht nach vollständigem Ausgleich der Forderung?

Der oder die betreibenden Gläubiger können die Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens beantragen, indem der Versteigerungsantrag vom Gläubiger zurückgenommen wird (§ 29 ZVG).

Im Falle der Aufhebung des Verfahrens ist das Grundbuchamt um Löschung des Versteigerungsvermerks zu ersuchen.

Hat die Löschung des Versteigerungsvermerks für den Schuldner Nachteile?

Absolut „JA“.

Wird im Grundbuch die Löschung eines Rechts oder eines Vermerks vorgenommen, heißt das nicht, dass „gelöscht“ im Sinne von unkenntlich machen oder unsichtbar machen gemeint ist. Die Löschung im Grundbuch erfolgt in der Praxis gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 und 2 GBV durch unterstreichen. Die einmal erfolgte Eintragung wird also unterstrichen.

Unterstrichen heißt nicht „besonders wichtig“, sondern „gelöscht“.

Bei händisch geführten Grundbüchern erfolgte die Löschung durch Rötung, also rot unterstreichen = gelöscht. Bei maschinell/elektronisch geführten Grundbüchern wird die Rötung schwarz dargestellt (Demharter, Kommentar Grundbuchordnung, 28. Auflage, § 46 Rd. Nr. 13).

Das heißt in der Praxis, dass eine einmal vorgenommene Eintragung für immer sichtbar bleibt (KG v. 5.4.2022, 1 W 349/21, FMP Forderungsmanagement professionell 11/22, S. 183; OLG Düsseldorf, FGPrax 17, 100; OLG Köln FGPrax 15, 249; OLG Naumburg FGPrax 14, 54; OLG München NJOZ 14, 687; OLG Celle FGPrax 13, 146; BayOLG, NJW-RR 93, 475).

Dieses sollte dem Schuldner auch vor der Stellung eines Zwangsversteigerungsantrages klar gemacht werden. Ein vor dem Eintragungsersuchen an den Schuldner gerichtetes Schreiben könnte folgenden Inhalt haben:

Muster: Schreiben an den Schuldner

Sehr geehrte/r Frau/Herr …

in der Zwangsvollstreckungsangelegenheit … gegen Sie wird per heute der aus der beigefügten Forderungsaufstellung ersichtliche Gesamtbetrag geschuldet.

Es wird gläubigerseits in Erwägung gezogen, im Wege der Grundbuchvollstreckung gegen Sie vorzugehen.

Bevor entsprechende Anträge gestellt werden, weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass im Grundbuch einmal vorgenommene Eintragungen von Rechten oder von Vermerken auch nach Begleichung stets sichtbar bleiben.

Eine Umschreibung also Neutralisierung der Grundbuchblätter ist auch nach Begleichung der Forderung und anschließender Löschung im Grundbuch nicht möglich (Entscheidung des Kammergerichts vom 5.4.2022, 1 W 349,21; OLG Düsseldorf, FGPrax 17, 100).

Einmal im Grundbuch vorgenommene Eintragungen wirken sich damit für Sie auch für die Zukunft immer negativ und kreditschädigend aus.

Auch unter diesem Gesichtspunkt dürfen wir Sie bitten, die Zahlungen wieder aufzunehmen.

Dem Eingang eines weiteren Teilbetrages in Höhe von mindestens … wird bis zum … entgegengesehen.

Nach erfolglosem Fristablauf werden wir auftragsgemäß tätig werden.

Mit freundlichem Gruß

Rechtsanwalt

II.

Fortsetzung der Zwangsversteigerung

Das Gericht bestimmt den Versteigerungstermin. Der Zeitraum zwischen der Anberaumung des Termins und dem Termin soll, wenn nicht besondere Gründe vorliegen, nicht mehr als 6 Monate betragen. War das Verfahren einstweilen eingestellt, so soll diese Frist nicht mehr als 2 Monate, muss aber mindestens einen Monat betragen.

Wo findet die Versteigerung statt?

Es steht im Ermessen des Vollstreckungsgerichts, den Versteigerungstermin an der Gerichtsstelle oder an einem anderen Ort im Gerichtsbezirk abzuhalten. Das Gericht wählt in der Regel den Ort, an dem voraussichtlich der höchste Erlös erzielt wird. Bei hochinteressanten Objekten und Erwartung vieler Bieter kann die Versteigerung auch im Rathaus, im Gemeindesaal, Gasthaus oder Turnhalle vorgenommen werden.

Wie erfolgt die Terminsveröffentlichung?

Die Terminsbestimmung soll an die Gerichtstafel angeheftet werden. Diese kann unterbleiben, wenn sie in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekannt gemacht wird, wie z.B. www.justiz.de oder www.zvg-portal.de. Hier befindet man sich dann sofort auf der Startseite „Zwangsversteigerungstermine“. Auch die Anheftung an die Gemeindetafel kann insbesondere bei Grundstücken mit geringerem Wert genutzt werden.

Kann das Versteigerungsobjekt besichtigt werden?

Eine Besichtigung des Grundstücks kann nicht erzwungen werden. § 42 ZVG gibt Bietinteressenten die Möglichkeit über ein großzügiges Akteneinsichtsrecht, um Informationen über das Versteigerungsobjekt zu sammeln. Das Einsichtsrecht ist jedermann gestattet. Einer Vollmacht bedarf es insoweit nicht.

Für eine Grundbucheinsicht bedarf es allerdings gemäß § 12 GBO eines berechtigten Interesses (z.B. Vorlage eines Vollstreckungsstitels, Vollmacht, Erbschein etc.).

III.

Versteigerungsbedingungen gemäß §§ 44 bis 65 ZVG

a) Geringstes Gebot § 44 ZVG

Beim geringsten Gebot sind zwei Aspekte zu beachten:

1. das Bargebot und

2. die bestehenbleibenden Rechte.

Von Amts wegen zu berücksichtigende Rechte sind

  • Kosten nach § 109 ZVG,

  • Ansprüche gemäß § 10 I Nr. 4,

  • laufende wiederkehrende Leistungen

Rechte im geringsten Gebot sind im Übrigen z.B.

  • Altenteil,

  • Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte,

  • Erbbaurecht,

  • Sicherungsgrundschuld,

  • Vorkaufsrecht,

  • Zwangssicherungshypothek.

b) Bargebot

Das Bargebot umfasst den bar zu zahlenden Teil des geringsten Gebotes (also die Verfahrenskosten gemäß § 109 ZVG sowie die Ansprüche aus § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZVG, § 12 Nr. 1 und 2 ZVG).

Das Bargebot, welches Teil des geringsten Gebotes ist, enthält

  • die Kosten des Verfahrens gemäß § 109 ZVG,

  • Ansprüche der Rangklassen § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZVG,

  • Kosten der Rechtsverfolgung sowie die wiederkehrenden Leistungen aus den bestehenbleibenden Rechten (§ 12 Nr. 1 und 2 ZVG),

  • Ansprüche der Rangklasse § 10 Abs. 1 Nr. 5.

Ein Bieter gibt immer nur das Bargebot ab. Um seine gesamten Verpflichtungen zu erkennen, muss er die bestehenbleibenden Rechte in Gedanken dazu zählen. Darauf muss das Vollstreckungsgericht im Termin auch eindringlich hinweisen (Böttcher, Kommentar ZVG, 7. Auflage, § 49 Rd. Nr. 3).

Das Bargebot ist vom Ersteher vor dem Verteilungstermin, nicht vor dem Versteigerungstermin, zu zahlen. Die Zahlung erfolgt durch Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto der Gerichtskasse.

Bestehenbleibende Rechte gemäß § 52 ZVG sind:

  • Dienstbarkeiten (Grunddienstbarkeiten, beschränkt persönliche Dienstbarkeiten),

  • Erbbaurecht,

  • Altenteil,

  • Dauer- und Dauernutzungsrecht,

  • öffentliche Lasten,

  • Vorkaufsrechte.

IV.

Der Versteigerungstermin (§ 66 ZVG)

Kernstück jedes Zwangsversteigerungsverfahrens ist der Termin. Die Sitzungsleitung liegt in der Hand des Rechtspflegers (§§ 175-183 GVG). Der Termin ist öffentlich, beginnt mit dem Aufruf der Sache und gliedert sich in drei scharf zu trennende Abschnitte:

1. Bekanntmachungsteil,

2. Bietstunde,

3. Verhandlung über den Zuschlag.

Der Bekanntmachungsteil dient der Vorbereitung des Versteigerungsgeschäftes (Bietstunde).

Bekannt zu machen sind die das Grundstück betreffenden sogenannten Nachweisungen nämlich

  • Inhalt des Grundbuchs,

  • Einheitswert,

  • Grundstückswert und der Wert des Zubehörs (das zugrundeliegende Gutachten sollte insoweit vorgetragen werden),

  • betreibende Gläubiger,

  • Beschlagnahmezeitpunkt.

Sodann erfolgt die Feststellung und Verlesen des geringsten Gebotes und der Versteigerungsbedingungen wie z.B. Bezahlung des Bargebotes, bestehenbleibende Rechte, evtl. Schuldübernahmen und Fälligkeiten von Grundpfandrechten, Zuschlagskosten etc.

Dann erfolgen Hinweise an die Bietinteressenten. Dazu gehören

  • Bargebot,

  • Identifikation der Bietinteressenten durch Vorlage eines Ausweises,

  • unter Umständen ist eine Bietvollmacht in öffentlich beglaubigter Form vorzulegen;

  • Hinweis auf eine mögliche Pflicht zur Sicherheitsleistung, die 10 % des festgesetzten Verkehrswertes beträgt (§ 68 Abs. 1 ZVG);

  • Erläuterung der 7/10-Grenze bzw. 5/10 Grenze nach §§ 74a, 85a ZVG.

Der Bekanntmachungsteil endet mit der Aufforderung zur Abgabe von Geboten. Damit beginnt die Bietstunde.

Die Bietstunde wird minutiös festgehalten. Sie verdankt ihren Namen der bis 1998 geltenden Mindestdauer von 60 Minuten. Sie beträgt aber nicht mehr eine Stunde, sondern muss mindestens 30 Minuten betragen. Sie kann also auch verlängert werden, nämlich solange, bis trotz Aufforderung des Gerichts keine Gebote mehr abgegeben werden. Im Protokoll sind Beginn und Ende der Bietzeit minutiös festzuhalten.

Die Verkündung des letzten Gebots soll mittels dreimaligen Aufrufs erfolgen.

Der Zuschlag kann gemäß § 74a Abs. 1 Satz 1 ZVG versagt werden, wenn das Meistgebot, bestehend aus Meistbargebot und Kapitalwert der bestehenbleibenden Rechte unter 7/10 des festgesetzten Grundstückswertes liegen.

Beispiel:

Verkehrswert: 480.000,00 EUR

Eingetragene Rechte: 400.000,00 EUR

7/10-Grenze: 336.000,00 EUR

Meistgebot: 300.000,00 EUR

Da die 7/10-Grenze nicht erreicht ist, können die eingetragenen Grundpfandgläubiger den Zuschlag versagen. Widerspricht jedoch der eingetragene Grundpfandgläubiger nicht, ist im ersten Termin eine Senkung von 7/10 auf 5/10 möglich.

Wird der Zuschlag versagt, wird von Amts wegen ein neuer Termin bestimmt. In dem neuen Termin darf weder aus § 74a ZVG (7/10) noch aus § 85a ZVG (5/10) der Zuschlag versagt werden (§ 85a Abs. 2). Möglich ist demnach auch eine Versteigerung für 3/10 des vom Gutachter geschätzten Betrages. Der Rechtspfleger hat allerdings darauf zu achten, dass keine Verschleuderung des Grundstücks erfolgt.

V.

Zeitpunkt des Zuschlags

Der Zuschlag ist dem Meistbietenden zu erteilen (§ 81 Abs. 1 ZVG). Er wird mit der Verkündung wirksam (§ 89 ZVG).

Das Meistgebot ist das betragsmäßig höchste Gebot; es besteht auf alle Fälle aus dem Bargebot und evtl. bestehenbleibenden Rechten.

Der Zuschlag ist ein konstitutiv wirkender Staatshoheitsakt, der die Bedeutung eines Richterspruchs hat. Durch ihn wird das Eigentum am Grundstück nicht übertragen, sondern in der Person des Erstehers originär begründet (BGH BB 1960, 65; NJW 1970, 565, RPfleger 1986, 396).

Durch den Zuschlag erhält der Ersteher ein Sonderkündigungsrecht (§ 57a ZVG). Der Zuschlag bricht nicht Miete, aber berechtigt, Miete zu brechen (Böttcher, Kommentar ZVG, 7. Auflage, § 57a Rd. Nr. 9).

Durch den Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks. In dieser Sekunde gehen alle Rechte wie Mietverträge aber auch bestehende Versicherungen auf den Ersteher über. Außerdem erwirbt er zugleich die Gegenstände, auf welche sich die Versteigerung erstreckt hat.

VI.

Vollstreckungsmäßige Auswertung

Der Zuschlagsbeschluss ist ein Vollstreckungstitel, der seine Vollstreckungsreife mit der Verkündung (§ 89 ZVG) oder mit seiner Zustellung (§ 104 ZVG) erlangt. In ihm muss das zu räumende Grundstück explizit aufgeführt sein.

Die Zwangsvollstreckung in das Grundstück ist gegen den Ersteher ohne Zustellung des vollstreckbaren Titels oder der nach § 132 ZVG erteilten Vollstreckungsklausel zulässig. Sie kann erfolgen, auch wenn der Ersteher noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist (§ 133 ZVG).

Der Zuschlagsbeschluss ist ein Räumungs- und Herausgabetitel, weil der bisherige Eigentümer sein Recht zum Besitz gemäß § 986 BGB verloren hat. Mit dem Zuschlagsbeschluss ist die herkömmliche Räumung aber auch die sogenannte „Berliner Räumung“ gemäß § 885a ZPO möglich, das heißt, der Schuldner kann gemäß § 885a ZPO aus dem Besitz gesetzt werden.

Der Räumungsauftrag nach dem „Berliner Modell“ an den Gerichtsvollzieher könnte wie folgt formuliert werden:

Muster: Räumungsauftrag nach „Berliner Modell“:

Räumungsauftrag gemäß § 885a ZPO

In der Zwangsvollstreckungssache

des… – Gläubiger –

gegen …– Schuldner –

überreichen wir den Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts … vom … Aktenzeichen …

und beantragen, das im Urteilstenor näher bezeichnete Wohnhaus in der Form zu räumen, dass der Schuldner aus dem Besitz gesetzt wird.

An allen im Hause befindlichen Gegenständen macht der Gläubiger gemäß § 562 ZPO sein Vermieterpfandrecht geltend. Die Räumung des Hauses wird ausdrücklich nicht gewünscht.

Rechtsanwalt

VII.

Zwangsverwaltung

Im Gegensatz zur Zwangsversteigerung, die einen Grundstücksverlust darstellt, handelt es sich bei der Zwangsverwaltung um einen Eigentumserhalt. Beide Verfahren sind selbstständige Verfahren, die unabhängig allein oder nebeneinander betrieben werden können (§ 866 Abs. 2 ZPO).

Hinweis:

Das Wesen der Zwangsverwaltung ist nicht der Entzug des Eigentums, sondern lediglich auf den Entzug der Verwaltung und Benutzung des Grundstücks durch den Schuldner gerichtet (§ 146 ZPO).

Wann ist eine Zwangsverwaltung vollstreckungsmäßig sinnvoll?

Sinnvoll ist sie, wenn

a) z.B. der Schuldner Eigentümer eines Mehrfamilienwohnhauses ist und eine relativ hohe Forderung im Raume steht.

Beispiel:

Der Schuldner ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses und lässt auf dem Dach dieses Hauses eine Photovoltaikanlage zum Preis von 62.000,00 EUR installieren. Die Rechnung wird durch den Schuldner nicht bezahlt. Der Gläubiger erwirkt einen Titel und betreibt die Zwangsverwaltung. Der Zwangsverwalter nimmt die Mieten ein, begleicht daraus laufende Kosten und bedient den Gläubiger.

b) vor einer eventuell beabsichtigten Zwangsversteigerung in der Person des Schuldners zu erwarten ist, dass dieser z.B. die Begutachtung des Hauses verhindern oder stören will.

Die Zwangsverwaltung ist möglich

  • an Grundstücken (§§ 864 Abs. 1, 866 Abs. 1 ZPO),

  • an Grundstücksbruchteilen (§ 864 Abs. 2 ZPO,

  • bei Wohnungs- oder Teileigentum,

  • bei grundstücksgleichen Rechten (z.B. Erbbaurechten),

  • in Gebäudeeigentum.

Für den Antrag gelten die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung. Zuständig ist als Vollstreckungsgericht das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Der Antrag könnte wie folgt lauten:

Muster: Antrag auf Zwangsverwaltung

An das

Amtsgericht

….

In der Zwangsvollstreckungssache

des …

gegen …

beantragen wir unter Vorlage des Urteils des … vom … Aktenzeichen … namens und im Auftrage des Gläubigers, bezüglich des im Grundbuch von …Band … Blatt … Flurstücks-Nr. … eingetragenen Grundstücks hinsichtlich der sich aus der beigefügten Forderungsaufstellung ersichtlichen Forderung die

Anordnung der Zwangsverwaltung.

Rechtsanwalt

Besonderheiten:

a) Bei einem Erbbaurecht steht ein nach § 5 ErbbauRG eingetragenes Veräußerungs- oder Belastungsverbot nicht entgegen.

b) Ein eingetragener Nießbrauch steht der Anordnung der Zwangsverwaltung nach allgemeiner Ansicht nicht entgegen (Böttcher, Kommentar ZVG, 7. Auflage, § 146 Rd. Nr. 47).

Wird die Zwangsverwaltung angeordnet, finden die Vorschriften über die Anordnung der Zwangsversteigerung entsprechende Anwendung. Der Umfang der Beschlagnahme erstreckt sich u.a. auf

  • land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse,

  • Zubehör, wenn es im Eigentum des Grundstückseigentümers steht,

  • Versicherungsforderungen,

  • laufende Bruttomiete,

  • Mietkautionen,

  • laufende Miet- und Pachtforderungen,

  • rückständige Mieten,

  • Ansprüche aus Betriebskostenabrechnungen,

  • Untermietforderungen,

  • Nutzungsentschädigungen.

Aufgaben des Zwangsverwalters gemäß § 152 ZVG:

Der Zwangsverwalter hat gemäß § 152 ZVG das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsgemäß zu benutzen. Er hat die Ansprüche, die sich auf die Beschlagnahme erstrecken, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen.

Ist das Grundstück vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen, so ist der Miet- oder Pachtvertrag auch dem Verwalter gegenüber wirksam.

Zu der ordnungsgemäßen Benutzung des Grundstücks gehören z.B.

  • Beibehaltung der bisherigen Nutzung (z.B. nicht Wechsel von landwirtschaftlich genutzten Flächen in Waldflächen oder Umwandlung eines gewerblich genutzten Grundstücks in Wohnraum),

  • keine dinglichen Verfügungen (z.B. Verkauf oder Belastung des Grundstücks),

  • schuldrechtliche Verträge fortzusetzen oder neue Verträge abzuschließen,

  • Vereinnahmung einer eventuellen Jagdpacht,

  • Fortführung des Gewerbebetriebes,

  • steuerliche Verpflichtungen.

Wann erfolgt die Aufhebung des Verfahrens?

Eine Aufhebung erfolgt durch Beschluss des Gerichts, wenn der Gläubiger befriedigt ist. Im Übrigen ist durch den Gläubiger jederzeit eine Antragsrücknahme gegenüber dem Vollstreckungsgericht möglich.

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