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Aktuelle zwangsvollstreckungsrechtliche Änderungen zum 1.1.2022

Auch wenn die Änderungen bereits zum 1.1.2022 in Kraft getreten sind, so möchten wir Ihnen diese trotzdem mit dem heutigen Artikel vorstellen und die daraus resultierenden Praxisfolgen besprechen, zumal wir davon ausgehen, dass Sie mit der Einführung der flächendeckenden aktiven Nutzungspflicht des beA zum Jahresanfang ausreichend beschäftigt waren.

I.Änderung des § 811 ZPO

Bereits durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes wurde § 811 ZPO geändert. Diese Änderung hielt nur wenige Monate. Zum 1.1.2022 wurde § 811 ZPO umfassend geändert und der Schuldnerschutz wiederrum erweitert.

Einziger erkennbarer Blickwinkel des Gesetzgebers war einerseits die Entlastung der Gerichtsvollzieher und andererseits die Ausweitung des Pfändungsschutzes für den Schuldner. Gläubigerbelange oder eine Interessensabwägung zwischen Schuldner- und Gläubigerbelangen sucht man vergebens. So wurde § 811 ZPO im persönlichen Anwendungsbereich noch um „die im gemeinsamen Haushalt mit dem Schuldner lebende Person“ erweitert. Der Gerichtsvollzieher erfährt so – jedenfalls nach Meinung des Gesetzgebers – eine Entlastung dadurch, dass er nicht mehr überlegen muss, ob das zur Pfändung beabsichtigte Pfändungsgut dem Schuldner oder eben einer anderen Person gehört. Durch die Gleichschaltung und Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereiches besteht nunmehr in jedem Falle die Unpfändbarkeit.

Insbesondere wurde auch in § 811 Nr. 3 ZPO die Pfändbarkeit des Bargeldes um diese im Haushalt lebende Person erweitert. Gleiches gilt für Haushaltsgegenstände (Nr. 1) und Gegenstände zum Zwecke der Erwerbstätigkeit (Nr. 2).

Erfreulicherweise ist die Privilegierung eines Gläubigers, der Waren bzw. Nutztiere unter Eigentumsvorbehalt an den Schuldner verkauft hat, in Absatz 2 erhalten geblieben. Dies bedeutet, dass weiterhin – wie schon zur bisherigen Rechtslage – bei Nachweis des (einfachen) Eigentumsvorbehalts durch Urkunden auch ein unpfändbarer Gegenstand (z.B. Fernsehgerät, Spülmaschine, Fahrzeug, etc.) ohne Austauschpfändung für diesen Eigentumsvorbehaltsgläubiger gepfändet werden kann. Dies setzt natürlich voraus, dass ein Gläubiger auch im Vollstreckungsverfahren diese Privilegierungsmöglichkeit „auf dem Schirm“ hat und entsprechend anwendet. Zum einen erhöhen sich dadurch die Erfolgschancen einer Sachpfändung und zum anderen besteht für den Gläubiger die Möglichkeit seinen Schaden zu begrenzen, da er zumindest den verkauften Gegenstand zurückerhält und gegebenenfalls anderweitig veräußern kann.

Der Gesetzgeber hat es offenbar auch nicht für erforderlich erachtet, den Tieren eine eigene Vorschrift zuzubilligen. Getreu nach dem Motto „Tiere sind keine Sachen, werden aber wie Sachen behandelt“ wird die Pfändbarkeit bzw. Unpfändbarkeit am Ende der Vorschrift des § 811 Nr. 8 ZPO behandelt. Auch dies zeichnet ein deutliches Bild des Stellenwertes der Tiere in der Gesellschaft. Nach Absatz 3 hat – wie schon früher – eine Interessensabwägung zwischen Gläubiger- und Schuldnerbelangen stattzufinden und eine Pfändung ist nur möglich, soweit das Tier (Haustier/privater Zweck) einen besonders hohen Wert hat, es sich also z.B. um ein Rassetier oder besonders wertvolles Tier, wie Dressurpferd, Exoten u.ä. handelt.

II.Änderung im § 850a ZPO

Was in der Sachpfändung § 811 ZPO regelt, ist in der Forderungspfändung § 850a ZPO. Auch hier hat der Schuldnerschutz im Hinblick auf die Unpfändbarkeit der Weihnachtsvergütung zugeschlagen. Wo noch vor Gesetzesänderung das Weihnachtsgeld bis zu einem Betrag in Höhe von 500,00 EUR unpfändbar war, stellt nunmehr § 850a Nr. 4 ZPO auf den hälftigen Pfändungsfreibetrag ab und dieser wird noch „großzügig“ auf volle 10,00 EUR (!) aufgerundet. In Zahlen bedeutet dies ausgehend vom derzeitigen Pfändungsfreibetrag ein unpfändbares Weihnachtsgeld in Höhe von mindestens 626,32 EUR, aufgerundet auf volle 10,00 EUR, somit 630,00 EUR.

Interessant, wie der Gesetzgeber Geld des Gläubigers an den Schuldner verteilt. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber dieses Prinzip auch bei Steuerrückerstattungen in dieser Form umsetzt.

III.Änderungen im § 850b ZPO

Ebenso erfährt die sogenannte Sterbeversicherung eine Anhebung der unpfändbaren Lebensversicherungssumme von ursprünglich 3.579,00 EUR auf 5.400,00 EUR. Dies bedeutet letztendlich eine Erweiterung des Pfändungsschutzes um 1.821,00 EUR.

IV.Änderungen im § 851c ZPO

Im Vergleich zur Vorschrift des § 851c ZPO vor der Gesetzesänderung sind die Altersgruppen auf letztlich zwei Altersstufen reduziert worden. Beachtlich ist allerdings die Anhebung der unpfändbaren Versicherungssumme bei Altersvorsorgeverträgen von 256.000,00 EUR auf 340.000,00 EUR, also eine Erweiterung des Pfändungsschutzes um 84.000,00 EUR.

Besonders fragwürdig in diesem Zusammenhang ist, welche Schuldnergruppen der Gesetzgeber hier eigentlich schützen wollte. Es dürfte sich von selbst verstehen, dass die Mehrheit der Schuldner, welche im untersten oder aber auch im mittleren Lohnsegment tätig sind, nicht ansatzweise eine derart hohe Versicherungssumme im Laufe ihres Berufslebens aufbauen können – schlicht und ergreifend deshalb, weil sie gar nicht wissen, von welchem Geld sie etwas in die private Altersvorsorge einzahlen sollen. Somit dürfte feststehen, dass der Gesetzgeber allenfalls eine privilegierte Minderheit von Schuldnern schützt, die an sich wohl gut verdienen oder zumindest geschickt und steuerbegünstigt ihre Altersvorsorgeverträge befüllen, welche nunmehr durch die erhebliche Erhöhung des unpfändbaren Betrages dafür auch noch belohnt werden. Allein diese Änderung macht ein weiteres Mal deutlich, wie weit der Gesetzgeber von den tatsächlichen Sorgen und Nöten sowohl auf Gläubiger als auch auf Schuldnerseite entfernt ist.

V.Der neue § 757a ZPO

Ein wesentliches Ziel des Gesetzgebers war es, den Gerichtsvollzieher als ausführendes Vollstreckungsorgan vor Gewalt durch den Schuldner zu schützen. Auch hier kann kaum wegdiskutiert werden, dass vor allem die Gruppierungen der „Reichsbürger“ auch in der Zwangsvollstreckung erhebliche Probleme bereiten. Diese Vorschrift ermöglicht es den Gerichtsvollziehern nunmehr im Vorfeld bei entsprechenden Anhaltspunkten Auskunftsersuchen bei der jeweiligen Polizeidienststelle zu platzieren und um Unterstützung bei der Durchführung von Vollstreckungshandlungen durch die Polizei zu ersuchen.

Der Gläubiger selbst wird mit dieser Vorschrift des § 757a ZPO wohl wenig in Berührung kommen, da die Initiative für Auskunfts- und Unterstützungsersuchen vom Gerichtsvollzieher ausgeht. Gleichwohl verstehen wir die Zwangsvollstreckung auch als ein Zusammenspiel zwischen Gläubiger und Vollstreckungsorgan. Meines Erachtens besteht also schon eine Verantwortung des Gläubigers/Gläubigervertreters, bei Kenntnis bzw. Verdacht eines auffälligen und gegebenenfalls gewaltbereiten Schuldners hier einen entsprechenden Hinweis auf § 757a ZPO im Vollstreckungsauftrag zu platzieren. Oftmals ist ja der Gläubiger noch im außergerichtlichen oder gerichtlichen Bereich Ansprechpartner für den Schuldner und kann daher aus dem Verhalten des Schuldners gegebenenfalls schließen, dass dieser womöglich eine Gefahr für Leib und Leben des Gerichtsvollziehers darstellen könnte.

Und schließlich ist die Vorschrift des § 757a ZPO für den Gläubiger dann relevant, wenn beispielsweise eine Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher aufgrund der Gefahr für Leib und Leben aus nachvollziehbaren Gründen eingestellt wird und sodann im Erinnerungsverfahren bzw. Beschwerdeverfahren geklärt werden muss, dass die Zwangsvollstreckung fortzusetzen ist. Es geht sicherlich nicht an, dass eine Zwangsvollstreckung und damit die Durchsetzung eines gerichtlichen Titels dauerhaft eingestellt wird und letztlich der Staat – wie in der Vergangenheit oftmals – kapituliert. Die Vorschrift des § 757a ZPO macht deutlich, dass eben sodann die Zwangsvollstreckung mit der nötigen Polizeigewalt bzw. des Polizeischutzes durchzusetzen ist.

VI.Ermittlungsauftrag nach § 755 ZPO

Der Ermittlungsauftrag nach § 755 ZPO wurde um eine weitere Auskunftsstelle, nämlich um die berufsständische Versorgungseinrichtung erweitert. Diese Erweiterung trifft insbesondere auf Schuldner zu, die den freien Berufen zuzuordnen sind (z.B. Ärzte, Architekten, Rechtsanwälte, Steuerberater, etc.).

Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Gläubiger die berufsständische Versorgungseinrichtung benennt und Anhaltspunkte dafür vorträgt, die darauf schließen lassen, dass der Schuldner Mitglied bei dieser berufsständischen Versorgungseinrichtung ist. Wesentlicher Anhaltspunkt wird üblicherweise die Angabe des Berufes des Schuldners sein, wenn dieser Beruf wiederum den freien Berufen zuzuordnen ist. Dies setzt naturgemäß voraus, dass der Gläubiger, sei es über den Mandanten oder sei es im Rahmen einer Vermögensauskunft, tatsächliche Kenntnis vom Beruf des Schuldners hat.

Aus praktischer Sicht ist relevant, dass üblicherweise gerade die freien Berufe davon leben, auch gefunden zu werden, sodass womöglich eine intensive Internetrecherche schneller und kostengünstiger die gewünschten Ergebnisse liefert. Umgekehrt liefert allerdings die Internetrecherche regelmäßig nur die geschäftliche Anschrift. Über die berufsständische Versorgungseinrichtung lässt sich gegebenenfalls die Privatanschrift ermitteln bzw. ergeben sich neue Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen.

VII.Drittauskünfte gemäß § 802l ZPO

Die wohl erfreulichste Änderung ist bei der Erweiterung der Drittauskünfte gemäß § 802l ZPO zu erkennen. Auch diese wurden hinsichtlich der Auskunftsstelle um die berufsständische Versorgungseinrichtung konsequent erweitert. Für Schuldner, die den freien Berufen zuzuordnen sind, können künftig hier entsprechende Auskünfte eingeholt werden. Es gelten die gleichen Anforderungen wie beim Ermittlungsauftrag: Der Gläubiger muss also die berufsständische Versorgungseinrichtung namentlich bezeichnen und Anhaltspunkte dafür liefern, dass der Schuldner Mitglied bei dieser berufsständischen Versorgungseinrichtung ist.

Die praktische Anwendung ist jedoch mehr als zweifelhaft. Es ist nicht recht einzusehen, weshalb hier ein theoretisches Beauskunftungsverfahren vorgeschalten werden soll, wenn umgekehrt problemlos über eine Verdachtspfändung bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung Fakten geschaffen werden können. Für den Gläubiger besteht natürlich immer die Gefahr, dass während des Beauskunftungsverfahrens im Rahmen der Drittauskünfte ein anderweitiger Gläubiger die erste Rangstelle bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung besetzt, währenddessen der andere Gläubiger noch das Ergebnis der Drittauskünfte abwartet.

Wesentlich spannender und praxisrelevanter ist die Erweiterung von den bisher zwei Voraussetzungen zur Einholung der Drittauskünfte (Schuldner kommt seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nach und die im Vermögensverzeichnis genannten Vermögenswerte reichen nicht zu einer vollständigen Befriedigung), um die weitere Voraussetzung des „unbekannt verzogenen Schuldners bzw. des Schuldners, der sich nicht ordnungsgemäß ummeldet“.

Der Gesetzgeber hat mit dieser Änderung die Entscheidung des BGH (Beschl. v. 30.11.2017, I ZB 5/1) um die Einholung von Drittauskünften bei unbekanntem Aufenthalts des Schuldners nunmehr in geltendes Recht umgesetzt und dabei erfreulicherweise nicht nur auf die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung im Sinne des § 185 ZPO abgestellt, sondern vielmehr die Voraussetzungen für die Einholung einer Drittauskunft im Verhältnis zur öffentlichen Zustellung sogar abgeschwächt.

Der Gesetzestext lautet wie folgt:

§ 802l Auskunftsrechte des Gerichtsvollziehers

(1) Der Gerichtsvollzieher darf vorbehaltlich der Sätze 2 und 3 folgende Maßnahmen durchführen, soweit sie zur Vollstreckung erforderlich sind:

1. Erhebung des Namens und der Vornamen oder der Firma sowie der Anschrift der derzeitigen Arbeitgeber des Schuldners bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung und bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch;

2. Ersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern, bei den Kreditinstituten die in § 93b Absatz 1 und 1a der Abgabenordnung bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung, abzurufen (§ 93 Absatz 8 der Abgabenordnung);

3. Erhebung der Fahrzeug- und Halterdaten nach § 33 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes beim Kraftfahrt-Bundesamt zu einem Fahrzeug, als dessen Halter der Schuldner eingetragen ist.

Maßnahmen nach Satz 1 sind nur zulässig, wenn

(Hervorhebung durch Autor):

1. die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Schuldner nicht zustellbar ist und

a) die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmt, die von einer der in § 755 Absatz 1 und 2 genannten Stellen innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Zustellungsversuch mitgeteilt wurde, oder

b) die Meldebehörde nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Schuldners bekannt ist, oder

c) die Meldebehörde innerhalb von drei Monaten vor Erteilung des Vollstreckungsauftrags die Auskunft erteilt hat, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Schuldners bekannt ist;

2. der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft in dem der Maßnahme nach Satz 1 zugrundeliegenden Vollstreckungsverfahren nicht nachkommt oder

3. bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nicht zu erwarten ist.

Unter Berücksichtigung des § 802l Abs. 1 S. 2 Nr. 1a) ZPO könnte es künftig tatsächlich empfehlenswert sein, zusätzlich zur Beantragung der Vermögensauskunft (Modul G) und des Antrags auf Einholung von Drittauskünften (Modul M) noch den Ermittlungsauftrag (Modul L) zu kombinieren – nämlich für den Fall, dass die Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft als unzustellbar zurückkommt. Denn in dieser Konstellation könnten nach ebenso erfolgloser Durchführung des Ermittlungsauftrages (beispielsweise Einholung einer Einwohnermeldeamtsanfrage) unmittelbar die Drittauskünfte eingeholt werden.

In diesem Zusammenhang darf in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen werden, dass § 802l Abs. 1 S. 2 Nr. 1a) ZPO ausdrücklich nur von einer Möglichkeit des § 755 ZPO spricht, also keineswegs sämtliche Ermittlungsmöglichkeiten des § 755 ZPO ausgeschöpft sein müssen. Auch ist es selbstverständlich unwesentlich, ob eine der Maßnahmen des § 755 ZPO tatsächlich vom Gerichtsvollzieher ausgeführt werden oder ob gegebenenfalls der Gläubiger selbst die Einwohnermeldeamtsanfrage einholt.

Um jedoch – gerade durch den elektronischen Rechtsverkehr bedingt – die nicht einfacher gewordene Antragstellung mit Nachsendung von Vollstreckungsunterlagen etc. zu umgehen, könnte es künftig komfortabler sein, den Gerichtsvollzieher diesen Ermittlungsauftrag durchführen zu lassen. Auf diese Weise wird eine mehrfache Antragstellung und mehrfache Versendung von Vollstreckungsunterlagen vermieden. Naturgemäß setzt dies allerdings auch voraus, dass sich die Gerichtsvollzieher ebenfalls an die geltende Rechtslage anpassen und nicht gerade automatisiert bei Unzustellbarkeit der Ladung zur Vermögensauskunft die Vollstreckungsunterlagen als nicht erledigte Amtshandlung zurückreichen, sondern tatsächlich den detaillierten Vollstreckungsauftrag des Gläubigers auch lesen und ausführen. Nur so kann letztlich auf beiden Seiten Mehraufwand vermieden werden. Umgekehrt bedeutet dies natürlich, dass auch der Gläubiger seinen Vollstreckungsauftrag klar und unmissverständlich formuliert und damit auch eine Vollstreckungsstrategie erkennbar wird.

Besonders interessant für den Gläubiger dürfte auch die Vorschrift des § 802l Abs. 1, S. 2, Nr. 1c) ZPO sein, wonach bei Kenntnis eines unbekannten Aufenthalts des Schuldners, nachgewiesen durch eine Einwohnermeldeamtsanfrage, die nicht älter als drei Monate ist, unmittelbar isoliert Drittauskünfte eingeholt werden können. Zuständig ist der Gerichtsvollzieher am letzten bekannten Wohnsitz des Schuldners im Sinne des § 16 ZPO. Dieser muss wohl auch entsprechend der Gesetzesbegründung nicht zunächst das Verfahren auf Abgabe der Vermögensauskunft betreiben, sondern könnte unmittelbar isoliert Drittauskünfte einholen.

Es steht zu befürchten, dass sich einige Gerichtsvollzieher dieser Auffassung nicht anschließen werden, sodass wohl davon auszugehen ist, dass gerade die Frage der isolierten Einholung von Drittauskünften bei Voraussetzung des § 802l Abs. 1, S. 2, Nr. 1c) ZPO wieder eine Entscheidung des BGH erforderlich wird.

Hinweis:

Sollten Sie beabsichtigen, diese Frage höchstrichterlich klären zu lassen, darf bereits jetzt daran erinnert werden, dass es wesentlich ist, bereits das Beschwerdeverfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 568 ZPO auf die gesamte Kammer übertragen zu lassen und die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu beantragen.

Die beiden weiteren Voraussetzungen zur Einholung der Drittauskünfte sind unverändert geblieben. Drittauskünfte sind einzuholen, sofern der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt (§ 802l Abs. 1, S. 2, Nr. 2 ZPO) oder die im Vermögensverzeichnis vorhandenen Vermögenswerte nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen (802l Abs. 1, S. 2, Nr. 3 ZPO).

Diese Erweiterung im Bereich der Drittauskünfte stellt eine erhebliche Ausweitung der Gläubigermöglichkeiten dar und lässt neue Vollstreckungsmöglichkeiten im Bereich der unbekannten verzogenen Schuldner entstehen. Im Anbetracht des ansonsten überwiegenden Schuldnerschutzes hoffen wir, dass Sie rege von den neu geschaffenen Möglichkeiten der Drittauskünfte als Gläubiger Gebrauch machen. In diesem Sinne – viel Erfolg!

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