Wichtig ist zunächst, dass diese Änderungen – trotz unglücklicher Formulierung des Gesetzes – gleichermaßen für Anwälte und Inkassounternehmen gelten.
Der Rechtsanwalt, der Inkassodienstleistungen erbringt, muss mit der ersten Geltendmachung einer Forderung gegenüber einer Privatperson folgende Informationen klar und verständlich in Textform übermitteln:
Dies bedeutet eine Änderung der Textbausteine, um die fehlenden Punkte und ggf. die Neugestaltung/Erweiterung des Briefkopfes um die Daten der zuständigen Rechtsanwaltskammer. Vor allem auch der Hinweis gemäß Ziffer 7 bedeutet manuellen Mehraufwand, da der Fall der Adressermittlung im Forderungsmandat keine Seltenheit darstellen dürfte.
Soweit vom Schuldner als Privatperson ein Schuldanerkenntnis verlangt wird, müssen ebenfalls nach § 43d Abs. 4 BRAO bzw. § 13a Abs. 4 RDG zuvor folgende Hinweise erteilt werden:
„Fordert der Inkassodienstleistungen erbringende Rechtsanwalt eine Privatperson zur Abgabe eines Schuldanerkenntnisses auf, so hat er sie mit der Aufforderung nach Maßgabe des Satzes 2 in Textform darauf hinzuweisen, dass sie durch das Schuldanerkenntnis in der Regel die Möglichkeit verliert, solche Einwendungen und Einreden gegen die anerkannte Forderung geltend zu machen, die zum Zeitpunkt der Abgabe des Schuldanerkenntnisses begründet waren. Der Hinweis muss
1. deutlich machen, welche Teile der Forderung vom Schuldanerkenntnis erfasst werden, und
2. typische Beispiele von Einwendungen und Einreden benennen, die nicht mehr geltend gemacht werden können, wie das Nichtbestehen oder die Erfüllung oder die Verjährung der anerkannten Forderung.“
Auch diesbezüglich bedarf es der Anpassung der bestehenden Ratenzahlungsvereinbarung, welche in der Praxis regelmäßig mit einem Schuldanerkenntnis kombiniert ist.
Es darf bezweifelt werden, inwiefern diese Regelung mit dem Berufsrecht vereinbar ist, da letztlich sowohl der Rechtsanwalt, als auch das Inkassounternehmen die Interessen des Gläubigers wahrzunehmen hat. Dies schließt wohl eine Beratung des Schuldners – und als nichts anderes ist dieser Hinweis zu sehen – aus, zumal davon auszugehen ist, dass ggf. Schuldner inhaltlich Rückfragen zu diesen Hinweisen stellen werden. Der Gesetzgeber ist offenbar der Meinung, dass es den Schuldnern nicht möglich wäre, Rechtshilfe in Anspruch zu nehmen. Das Gegenteil ist der Fall und es darf nur beispielhaft die Beratungshilfe erwähnt werden. Diese Regelung stellt den Rechtsdienstleister letztlich vor eine Interessenskollision.
Der Rechtsanwalt muss ferner die Privatperson vor Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung auf die entstehenden Kosten hinweisen. § 43d Abs. 3 BRAO sieht folgendes vor:
„Beabsichtigt der Inkassodienstleistungen erbringende Rechtsanwalt, mit einer Privatperson eine Stundungs- oder Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen, so hat er sie zuvor in Textform auf die dadurch entstehenden Kosten hinzuweisen.“
Auf die grundsätzliche Problematik der Ratenzahlungsvereinbarung sind wir bereits im letzten Infobrief (04/2021) umfangreich eingegangen, daher hier nur der ergänzende Hinweis.
Neben der oben genannten Hinweispflicht ändert sich auch die Berechnung des Gegenstandswertes für die Zahlungsvereinbarung. Dieser wird nunmehr auf 50 % der Forderung angehoben (anstatt der bis zum 30.9.2021 geltenden 20 %).
Im Gegenzug reduziert sich jedoch die Einigungsgebühr für die Zahlungsvereinbarung von bislang 1,5 bzw. 1,0 auf 0,7, unabhängig davon, ob die Vereinbarung mit einer Privatperson oder einem Unternehmer geschlossen wird. Auch wird nicht mehr unterschieden, ob die Forderung bereits tituliert ist oder nicht.
Fazit:
Ob die Gebührenreduzierung zum Vorteil des Schuldners reicht – und damit die Gläubiger nachhaltig interessiert sind, dem Schuldner durch Ratenzahlungsvereinbarung entgegenzukommen – darf stark angezweifelt werden. Gleiches gilt letztlich für die Entlastung der Gerichte und Gerichtsvollzieher.
Zunächst ist im Forderungseinzugsmandat künftig zu prüfen, ob es sich um eine Inkassodienstleistung handelt. Ein weiteres Kriterium stellt die unbestrittene oder bestrittene Forderung dar. Handelt es sich im Ergebnis um eine unbestrittene Inkassoleistung, kann die Geschäftsgebühr künftig nur noch in Höhe von höchstens 0,9 (Schwellengebühr) geltend gemacht werden. Dieser Satzrahmen kann nur dann überschritten werden, wenn die Inkassodienstleistung besonders umfangreich oder besonders schwierig ist. Auch dann beträgt allerdings die Höchstgrenze 1,3.
Hinzu kommt, der sogenannte einfache Fall der Inkassodienstleistung. Ein einfacher Fall ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Schuldner auf das erste (aufgrund der genannten Informationspflichten) umfangreiche Aufforderungsschreiben vollständig die Forderung bezahlt. In diesem Fall beträgt der Höchstsatz 0,5 für die Geschäftsgebühr.
Eine weitere Einschränkung ergibt sich bei einer Forderung bis zu 50,00 EUR. Hier beträgt die volle Gebühr 30,00 EUR.
Die nachfolgende Grafik soll etwas Licht in die komplexen Regelungen des Gesetzgebers bringen.
Zusammenfassend kann daher das Gesetz mehr als Schuldnerschutzgesetz, anstatt Verbraucherschutzgesetz gesehen werden.
Autor: Burkhard Engler, Schmadebeck
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