Beweisbehauptung: Nur vermuteter Vorschaden
Behauptet der Geschädigte eines Verkehrsunfalles, von einem eventuellen Vorschaden selbst keine Kenntnis und den beschädigten Pkw in unbeschädigtem Zustand erworben zu haben, kann ihm nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die er kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann.
BGH, Beschl. v. 15.10.2019 – VI ZR 377/18
Betrieb eines Kfz: Unfall in der Waschstraße
Wird eine Betriebseinrichtung (wie Bremse, Lenkung) eines Kfz in einer Waschanlage genutzt und kommt es infolge dessen zu einem Unfall in der Waschstraße, ist dieser dem Betrieb des Kfz zuzurechnen. Der dadurch entstandene Schaden kann fiktiv abgerechnet werden (§ 249 Abs. 2 BGB).
OLG Celle, Urt. v. 20.11.2019 – 14 U 172/18
Sachverständigenvergütung: Überschreitung des Auslagenvorschusses
Die Sachverständigenvergütung kann jedenfalls dann nicht nach § 8a Abs. 5 JVEG wegen des Unterlassens der Anzeige des Überschreitens des Auslagenvorschusses gekürzt werden, wenn die Parteien mit den erhöhten Kosten des Gutachtens einverstanden sind, die nachträglich eingeforderten Vorschüsse zahlen und weitere kostenauslösende Maßnahmen durch den Sachverständigen (Ergänzungsgutachten, Anhörung) begehren.
LG Frankfurt, Beschl. v. 13.6.2019 – 2-13 T 48/19
Fahren ohne Fahrerlaubnis: (Ausländischer) Ersatzführerschein
Der in einem EU-Mitgliedsstaat aufgrund einer Verlust- oder Diebstahlsanzeige nach Art. 11 Abs. 5 der 3. FS-RL ausgestellte Ersatzführerschein ist – anders als der im Wege des Umtauschs einer in Deutschland erteilten Fahrerlaubnis erteilte Führerschein eines anderen EU-Mitgliedsstaates nach Art. 11 Abs. 2 der 3. FS-RL – nicht als „neue“ Fahrerlaubnis anzusehen (Anschluss an OLG Zweibrücken, Beschl. v. 18.1.2016 – 1 Ss 106/15, juris). Dies gilt auch dann, wenn der Ersatzführerschein erstmals eine Befristung nach Art. 7 Abs. 2.a der 3. FS-RL enthält. Ist einem Verurteilten in Deutschland die von einem anderen EU-Mitgliedsstaat ausgestellte Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB rechtskräftig entzogen, zugleich eine Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach § 69a Abs. 1 StGB angeordnet und dem Verurteilten nach Ablauf der Sperrfrist das Recht zur Teilnahme am öffentlichen Verkehr in Deutschland nicht wiedererteilt worden, berechtigt ein für die entzogene Fahrerlaubnis von dem EU-Mitgliedsstaat nach Art. 11 Abs. 5, 3. FS-RL ausgestellter Ersatzführerschein nicht zur Teilnahme am öffentlichen Verkehr in Deutschland, § 28 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Nr. 3 FeV.
OLG Celle, Beschl. v. 12.12.2019 – 2 Ss 138/19
Messprotokoll: Öffentliche Urkunde
Das im Rahmen der Überwachung des fließenden Verkehrs anlässlich von Geschwindigkeitskontrollen zu erstellende Messprotokoll ist eine öffentliche Urkunde im Sinne von § 348 StGB. Denn das von einem Ordnungspolizeibeamten oder Polizeibeamten im Rahmen der hoheitlichen Verkehrsüberwachung erstellte Messprotokoll dient dazu, Beweiskraft für und gegen jedermann zu erbringen. Es hat nicht bloß innerdienstliche Bedeutung, sondern belegt neben der Verkehrssituation am konkreten Messstandort den ordnungsgemäßen Aufbau und den ordnungsgemäßen Betrieb des Messgeräts und dessen Verwendung gemäß seiner PTB-Zulassung.
OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 2.1.2020 – 2 Ss 40/19
Entziehung der Fahrerlaubnis: Bedeutender Fremdschaden
Die Wertgrenze für den bedeutenden Fremdschaden i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB liegt bei 2.500 EUR.
LG Nürnberg, Beschl. v. 15.1.2020 – 5 Qs 4/20
Bußgeldbescheid: Fehlende Angabe der Schuldform; rechtlicher Hinweis
Ist im Bußgeldbescheid die Schuldform nicht angegeben, hat das regelmäßig zur Folge, dass vom Vorwurf fahrlässigen Handelns auszugehen ist.
OLG Dresden, Beschl. v. 12.12.2019 – OLG 25 Ss 859/19 (B)
Voreintragungen: Verweis auf den Bußgeldbescheid im Owi-Verfahren
Das Tatgericht kann hinsichtlich den Betroffenen belastender Voreintragungen nicht lediglich auf den Bußgeldbescheid verweisen. Das ist auch bei der Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen unzulässig.
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 8.1.2020 – 1 OWi 2 SsBs 117/19
Bußgeldverfahren: Bemessung der Rahmengebühren
Verfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten, die auf einem Geschwindigkeitsverstoß beruhen, können wegen ihrer statistischen Häufigkeit in der Regel routinemäßig und ohne wesentlichen Zeitaufwand vom Rechtsanwalt bearbeitet werden. Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Gebührenrahmen alle Arten von Ordnungswidrigkeiten, also auch solche aus den Bereichen des Bau-, Gewerbe-, Umwelt- oder Steuerrechts, die häufig mit Bußgeldern im oberen Bereich des Bußgeldrahmens geahndet werden und oft mit rechtlichen Schwierigkeiten und/oder umfangreicher Sachaufklärung verbunden sind, erfasst.
LG Halle, Beschl. v. 18.12.2019 – 3 Qs 117/19
Adhäsionsverfahren; Verfahrensgebühr; Kostenfestsetzung; Verzinsung
Dem Entstehen der Verfahrensgebühr Nr. 4143 VV RVG steht nicht entgegen, dass es zu keiner Anhängigkeit des Adhäsionsantrags gekommen ist. Die Verzinsung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs beginnt nicht bereits am Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht, sondern erst an dem darauffolgenden Tag entsprechend §§ 42 f. StPO, § 187 Abs. 1 BGB. Dies gilt nicht nur für § 464b S. 2 StPO, sondern dürfte auch für § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO gelten.
LG Hamburg, Beschl. v. 29.11.2019 – 628 Qs 37/19 u. 628 Qs 40/19