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VRR-Kompakt 2021-04

Unfallschadenregulierung: Verzögerungen bei der Reparatur

Verzögerungen bei der Reparatur des unfallbeschädigten Kfz, die nicht vom Geschädigten zu vertreten sind, gehen zu Lasten des Schädigers. Insofern kann von dem Geschädigten eine Nutzungsausfallentschädigung auch für einen längeren Zeitraum (hier: 104 Tage) beansprucht werden. Hat die Werkstatt die Verzögerung mit Lieferschwierigkeiten bei Ersatzteilen (hier: Airbag-Modul für die Beifahrerseite) begründet, trifft den Geschädigten keine dahingehende Schadenminderungspflicht, selbst bei anderen Werkstätten oder bei dem Fahrzeughersteller nach der Verfügbarkeit der Ersatzteile zu forschen. Er darf sich vielmehr grundsätzlich darauf verlassen, dass die von ihm beauftragte Werkstatt sich unter Ausschöpfung aller verfügbaren Möglichkeiten um die zeitnahe Beschaffung der Ersatzteile bemühen wird. Der Geschädigte muss sich zur Verkürzung der Ausfallzeit grundsätzlich nicht mit einer Teilreparatur seines Kfz zufriedengeben. Dem Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung steht nicht entgegen, dass dem Geschädigten während der Ausfallzeit seines Kfz von einem Familienmitglied ein anderes Kfz zur Verfügung gestellt worden ist. Insofern handelt es sich um die freiwillige Leistung eines Dritten, die den Schädiger nicht entlastet.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.3.2021 – 1 U 77/20

Dieselskandal: Kauf eines Gebrauchtwagens

Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch die Volkswagen AG liegt nicht vor, wenn der Kauf eines Gebrauchtfahrzeugs erst nach Bekanntwerden des Dieselskandals erfolgte.

BGH, Beschl. v. 9.3.2021 – VI ZR 889/20

Dauerstraftat: Zäsurwirkung bei der Trunkenheitsfahrt

Zu einer Zäsur der Dauerstraftat der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr wird es regelmäßig auch dann kommen, wenn ein alkoholbedingtes Unfallereignis nur deshalb keinen Unfall im Rechtssinne (§ 142 Abs. 1 StGB) darstellt, weil an dem gegnerischen Fahrzeug wegen Vorschäden keine zusätzliche Werteinbuße eingetreten ist. Fährt der Täter nach einem jedenfalls derart alkoholbedingten Zusammenstoß weiter, so wird dies regelmäßig aufgrund eines neuen Tatentschlusses des sich seiner Fahrunsicherheit nun bewusst gewordenen Fahrers geschehen.

KG, Beschl. v. 12.2.2021 – 3 Ss 5/21

Geschwindigkeitsüberschreitung: Rechtfertigung durch Notstand

Die Verletzung von Verkehrsvorschriften etwa durch Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit kann zwar grundsätzlich durch Notstand gerechtfertigt sein, wenn nur so die erforderliche schnelle Hilfe für eine schwer erkrankte oder verletzte Person geleistet werden kann. Eine Rechtfertigung durch Notstand setzt jedoch voraus, dass die Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit überhaupt ein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr ist.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.3.2021 – 2 RBs 13/21

Wiedereinsetzung: Verspätetes Erscheinen zur Berufungshauptverhandlung

Den Angeklagten trifft an seinem verspäteten Erscheinen zur Berufungshauptverhandlung ein Verschulden, wenn er die allgemein bekannten und nicht seltenen Verzögerungen bei der Benutzung öffentlicher Nahverkehrsmittel sowie bei der Einlasskontrolle im Gericht nicht einplant.

KG, Beschl. v. 15.1.2021 – 3 Ws 5/21

Wirksamkeit der Zustellung: Heilung einer unwirksamen Zustellung

Im Falle einer unwirksamen Zustellung eines Bußgeldbescheids kann eine Heilung des Zustellungsmangels gem. § 8 VwZG auch durch den tatsächlichen Zugang einer technischen Reproduktion des Originaldokuments erfolgten. Ein von einem Dritten gefertigtes und über das Mobiltelefon weitergeleitetes Foto eines Bußgeldbescheids – hier mit WhatsApp – stellt eine technische Reproduktion des Originaldokuments dar und verschafft dem Betroffenen zuverlässig Kenntnis über den Inhalt des zuzustellenden Dokuments.

OLG Celle, Beschl. v. 10.3.2021 – 2 Ss (OWi) 348/20

Beschwerde gegen Ablehnung der Einsicht in Messunterlagen: Zulässigkeit

Die Beschwerde gegen die Versagung der Einsicht in Messunterlagen pp. durch das (erkennende) Amtsgericht ist unzulässig. Zwar ist die Ablehnung der Einsichtnahme in die begehrten Unterlagen – Messreihe, Lebensakte etc. – grundsätzlich geeignet, den Betroffenen möglicherweise in seinem Recht auf ein faires Verfahren zu verletzen. Zur Geltendmachung des Verstoßes ist er aber auf das Rechtsbeschwerdeverfahren zu verweisen.

LG Wiesbaden, Beschl. vom 24.2.2021 – 3 Qs 2/21

Entziehung der Fahrerlaubnis: Verwertbarkeit eines medizinisch-psychologischen Gutachtens

Ist ein im Verfahren betreffend die Entziehung der Fahrerlaubnis eingeholtes Sachverständigengutachten aus sich heraus nicht nachvollziehbar oder fehlt es ihm aus anderen Gründen an der Schlüssigkeit, kann dieser Mangel nicht durch eigene Erwägungen des Gerichts behoben werden. Das Gericht darf sich nicht an die Stelle des oder der sachverständigen Gutachter(s) begeben, weil ihm hierfür regelmäßig die einschlägige Fachkunde fehlt.

OVG Münster, Beschl. v. 16.2.2021 – 16 B 1496/20

Entziehung der Fahrerlaubnis: Beweislast

Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist nur möglich, wenn die Ungeeignetheit oder mangelnde Befähigung des Fahrerlaubnisinhabers aufgrund erwiesener Tatsachen positiv festgestellt werden kann. Die insoweit bestehende Beweislast hierfür trägt die Fahrerlaubnisbehörde.

VG Weimar, Beschl. v. 18.1.2021 – 1 E 1532/20 We

Verfahrensgebühr: Rücknahme der Berufung der Staatsanwaltschaft

Die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4124 VV RVG entsteht grundsätzlich nicht, wenn die Staatsanwaltschaft ihre Berufung vor deren Begründung wieder zurückgenommen hat.

OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.2.2021 – 2 Ws 246/20

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