1. Zwischen den Straftatbeständen des KCanG und denen des BtMG besteht eine tatbestandliche Verwandtschaft dergestalt, dass eine Fehlvorstellung des Gehilfen über die Substanz, deren Umgangs wegen sich der Haupttäter strafbar macht, nicht zum Entfallen des Gehilfenvorsatzes führt.
2. Stellt sich der Gehilfe irrig vor, der Haupttäter handle mit Cannabis anstelle von vom BtMG erfassten Substanzen, kann er sich wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis strafbar machen.
(Leitsätze des Gerichts)
I. Sachverhalt
Beihilfe zum Handeltreiben
Das LG hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit BtM in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, nachdem er auf Bitte eines Mitangeklagten, der diesbezüglich seinerseits einem gesondert verfolgten Drogenhändler im Wort stand, dafür gesorgt hatte, dass auf dem Gelände seines Arbeitgebers eine Hydraulikpresse abgestellt werden konnte, in der aus den Niederlanden eingeführtes Rauschgift versteckt war.
Abweichende Vorstellung über die gehandelte Substanz
Dem Angeklagten war dabei bewusst, dass er ein illegales Geschäft unterstützte, und er nahm billigend in Kauf, dass sich in der Hydraulikpresse bis zu 50 kg Marihuanablüten befanden. Tatsächlich wurde jedoch kein Marihuana nach Deutschland eingeführt, sondern (S-)Methamphetaminhydrochlorid.
Revision nur teilweise erfolgreich
Die gegen das Urteil des LG eingelegte Revision des Angeklagten führte zu einer Änderung des Schuldspruchs dahingehend, dass der Angeklagte wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis verurteilt ist, und zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen wurde das Rechtsmittel nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
II. Entscheidung
Anwendbarkeit des KCanG
1. Der BGH hat den Schuldspruch abgeändert, da auf die Tat nicht mehr das zur Tatzeit noch einschlägige BtMG, sondern das zum 1.4.2024 in Kraft getretene, den strafbaren Umgang mit Cannabis abschließend regelnde KCanG Anwendung finde. Dies führe überdies auch zur Aufhebung des Strafausspruchs, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Strafkammer bei Anwendung des KCanG auf eine mildere Strafe erkannt hätte.
Kein Wegfall des Gehilfenvorsatzes
2. Nicht geholfen hat es dem Angeklagten dagegen, dass sich seine Vorstellung von der Tat auf Cannabis und nicht auf eine andere, nach wie vor dem BtMG unterfallende Substanz bezog. Zwischen den Straftatbeständen des KCanG und denen des BtMG bestehe eine tatbestandliche Verwandtschaft dergestalt, dass eine Fehlvorstellung des Gehilfen über die Substanz, deren Umgangs wegen sich der Haupttäter strafbar macht, nicht zum Entfallen des Gehilfenvorsatzes führe. Stelle sich der Gehilfe irrig vor, der Haupttäter handle mit Cannabis anstelle von vom BtMG erfassten Substanzen, könne er sich daher wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis strafbar machen. Es genüge, wenn der Gehilfe die wesentlichen Merkmale der Haupttat, insbesondere ihr Unrechts- und Angriffsziel, erkenne. Die Anforderungen an die Konkretisierung seien hier geringer als beim Anstifter.
Andere rechtliche Einordnung der Tat unschädlich
Hieraus erschließe sich, dass eine andere rechtliche Einordnung der Tat durch den Gehilfen dessen Vorsatz unberührt lässt, solange er sich nicht eine grundsätzlich andere Tat vorstellt. Zwischen vorgestellter und tatsächlich begangener Tat müsse eine tatbestandliche Verwandtschaft bestehen. Eine solche sei hier gegeben.
Tatbestandliche Verwandtschaft zwischen KCanG und BtMG
Zwar habe der Gesetzgeber Cannabis mit der Verabschiedung des KCanG bewusst einem anderen Regelungsregime unterstellt, das von jenem des BtMG u.a. insoweit abweiche, als der Umgang mit Cannabis zum Eigenkonsum seither in begrenzten Ausnahmefällen erlaubt ist. Auch sehe das KCanG im Vergleich zum BtMG deutlich niedrigere Strafrahmen vor.
Cannabis weiterhin als gefährlich eingestuft
Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich indes auch, dass der Normgeber weiterhin davon ausgeht, dass der Konsum von Cannabis grundsätzlich gefährlich sei. Das KCanG normiere deshalb – ähnlich wie das BtMG – ein allgemeines und umfassendes Umgangsverbot. Im Übrigen ergebe sich die Vergleichbarkeit der Regelungswerke auch daraus, dass der Gesetzgeber die Straftatbestände des KCanG denen des BtMG nachgebildet und sich bewusst an die Begrifflichkeiten desselben angelehnt hat. Der Angeklagte habe sich deshalb der Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis schuldig gemacht.
III. Bedeutung für die Praxis
Nachvollziehbare Entscheidung
Die Entscheidung enthält, was die Strafbarkeit des Gehilfen bei Abweichungen zwischen vorgestellter und tatsächlich begangener Haupttat betrifft, keine Neuigkeiten. Vielmehr hat der BGH bereits zuvor in ständiger Rechtsprechung die auch nunmehr herangezogene tatbestandliche Verwandtschaft verlangt und eine Strafbarkeit wegen Beihilfe erst dann verneint, wenn es sich um eine grundsätzlich andere Tat handelt. Dass der Senat eine grundsätzlich andere Tat verneint, wenn anstelle von Cannabis ein anderer Suchtstoff gehandelt wird, leuchtet schon deshalb ohne Weiteres ein, weil es sich bei Cannabis – ebenso wie bei den vom BtMG erfassten Substanzen – nach wie vor um ein vom Gesetzgeber als gefährlich eingestuftes Rauschmittel handelt. Gerade deshalb ist das Handeltreiben ausnahmslos verboten; das KCanG lässt lediglich in Fällen des Besitzes zum Eigenkonsum Freimengen zu. Schließlich weist der Senat auch zu Recht darauf hin, dass die Straftatbestände des KCanG mit Ausnahme der Strafrahmen jenen im BtMG nachgebildet wurden, was ebenfalls eine tatbestandliche Verwandtschaft belegt.