Allein für das Einscannen von Dokumenten fällt seit der Neufassung der Nr. 7000 VV RVG durch das 2. KostRMoG zum 1.8.2013 keine Vergütung mehr an.
(Leitsatz des Verfassers)
I. Sachverhalt
Einscannen von Dokumenten
Der Kläger hatte nach einem Zivilverfahren Digitalisierungkosten für das Einscannen von Dokumenten geltend gemacht. Das LG hatte sie als nicht festsetzungsfähig angesehen und die Festsetzung abgelehnt. Das dagegen gerichtete Rechtsmittel hatte beim OLG keinen Erfolg.
II. Entscheidung
Keine Dokumentenpauschale mehr
Zutreffend sei, so das OLG, das LG davon ausgegangen, dass es sich bei den vom Prozessbevollmächtigten des Klägers hinsichtlich der angesetzten Kosten für die Digitalisierung der beklagtenseits in Papierform übergebenen Unterlagen nicht um gemäß Nr. 7000 Abs. 2 i.V.m. Ziffer 2 und Ziffer 1 lit. c) VV RVG kostenrechtlich erstattungsfähige Auslagen (Dokumentenpauschale) handelt. Denn allein für das Einscannen von Dokumenten falle seit der Neufassung der Nr. 7000 VV RVG durch das 2. KostRMoG zum 1.8.2013 keine Vergütung mehr an, weil der Gesetzgeber durch die Ersetzung des Begriffs „Ablichtung“ durch den Begriff „Kopie“ in Nr. 7000 Ziffer 1V VV RVG klarstellen wollte, dass ein eingescanntes Dokument entgegen der früheren h.M. keine „Ablichtung“ ist und es sich auch nicht um eine Kopie i.S.v. Nr. 7000 Ziffer 1 VV RVG handelt (vgl. BT-Drucks 17/11471). Demnach sei eine Kopie i.S.d. Kostenrechts die Reproduktion einer Vorlage auf einem körperlichen Gegenstand, bspw. Papier, Karton oder Folie, was beim Speichern eines Dokuments auf einem externen Datenträger wie einem USB-Stick, einer externen Festplatte, einer CD-ROM oder auf der Festplatte eines Computers nicht der Fall ist (vgl. KG StRR 2015, 439 = RVGreport 2015, 464 = zfs 2015, 705 = AGS 2015, 569; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 26. Aufl. 2023, VV Nr. 7000 Rn 15 ff. m.w.N.).
Das Einscannen eines Dokuments werde somit nur nach dem durch das 2. KostRMoG eingeführten Nr. 7000 Anm. Abs. 2 VV RVG bei der Berechnung der Dokumentenpauschale berücksichtigt, d.h. nur dann, wenn auch die Voraussetzungen nach Nr. 7000 Ziffer 2 i.V.m. Ziffer 1 lit. d) VV RVG vorliegen. Nachdem es in Nr. 7000 Anm. Abs. 2 VV RVG um die Überlassung von elektronisch gespeicherten Dateien gehe, könne sich diese Regelung – entgegen der Ansicht des Klägers – allein auf die Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 Ziffer 2 i.V.m. Ziffer 1 lit. d) VV RVG beziehen. Die Regelung der Nr. 7000 Ziffer. 2 VV RVG trete damit nur an die Stelle der Nr. 7000 Ziffer 1 lit. d) VV RVG und gelte demnach in den Fällen der Nr. 7000 Ziffer 1 lit a) bis lit. c) VV RVG nicht (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., VV Nr. 7000 Rn 200 ff.; AnwKomm-RVG/N.Schneider/Volpert, RVG, 9. Aufl. 2021, VV 7000, Rn 159 ff; KG a.a.O.; BayLSG, Beschl. v. 9.8.2018 – L 12 SF 296/18e, AGS 2019, 64).
III. Bedeutung für die Praxis
Leider zutreffend
Wenn man es liest, ist man mal wieder erstaunt und fragt sich: Kann das im 21. Jahrhundert noch sein? Die Antwort ist: Ja, leider ist das seit dem 2. KostRMoG so (s.a. noch KG RVGreport 2016, 224; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 2.9.2020 – 2 Ws 77/20; AG Hannover AGS 2014, 273 = StRR 2014, 319 = VRR 2014, 318; LSG Niedersachsen-Bremen AGS 2017, 329), die früher herrschende a.A. gilt nicht mehr.
Reform der Reform
2. Allerdings: Das sog. Eckpunktepapier von DAV/BRAK aus dem Jahr 2023 zu einem KostRÄndG sieht als eine erforderliche Änderung im RVG in der 20. Legislaturperiode die Reform der Reform vor, wonach dann auch wieder das Einscannen von Dokumenten zur Auslagenerstattung führen soll. Zu begrüßen wäre das im Hinblick auf die weitere Digitalisierung der Justiz sicherlich. Man fragt sich nur: Wann kommt die Reform? Man hört und liest davon nichts.