Bei der Beschlagnahme eines Gegenstands als Beweismittel entsteht die Gebühr Nr. 4142 VV RVG nicht.
(Leitsatz des Verfassers)
I. Sachverhalt
Verteidiger macht nach Freispruch auch Nr. 4142 VV RVG geltend
Das LG hat den Angeklagten vom Vorwurf der Hehlerei freigesprochen und dessen notwendige Auslagen der Staatskasse auferlegt. Der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten hat aus abgetretenem Recht Festsetzung der notwendigen Auslagen beantragt, und zwar u.a. auch eine Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG unter Berücksichtigung eines Gegenstandswerts von 2.276.300 EUR in Höhe von 8.613 EUR. Diese ist mit einer im Verfahren erfolgten Beschlagnahme nach den §§ 94 ff. StPO begründet worden. Der Rechtspfleger hat die Gebühr abgesetzt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts hatte keinen Erfolg.
II. Entscheidung
Beschlagnahme nach den §§ 94 ff. StPO
Das OLG führt aus: Die Verfahrensgebühr „bei Einziehung und verwandten Maßnahmen“ entstehe für eine Tätigkeit für den Beschuldigten, die sich auf die Einziehung, dieser gleichstehende Rechtsfolgen, die Abführung des Mehrerlöses oder auf eine diesen Zwecken dienende Beschlagnahme bezieht. Es löse mithin nicht jede Beschlagnahme den Gebührentatbestand aus, sondern nur solche Beschlagnahmen, deren Ziel es sei, eine der genannten Rechtsfolgen zu ermöglichen und damit die Beseitigung des Gegenstandes (Vermögenswerts) herbeizuführen; bei der Beschlagnahme eines Gegenstands als Beweismittel entstehe die Gebühr hingegen nicht (hierzu OLG Hamm, Beschl. v. 17.2.2009 – 2 Ws 378/08; BeckOK-RVG/v. Seltmann/Knaudt, Nr. 4142 Rn 5 m.w.N.).
Ausdrücklich „als Beweismittel“ beschlagnahmt
Im zugrunde liegenden Ermittlungs- bzw. Strafverfahren sei es zu einer Beschlagnahme mit dem Zweck der Sicherung einer Einziehung nicht gekommen. Die angeordnete Sicherstellung von Uhren, die später dann in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Ulm dem Berechtigten ausgehändigt worden seien, erfolgte vielmehr aktenkundig ausdrücklich und allein deshalb, weil diese „als Beweismittel von Bedeutung sein können“. Bei dieser Sachlage sei nicht anzunehmen, dass der Antragsteller wegen der beschlagnahmten Uhren mit Blick auf eine Einziehung oder eine damit verwandte Maßnahme tätig geworden sei.
III. Bedeutung für die Praxis
Zutreffend
Die Entscheidung ist zutreffend. Das OLG Brandenburg hatte im Beschluss vom 17.8.2023 (2 Ws 102/23 (S)) bereits ebenso entschieden und liegt damit auf einer Linie mit der zutreffenden Auffassung in der (obergerichtlichen) Rechtsprechung (OLG Hamm, Beschl. v. 17.2.2009 – 2 Ws 378/08; LG Mainz AGS 2007, 139, s. auch Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, Nr. 4142 VV Rn 8). Etwas anderes kann gelten, wenn ggf. die Sache – zumindest auch – als etwaiger Einziehungsgegenstand von Bedeutung ist (zum alten Recht OLG Düsseldorf RVGreport 2011, 228 = StRR 2011, 78 m. Anm. Volpert für eine in 1. Instanz ausschließlich auf die §§ 94, 98 StPO gestützte Beschlagnahme als Beweismittel, während in 2. Instanz eine alternativ auf Einziehungsrecht gestützte Begründung der Beschlagnahmeanordnung vorliegt). Eine solche Fallkonstellation hat hier aber offenbar nicht vorgelegen.