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Streitwert einer Klage auf Herausgabe von Mandantenunterlagen

Zum Streitwert einer Herausgabeklage auf Mandantenunterlagen, wenn die Herausgabe ausschließlich wegen offener Honorarforderungen verweigert wird.

(Leitsatz des Gerichts)

LG Bremen, Beschl. v. 24.11.20214 T 431/21

I. Sachverhalt

Die Parteien streiten um die Herausgabe von Mandantenunterlagen. Das AG hat den Streitwert vorläufig festgesetzt. Dagegen ist Beschwerde eingelegt worden, die Erfolg hatte.

II. Entscheidung

Zulässigkeit der Streitwertbeschwerde

Das LG hat die Beschwerde als zulässig angesehen. Die Beschwerde gegen eine vorläufige Streitwertfestsetzung sei gemäß §§ 63 Abs. 1 S. 2, 67 Abs. 1 S. 1 GKG dann zulässig, wenn die angefochtene Entscheidung zugleich beinhalte, dass die Tätigkeit des Gerichts von der vorherigen Zahlung weiterer, nach dem vorläufig festgesetzten Streitwert berechneter Kosten abhängig gemacht wird; anderenfalls sei die Partei durch die nur vorläufige Streitwertfestsetzung nicht beschwert (OLG Brandenburg AGS 2021, 281; OLG Frankfurt am Main AGS 2019, 289; OLG Köln AGS 2017, 47; OLG Rostock AGS 2011, 305). Das sei hier der Fall.

Berechnung des Gegenstandswerts

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das LG verweist darauf, dass hinsichtlich der Streitwertfestsetzung für eine Klage eines Mandanten gegen seinen ehemaligen Berater (Rechtsanwalt oder Steuerberater) auf Herausgabe der Mandatsunterlagen unterschiedliche Ansätze vertreten werden. Einer Ansicht nach sei der Streitwert mit demjenigen Aufwand zu bemessen, den der Mandant für die Neuerstellung der Unterlagen/Ermittlung der benötigten Informationen aufwenden müsste (OLG Hamburg ZInsO 2005, 550). Teilweise werde bei einem Steuerberater auf den möglichen steuerlichen Nachteil abgestellt (OLG Düsseldorf NJW-RR 2005, 364). Einer anderen Ansicht nach werde in Fällen, in denen sich der Berater auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen offener Honorare beruft, auf den Wert des Zurückbehaltungsrechts abgestellt (OLG München, Urt. v. 15.2. 2017 – 20 U 3317/16).

Das LG schließt sich keiner dieser Auffassungen an. Vielmehr verbiete sich eine streng schematische Betrachtung und es sei im Einzelfall zu schauen, worin der Schwerpunkt des Streites liege, um daraus das wirtschaftliche Interesse der klagenden Partei ableiten zu können. Im vorliegenden Fall bestehe nach dem Vortrag der Kläger kein Streit darüber, dass die Unterlagen überhaupt bei der Beklagten vorhanden seien. Die Beklagte verweigere die Herausgabe nach derzeitigem Stand ausschließlich unter Berufung auf ein offenes Honorar i.H.v. 4.157,80 EUR. Diese Summe entspreche demnach dem derzeitigen Aufwand, den die Kläger (vor-)leisten müssten, um an die begehrten Unterlagen zu kommen. Daher entspreche auch diese Summe dem Streitwert. Derzeit bestehe das wirtschaftliche Interesse der Kläger darin, die Unterlagen ohne Vorleistung der vermeintlichen Honoraransprüche zu erlangen.

III. Bedeutung für die Praxis

Die vom LG gewählte Einzelfallbetrachtung und darauf abzustellen, worin der Schwerpunkt des Streites liegt, ist m.E. ein gangbarer und vernünftiger Weg für die Streitwertfestsetzung in den Verfahren auf Herausgabe der Mandantenunterlagen. Sie gibt die Möglichkeit, die beiderseitigen Interessen angemessen zu berücksichtigen, wobei sicherlich das wirtschaftliche Interesse der klagenden Partei im Vordergrund stehen dürfte.

RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

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