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PKH-Antrag ohne Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe löst keine Verpflichtung des (Revisions-)Gerichts aus, die – aktuellen – wirtschaftlichen Verhältnisse zu ermitteln.

(Leitsatz des Verfassers)

BGH, Beschl. v. 4.5.20223 StR 55/22

I. Sachverhalt

PKH für die Revisionsinstanz beantragt

Die Tochter der durch die Tat Getöteten und in erster Instanz als solche zugelassene Nebenklägerin hat in der Tatsacheninstanz im Wege der Adhäsion einen Anspruch auf Hinterbliebenengeld gegen den Angeklagten geltend gemacht. Nachdem der Angeklagte gegen das landgerichtliche Urteil Revision eingelegt hat, hat sie beantragt, ihr im Adhäsionsverfahren für die Rechtsmittelinstanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Rechtsanwalts zu bewilligen. Der BGH hat den Antrag abgelehnt.

II. Entscheidung

Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse

Über den Prozesskostenhilfeantrag von Nebenklägern ist im Adhäsionsverfahren für die jeweilige Instanz gesondert zu entscheiden (§ 404 Abs. 5 S. 1 StPO i.V.m. § 119 Abs. 1 S. 1 ZPO; vgl. BGH StraFo 2009, 349; Beschl. v. 30.10.2018 – 3 StR 324/18; BGH, Beschl. v. 12.6. 2019 – 3 StR 547/18). Dies erfordert in jeder Instanz erneut die Prüfung und deshalb die Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsstellers, der sich insoweit grundsätzlich des vorgeschriebenen Vordrucks gemäß § 117 Abs. 4 ZPO zu bedienen hat. Eine derartige Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen hatte die Nebenklägerin hier jedoch weder in der Tatsachen- noch in der Rechtsmittelinstanz abgegeben; auch ansonsten hat sie hierzu nichts vorgetragen. Der BGH hat den Antrag auf Gewährung von PKH daher abgelehnt. Er weist in dem Zusammenhang – noch einmal – ausdrücklich darauf hin, dass der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe auch keine Verpflichtung des Revisionsgerichts auslöst, die – aktuellen – wirtschaftlichen Verhältnisse zu ermitteln (BGH, Beschl. v. 5.9.2017 – 5 StR 271/17; v. 6.2.2018 – 5 StR 347/17). Das Erfordernis der Darlegung ergebe sich aus dem Gesetz; eines Hinweises auf diese Sachlage und eines Zuwartens mit der Entscheidung habe es somit nicht bedurft (BGH a.a.O.).

III. Bedeutung für die Praxis

Ggf. nicht nachholbar

Eine Entscheidung, die noch einmal in Erinnerung ruft, dass der Rechtsanwalt nicht vergessen darf, in dem in jeder Instanz erforderlichen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (für das Adhäsionsverfahren) die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers darzulegen. Das ist insofern von Bedeutung, weil ansonsten (später) auch eine rückwirkende Entscheidung nicht mehr in Betracht kommt. Denn die wird von der Rechtsprechung – wenn überhaupt – nur dann für zulässig gehalten, wenn der Antragsteller mit seinem Antrag bereits alles für die Bewilligung der PKH Erforderliche getan hat (BVerfG NStZ-RR 1997, 69; BGH AGS 2021, 232; OLG Hamm, Beschl. v. 13.6.2017 – 4 Ws 90/17). Das gilt im Übrigen nicht nur für das Revisionsverfahren, sondern auch für die Tatsacheninstanz.

RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

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