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Fortsetzungstermin/Sachverhandlung

Eine Hauptverhandlung gilt dann i.S.d. § 229 Abs. 1 StPO als fortgesetzt, wenn zur Sache verhandelt und das Verfahren gefördert wird.

(Leitsatz des Gerichts)

BGH, Beschl. v. 15.2.20224 StR 503/21

I. Sachverhalt

Verfahrensrüge hat Erfolg

Das LG hat den Angeklagten wegen leichtfertiger Geldwäsche in vier Fällen sowie wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit einer Verfahrensbeanstandung und der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hatte mit der Verfahrensrüge Erfolg.

II. Entscheidung

Verstoß gegen § 229 Abs. 1 StPO

Nach Auffassung des BGH hat der Angeklagte zu Recht einen Verstoß gegen § 229 Abs. 1 StPO beanstandet. Die Hauptverhandlung sei nach vier Verhandlungstagen nämlich länger als drei Wochen unterbrochen worden. Am 14.6.2021, dem letzten Tag der Unterbrechungsfrist, sei nicht i.S.v. § 229 Abs. 4 S. 1 StPO fortgesetzt worden.

Weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich

Zur Begründung bezieht sich der BGH auf die Antragsschrift des GBA. Der habe ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Hauptverhandlung dann als fortgesetzt gelte, wenn zur Sache verhandelt und das Verfahren gefördert werde. Dies sei stets der Fall, wenn es zu Verfahrensvorgängen komme, die die zur Urteilsfindung führende Sachverhaltsaufklärung beträfen. Auch die alleinige Befassung mit Verfahrensfragen könne ausreichend sein, sofern es dabei um den Fortgang der Sachverhaltsaufklärung gehe (BGH NStZ 2014, 220; 2016, 171; 2021, 381).

Keine Sachverhandlung

Nach dieser Maßgabe habe am 14.6.2021 eine Verhandlung i.S.d. § 229 Abs. 1 StPO nicht stattgefunden. Die Prüfung und Erörterung, ob der außer Vollzug gesetzte Haftbefehl wegen Verstoßes des Angeklagten gegen die Auflage, dem Gericht unverzüglich seine neue Anschrift mitzuteilen, wieder in Vollzug zu setzen war, habe nicht den Fortgang der Aufklärung des Sachverhalts betroffen. Auch sei, wie die Revision zutreffend ausführe, wegen der Anordnung der Vorführung des Angeklagten die Durchführung der Beweisaufnahme möglich gewesen, da dessen Anwesenheit in der Hauptverhandlung vom 14.6.2021 sichergestellt war. Mithin habe kein Umstand dafür vorgelegen, dass die möglicherweise für den Fortsetzungstermin in Aussicht genommene weitere Förderung des Verfahrens in der Sache infolge unvorhersehbarer Ereignisse nicht stattfinden konnte (vgl. insoweit BGH NJW 2009, 384).

Beruhen

Das Beruhen des Urteils i.S.d. § 337 Abs. 1 StPO auf dem Verstoß gegen § 229 StPO hat der BGH – wie regelmäßig auch hier – nicht ausgeschlossen (vgl. BGH StV 2014, 2 m.w.N.). Ein besonders gelagerter Ausnahmefall, in dem die Fristüberschreitung ersichtlich weder den Eindruck von der Hauptverhandlung abgeschwächt noch die Zuverlässigkeit der Erinnerung beeinträchtigt habe, liege hier nicht vor.“

III. Bedeutung für die Praxis

Revisionsrechtliche Bedeutung

1. Nichts wesentlich Neues, aber mal wieder eine Entscheidung, die die revisionsrechtliche Bedeutung des § 229 StPO in Erinnerung ruft (zur Unterbrechung der Hauptverhandlung s. auch Burhoff, in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 10. Aufl. 2022, Rn 3131 ff.).

Dolmetschervereidigung

2. Ergänzend hat der BGH darauf hingewiesen, dass auch die im Hauptverhandlungstermin am 14.6.2021 vorgenommene Dolmetschervereidigung keine Verhandlung zur Sache darstellte. Denn damit seien erst die notwendigen Voraussetzungen geschaffen worden, damit an diesem Termin die Verhandlung überhaupt fortgesetzt werden konnte, das Verfahren mithin noch nicht sachlich gefördert (vgl. zu einer Pflichtverteidigerbestellung BGH NStZ 2008, 115 m.w.N.).

RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

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