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Keine handschriftliche Unterzeichnung des elektronischen Dokuments

Eine Revisionsbegründungsschrift muss nicht handschriftlich unterzeichnet sein, wenn sie gemäß § 32d S. 2 StPO elektronisch übersandt wird und die Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erfolgt.

(Leitsatz des Verfassers)

BGH, Beschl. v. 3.5.20223 StR 89/22

I. Sachverhalt

Verwerfung der Revision als unzulässig, weil nicht handschriftlich unterzeichnet

Das OLG Frankfurt am Main hatte den Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in mehreren Fällen verurteilt. Dagegen hat der Angeklagte Revision eingelegt, die das OLG als unzulässig verworfen hat. Das OLG hat moniert, dass die Revisionsbegründungsschrift, die gemäß § 32d S. 2 StPO elektronisch übersandt worden war, nicht handschriftlich unterzeichnet war. Der BGH hat die Revision gegen das Urteil des OLG Frankfurt am Main als unbegründet verworfen. Zuvor hat er aber auf den Antrag des Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 346 Abs. 2 StPO) den Revisionsverwerfungsbeschluss des OLG aufgehoben und damit die Revision als zulässig angesehen.

II. Entscheidung

Bei elektronischer Übersendung handschriftliche Unterzeichnung nicht erforderlich

Nach Auffassung des BGH war die Revision formgerecht begründet. Eine Revisionsbegründungsschrift müsse nicht handschriftlich unterzeichnet sein, wenn sie gemäß § 32d S. 2 StPO elektronisch übersandt werde und die Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erfolge. Vielmehr genüge in diesem Fall, dass der Schriftsatz mit einer maschinenschriftlichen Wiedergabe des bürgerlichen Namens des die Revisionsbegründung verantwortenden Verteidigers oder Rechtsanwalts abgeschlossen werde.

Qualifizierte elektronische Signatur/einfache Signatur reichen ggf.

Denn nach § 32a Abs. 3 StPO müsse ein Dokument, das – wie gemäß § 345 Abs. 2 StPO die Revisionsbegründung – schriftlich abzufassen und zu unterzeichnen sei, bei einer Übermittlung als elektronisches Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person (vgl. hierzu BeckOK-StPO/Valerius, 43. Ed., § 32a Rn 9) versehen sein oder aber – alternativ (BT-Drucks 18/9416, S. 45) – von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Ein sicherer Übermittlungsweg i.S.d. § 32a Abs. 3 StPO sei gemäß § 32a Abs. 4 Nr. 2 StPO die Übersendung über ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach nach § 31a BRAO. Bei der von § 32d S. 2 StPO vorgeschriebenen Übermittlung der Revisionsbegründung als elektronisches Dokument sei das Unterzeichnungserfordernis des § 345 Abs. 2 StPO mithin erfüllt, wenn das Dokument von dem die Revisionsbegründung verantwortenden Verteidiger oder Rechtsanwalt zum einen signiert und zum anderen über das besondere elektronische Anwaltspostfach als sicherem Übermittlungsweg i.S.d. § 32a Abs. 4 StPO an die elektronische Poststelle des Gerichts (EGVP) übersandt worden sei. In diesem Fall genüge eine „einfache“ Signatur des elektronischen Dokuments und es bedürfe keiner qualifizierten elektronischen Signatur.

Einfache Signatur

Eine „einfache“ Signatur eines elektronischen Dokuments i.S.d. § 32a Abs. 3 StPO sei die maschinenschriftliche Anbringung des bürgerlichen Namens der Person, die den Schriftsatz verantwortet, unterhalb des Textes in dem betreffenden Dokument (BAG NJW 2020, 3476; BSG NJW 2022, 1334; OLG Bamberg NJW 2022, 1260; OLG Braunschweig NJW 2019, 2176; MüKo-ZPO/Fritsche, 6. Aufl., § 130a Rn 14; Leuering, NJW 2019, 2739, 2741; Siegmund, NJW 2017, 3134, 3137). Daher sei eine Revisionsbegründung einfach signiert, wenn der Schriftsatz mit einer Wiedergabe des Namens des die Begründung verantwortenden Verteidigers oder Rechtsanwalts abgeschlossen werde. Die Einfügung einer eingescannten Unterschrift sei nicht erforderlich, allerdings bei Lesbarkeit des bürgerlichen Namens eine andere mögliche Form der einfachen Signatur (BAG a.a.O.; BSG a.a.O.; BVerwG NVwZ 2022, 649 Rn 4; Leuering, NJW 2019, 2739, 2741). Sofern sich der volle Name des Verteidigers oder Rechtsanwalts dem Schriftsatz an anderer Stelle entnehmen lasse, etwa einem Briefkopf, und Verwechselungen ausgeschlossen seien, genüge für eine einfache Signierung die Wiedergabe des Familiennamens (vgl. BAG a.a.O.). Des üblichen und auch hier erfolgten Zusatzes „Rechtsanwalt“ bedürfe es von Gesetzes wegen nicht (BAG a.a.O.).

Authentizität eines elektronischen Dokuments

Nach der Konzeption des Gesetzes werde die Authentizität eines elektronischen Dokuments dadurch gewährleistet, dass die Person, die den elektronischen Schriftsatz verantwortet und signiert habe, diesen auf einem sicheren Übermittlungsweg, namentlich über das besondere elektronische Anwaltspostfach, dem Gericht übersende. Erforderlich für eine formgerechte Revisionsbegründung sei deshalb, dass derjenige Verteidiger oder Rechtsanwalt, dessen Name als Signatur in der Begründungsschrift als verantwortende Person aufgeführt sei, selbst die Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg vornehme. Bei einer Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach müsse die Übertragung mithin über das Postfach dieses Verteidigers oder Rechtsanwalts erfolgen und zudem dieser – also nicht etwa ein Kanzleimitarbeiter – der tatsächliche Versender sein (vgl. BAG a.a.O.; NJW 2020, 2351 Rn 13 ff.; BSG a.a.O.; BVerwG a.a.O.; OLG Braunschweig a.a.O.; Leuering, NJW 2019, 2739, 2741).

Dokument im Dateiformat PDF

Schließlich müsse die elektronisch übermittelte Revisionsbegründung gemäß § 32a Abs. 2 S. 2 StPO i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1, § 14 Elektronische-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) ein Dokument im Dateiformat PDF sein (MüKo-ZPO/Fritsche, 6. Aufl., § 130a Rn 4).

Anforderungen erfüllt

Diese Anforderungen waren hier bei der Revisionsbegründung erfüllt. Dies ergab sich – so der BGH – aus den Schriftsätzen in einer Zusammenschau mit den zu den Akten zu nehmenden (vgl. BT-Drucks 18/9416, S. 45 f.; BeckOK-StPO/Valerius, 43. Ed., § 32a Rn 14) EGVP-Prüfvermerken, die Angaben zur Einreichung über das besondere elektronische Anwaltspostfach durch den signierenden Verteidiger (vgl. hinsichtlich des Nachweises BAG a.a.O.; BVerwG a.a.O.) und zum Dateiformat des übermittelten Dokuments enthielten.

III. Bedeutung für die Praxis

Warum braucht man dafür den BGH?

Man fragt sich, warum es für diese Nachhilfe in Punkto „elektronisches Dokument und was damit zusammenhängt“ eines Beschlusses des BGH bedarf und warum das OLG Frankfurt am Main das, was der BGH darlegt, nicht selbst erkennen konnte. Aber egal. So gibt es jetzt wenigstens auch einen Beschluss eines Strafsenats des BGH zu den Fragen, an den sich Verteidiger halten können. Hoffen wir, dass ihn nicht nur Verteidiger, sondern auch Mitglieder von Strafkammern und OLG-Senaten und Amtsrichter lesen, die mit den Fragen bei Rechtsbeschwerden befasst sein können (vgl. auch noch OLG Hamm StRR 7/2022, 3 [Ls.] – in dieser Ausgabe).

RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

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