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Gegenstandswert beim Vermögensarrest

Zur Wertfestsetzung bei einem Vermögensarrest gemäß §§ 111e, 111f.

(Leitsatz des Verfassers)

OLG Nürnberg, Beschl. v. 21.12.2021Ws 1149/21

I. Sachverhalt

Vermögensarrest über rund 3,2 Mio. EUR, Sicherung im Wert von rund 470.000 EUR

Das AG hat mit Beschluss vom 19.4.2018 den Vermögensarrest in Höhe von 3.231.444,00 EUR in das Vermögen der Nebenbeteiligten angeordnet. Aufgrund dessen wurden Vermögenswerte im Wert von 471.163,80 EUR gesichert. Mit Beschluss vom 25.5.2021 hat das LG den Antrag der Nebenbeteiligten, den Arrestbeschluss des AG vom 16.7.2018 aufzuheben, abgelehnt. Auf die Beschwerde der Nebenbeteiligten hat das OLG mit Beschluss vom 31.8.2021 den Beschluss des LG sowie den Beschluss des AG aufgehoben und der Staatskasse die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die der Nebenbeteiligten dadurch entstandenen Auslagen auferlegt.

Da der Bevollmächtigte der Nebenbeteiligten im Rahmen der Kostenfestsetzung u.a. die Festsetzung der gegenstandsabhängigen Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4142 VV RVG geltend macht, hat der Bezirksrevisor die Festsetzung des Gegenstandswerts gemäß § 33 Abs. 1 RVG beantragt. Der Bevollmächtigte der Nebenbeteiligten ist der Auffassung gewesen, der Wert sei in Höhe des angeordneten Vermögensarrests von 3.231.444,00 EUR festzusetzen.

II. Entscheidung

Wertfestsetzung für den Vermögensarrest mit Abschlag

Das OLG hat den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren auf 157.054,60 EUR festgesetzt (zur Wertfestsetzung nur für das Beschwerdeverfahren durch das Beschwerdegereicht Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 25. Aufl. 2021, § 33 Rn 8).

Bei einem Vermögensarrest gemäß §§ 111e, 111f StPO sei – so das OLG – maßgebend für die Wertfestsetzung das wirtschaftliche Interesse des Betroffenen an der Abwehr der Arrestforderung, wobei die konkrete wirtschaftliche Situation in den Blick zu nehmen sei (§ 23 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 RVG). Beträge, deren Durchsetzbarkeit nicht ernstlich in Betracht kommen und die deshalb eher fiktiven Charakter haben, bleiben unberücksichtigt. Nur soweit der zu sichernde Anspruch werthaltig sei und eine Befriedigung des Arrestgläubigers erwarten lasse, sei er im Rahmen der Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG der Bemessung des Gegenstandswerts zugrunde zu legen. Damit gehe das für die Wertberechnung gem. § 2 Abs. 1 RVG maßgebliche Interesse des Betroffenen an der Abwehr des Arrests nicht weiter, als Vermögenswerte vorhanden seien, auf die im Wege der Arrestvollziehung zugegriffen werden kann. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt, zu dem der Verteidiger tätig wird. Dabei können die in Vollziehung des Arrests erfolgten Pfändungen Anhaltspunkte dafür liefern, inwieweit eine durchsetzbare Verfallsanordnung in Betracht komme (BGH AGS 2018, 558 = RVGreport 2019, 77 = RVGprofessionell 2019, 46 = StRR Sonderausgabe 7/2019, 9; Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Nr. 4142 VV Rn 42).

Danach hat das OLG den Gegenstandswert auf 157.054,60 EUR festgesetzt. Auszugehen sei vom Wert der bei der Nebenbeteiligten in Vollziehung des angeordneten Vermögensarrests sichergestellten 471.163,80 EUR. Auch wenn der Senat mit seinem Beschluss vom 31.8.2021 den in Höhe von 3.231.444,00 EUR angeordneten Vermögensarrest vollständig aufgehoben habe, sei der Wert nur in Höhe des tatsächlich vollzogenen Betrags anzusetzen. Dass weitere Vermögenswerte der Nebenbeteiligten bestanden, auf die zum Vollzug des Vermögensarrests hätte zugegriffen werden können, sei nicht ersichtlich. Im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Anordnung des Vermögensarrests sei ein Abschlag von zwei Dritteln vorzunehmen (vgl. BGH a.a.O.; OLG Hamm OLG Hamm AGS 2008, 175 = RVGprofessionell 2008, 133; OLG München AGS 2010, 543, Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., VV 4142 Rn 20), so dass sich ein Gegenstandswert von 157.054,60 EUR ergebe.

III. Bedeutung für die Praxis

Zutreffend

Bei der Gebühr Nr. 4142 VV RVG kann es, wie die Entscheidung zeigt, um viel Geld gehen. Denn ob der Gegenstandwert hier auf 3,2 Mio. EUR – wie vom Bevollmächtigten der Nebenbeteiligten beantragt – oder nur auf rund 157.000 EUR festgesetzt wird, führt schon zu einem beachtlichen Unterschied hinsichtlich der von der Staatskasse zu erstattenden Gebühren. Bei der Gegenstandswertfestsetzung werden häufig Fehler gemacht, was sicherlich auch damit zu tun hat, dass das nun nicht unbedingt zur Kernkompetenz der Strafgerichte gehört. Die vom OLG hier zur Höhe des Gegenstandswerts angestellten Überlegungen sind aber zutreffend und entsprechen der h.M. in der Rechtsprechung zu der Frage (wegen weiterer Nachweise Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Nr. 4142 VV Rn 29 ff., 42 jeweils m.w.N.).

RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

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