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Terminsgebühr für Teilnahme an Videovernehmung

Die Vernehmungsterminsgebühr Nr. 4102 Nr. 1 VV RVG entsteht auch dann, wenn der Rechtsanwalt bei dem Vernehmungstermin in einem Nebenraum, in dem eine Videoübertragung der Vernehmung gezeigt wurde, zumindest zeitweise – zum Ende der Vernehmung hin – anwesend war.

(Leitsatz des Verfassers)

LG Osnabrück, Beschl. v. 17.6.2021 – 2 Qs 34/21

I. Sachverhalt

Der Rechtsanwalt war Pflichtverteidiger. Er hat im Rahmen der Vergütungsfestsetzung auch eine Vernehmungsterminsgebühr Nr. 4102 Nr. 1 VV RVG geltend gemacht. Die hat das AG nicht festgesetzt. Die zugelassene Beschwerde des Pflichtverteidigers hatte Erfolg.

II. Entscheidung

Die Gebühr nach Nr. 4102 Nr. 1 VV RVG ist angefallen. Nach Nr. 4102 Nr. 1 VV RVG entsteht die Gebühr für die Teilnahme an richterlichen Vernehmungen und Augenscheinseinnahmen. Unerheblich ist dabei, in welcher Funktion der Rechtsanwalt an der richterlichen Vernehmung teilnimmt, ob als Vertreter des Beschuldigten oder als Beistand eines Zeugen und auch, ob der Verteidiger an der Vernehmung aktiv teilgenommen hat, also z.B. Fragen gestellt oder sonst auf den Gang der Vernehmung Einfluss genommen hat. Zwar ergebe sich – so das LG – die Anwesenheit des Verteidigers nicht aus dem Protokoll. Indessen habe der Rechtsanwalt durch seine eigene anwaltliche Versicherung, insbesondere durch die anwaltliche Versicherung von Frau Rechtsanwältin pp. hinreichend glaubhaft gemacht, dass er bei dem Vernehmungstermin in einem Nebenraum, in dem eine Videoübertragung der Vernehmung gezeigt wurde, zumindest zeitweise – zum Ende der Vernehmung hin – anwesend war. Dem stehe die vage dienstliche Stellungnahme der vernehmenden Richterin – die sich zum anwaltlich versicherten späteren Erscheinen des Verteidigers nur allgemein äußert – nicht entgegen.

III. Bedeutung für die Praxis

1. In der Praxis wird um das Entstehen der Vernehmungsterminsgebühr Nr. 4102 VV RVG immer wieder gestritten. So auch in dem vom LG Osnabrück entschiedenen Fall. Dabei geht es aber nicht um allgemeine Fragen des Entstehens dieser Terminsgebühr, bei der es sich um eine „normale“ Terminsgebühr i.S.d. Vorbem. 4 Abs. 3 VV RVG handelt (vgl. dazu eingehend Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn 65 ff. und Nr. 4102 VV Rn 7 ff.). Daher spielt es keine Rolle, dass der Rechtsanwalt ggf. nur zeitweise an der (Video-)Vernehmung teilgenommen hat. Das hat auf das Entstehen der Gebühr keinen Einfluss. Einfluss kann die beschränkte Teilnahmezeit allenfalls beim Wahlanwalt auf die Höhe der Gebühr haben, da über § 14 Abs. 1 S. 1 RVG die Länge der Teilnahmezeit für die Höhe/Bemessung der Terminsgebühr mitbestimmend ist. Die Frage spielte hier aber bei der Festsetzung der Festbetragsgebühren für den Pflichtverteidiger keine Rolle.

2. Inzidenter hat das LG auch die bisher in der Rechtsprechung noch nicht entschiedene Frage entschieden, ob die Vernehmungsterminsgebühr auch anfällt, wenn der Rechtsanwalt an einer sog. Videovernehmung teilnimmt. Das LG hat die Frage bejaht, was m.E. zutreffend ist. Denn auch in diesen Fällen handelt es sich um einen Termin i.S.d. Nr. 4102 VV RVG, da auch diese (virtuelle) Art von Zusammentreffen zu einem (vom Gericht) bestimmten Zeitpunkt stattfindet (s.a. Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl., VV 4102 Rn 5 und Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Nr. 4102 VV Rn 11). Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum der Rechtsanwalt/Verteidiger seine Teilnahme nicht honoriert bekommen soll. Das hat in all den Fällen Bedeutung, in denen die StPO Videovernehmungen/-konferenzen zulässt. Das ist nach den Änderungen durch das „Gesetz zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren“ vom 25.4.2013 u.a. in den Fällen der §§ 58b, 118a Abs. 2 S. 2, 161a Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 58b StPO der Fall. Auch in diesen Fällen entsteht daher ggf. eine Vernehmungsterminsgebühr.

RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

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