Beitrag

StRR-Kompakt

Terminsverlegungsantrag: Beschwerde

Eine Beschwerde gegen die Ablehnung einer Terminsverlegung ist auch dann nicht zulässig, wenn eine Terminsverfügung oder eine Entscheidung über einen Terminsverlegungsantrag als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft gerügt wird. Das gilt selbst dann, wenn das Beschwerdevorbringen es möglich erscheinen lässt, dass ein schwerwiegender und evidenter Rechtsfehler vorliegt.

LG Neuruppin, Beschl. v. 27.1.2020 – 11 Qs 7/20

Besorgnis der Befangenheit: Sitzungspolizei gegen den Verteidiger

Rechtsanwälte in der Rolle des Prozessbevollmächtigten oder des Verteidigers unterliegen nicht der gerichtlichen Sitzungspolizei- und Ordnungsstrafgewalt. Droht der Richter – auch nach einem intensiven und lautstärkeren Disput zwischen dem Verteidiger und dem Richter über die Art und Weise der Vernehmung des Angeklagten sowie die Unterbrechung der Verhandlung – dem Verteidiger während der nicht unterbrochenen Hauptverhandlung an, ihn bei weiterem störendem Verhalten aus dem Saal entfernen zu lassen, rechtfertigt das i.d.R. die Annahme der Besorgnis der Befangenheit .

AG Köln, Beschl. v. 24.1.2020 – 537 Ds 819/19

Trunkenheitsfahrt. gemieteter E-Scooter

Im Falle einer Trunkenheitsfahrt mit einem gemieteten E-Scooter nachts zur verkehrsarmen Zeit auf einer Verkehrsfläche ohne jeden Bezug zum fließenden Straßenverkehr und ohne tatsächlich feststellbare oder auch nur abstrakt drohende Beeinträchtigung Rechtsgüter Dritter durch einen nicht vorbelasteten und geständigen Täter kann nicht von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden.

AG Dortmund, Urt. v. 21.1.2020 – 729 Ds-060 Js 513/19 -349/19

Haushaltsuntreue: Unterlassen der Angebotseinholung

Ein Entscheidungsträger handelt im Bereich der öffentlichen Verwaltung nicht stets pflichtwidrig, wenn er nicht das sparsamste im Sinne des niedrigsten Angebots wählt. Beim Unterlassen eines Preisvergleichs oder einer Ausschreibung kommt eine Strafbarkeit nur bei evidenten und schwerwiegenden Pflichtverstößen in Betracht. Ein Vermögensnachteil kann bei der Haushaltsuntreue auch nach den Grundsätzen des persönlichen Schadenseinschlags eintreten.

BGH, Beschl. v. 8.1.2020 – 5 StR 366/19

Steuerhinterziehung/Steuerhehlerei: Anstiftung

Anstiftungshandlungen, die auf eine Verbringung von mit Verbrauchsteuern belasteten Waren gerichtet sind, an denen der Täter eine Steuerhehlerei begeht, sind regelmäßig nicht als Anstiftung zur Steuerhinterziehung strafbar; im Verhältnis zur Steuerhehlerei stellt sich die Anstiftung zur Steuerhinterziehung als mitbestrafte Vortat dar.

BGH, Urt. v 11.7.2019 – 1 StR 634/18

Fahren ohne Fahrerlaubnis: (ausländischer) Ersatzführerschein

Der in einem EU-Mitgliedsstaat aufgrund einer Verlust- oder Diebstahlsanzeige nach Art. 11 Abs. 5 der 3. FS-RL ausgestellte Ersatzführerschein ist – anders als der im Wege des Umtauschs einer in Deutschland erteilten Fahrerlaubnis erteilte Führerschein eines anderen EU-Mitgliedsstaates nach Art. 11 Abs. 2 der 3. FS-RL – nicht als „neue“ Fahrerlaubnis anzusehen (Anschluss an OLG Zweibrücken, Beschl. v. 18.1.2016 – 1 Ss 106/15, juris). Dies gilt auch dann, wenn der Ersatzführerschein erstmals eine Befristung nach Art. 7 Abs. 2a der 3. FS-RL enthält. Ist einem Verurteilten in Deutschland die von einem anderen EU-Mitgliedsstaat ausgestellte Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB rechtskräftig entzogen, zugleich eine Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach § 69a Abs. 1 StGB angeordnet und dem Verurteilten nach Ablauf der Sperrfrist das Recht zur Teilnahme am öffentlichen Verkehr in Deutschland nicht wiedererteilt worden, berechtigt ein für die entzogene Fahrerlaubnis von dem EU-Mitgliedsstaat nach Art. 11 Abs. 5, 3. FS-RL ausgestellter Ersatzführerschein nicht zur Teilnahme am öffentlichen Verkehr in Deutschland, § 28 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Nr. 3 FeV.

OLG Celle, Beschl. v. 12.12.2019 – 2 Ss 138/19

Körperverletzung: gefährliches Werkzeug

Ein Schlag mit einem in der flachen Hand gehaltenen Mobiltelefon in das Gesicht des Opfers stellt grundsätzlich keine Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB dar, da hiermit nach Beschaffenheit und der Art seiner Benutzung eine Eignung zur Herbeiführung erheblicher Körperverletzungen nicht festzustellen ist. Anderes kann gelten, wenn der Schlag mit einer Ecke oder Kante des Telefons ausgeführt wurde. Auch dass es bei dem Schlag mit dem Mobiltelefon zu einer inneren Platzwunde an der Lippe kam, trägt für sich genommen nicht die Feststellung, dass das Mobiltelefon nach der konkreten Art seines Einsatzes zur Verursachung erheblicher Verletzungen geeignet war. Anderes kann gelten auf der Grundlage gesonderter Feststellungen zum konkreten Umfang und zum Heilungsverlauf der Verletzung.

OLG Bremen, Urt. v. 27.11.2019 – 1 Ss 44/19

Messprotokoll: öffentliche Urkunde

Das im Rahmen der Überwachung des fließenden Verkehrs anlässlich von Geschwindigkeitskontrollen zu erstellende Messprotokoll ist eine öffentliche Urkunde im Sinne von § 348 StGB. Denn das von einem Ordnungspolizeibeamten oder Polizeibeamten im Rahmen der hoheitlichen Verkehrsüberwachung erstellte Messprotokoll dient dazu, Beweiskraft für und gegen jedermann zu erbringen. Es hat nicht bloß innerdienstliche Bedeutung, sondern belegt neben der Verkehrssituation am konkreten Messstandort den ordnungsgemäßen Aufbau und den ordnungsgemäßen Betrieb des Messgeräts und dessen Verwendung gemäß seiner PTB-Zulassung.

OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 2.1.2020 – 2 Ss 40/19

Längenzuschlag: Berücksichtigung von Pausen

Auch längere Sitzungspausen sind von der für das Entstehen der zusätzlichen Terminsgebühr nach Nr. 4122 VV RVG maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer grundsätzlich nicht in Abzug zu bringen. Auch eine Mittagspause ist bei der Bemessung der Terminsdauer im Rahmen des Zuschlags nach Nr. 4122 RVG VV bis zu einer üblichen Dauer von einer Stunde regelmäßig nicht in Abzug zu bringen (Festhaltung OLG Koblenz, Beschl. v. 16. 2.2006 – 1 Ws 61/06; Beschl. v. 1.12.2011 – 2 Ws 524, 528/11). Für eine darüber hinausgehende Sitzungsunterbrechung ist darauf abzustellen, ob und inwieweit der Verteidiger die Sitzungspause anderweitig für seine berufliche Tätigkeit sinnvoll hat nutzen können, wobei schon aus Gründen der Praktikabilität kein an individuellen Möglichkeiten ausgerichteter Maßstab anzulegen ist (Anschluss OLG Dresden, Beschl. v. 10.7.2018 – 1 Ws 142/18). Bei einer Sitzungsunterbrechung, die den Zeitraum einer einstündigen Mittagspause überschreitet, wird in aller Regel ein noch zur Verfügung stehender Zeitraum von bis zu einer Stunde auch für ortsansässige Verteidiger und auch bei Nutzung von modernen Telekommunikationsmitteln nicht mehr sinnvoll nutzbar sein (Festhaltung OLG Koblenz, Beschl. v. 16.2.2006 – 1 Ws 61/06).

OLG Koblenz, Beschl. v. 30.9.2019– 1 StE 60 Js 36/17

Diesen Beitrag teilen

Facebook
Twitter
WhatsApp
LinkedIn
E-Mail

Unser KI-Spezial

Erfahren Sie hier mehr über Künstliche Intelligenz – u.a. moderne Chatbots und KI-basierte…