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Vertretung verwalterloser Wohnungseigentümergemeinschaften

BGH, Versäumnisurt. v. 8.7.2022V ZR 202/21

I. Der Fall

Die Parteien, die beiden Eigentümer einer in Wohnungseigentum aufgeteilten Liegenschaft, die aus zwei Einheiten besteht, streiten um die Gültigkeit eines Beschlusses. Einer der beiden Wohnungseigentümer reichte im Dezember 2020 eine Klage gegen den anderen Eigentümer ein, mit der er die Bestellung eines bestimmten Verwalters begehrte. Das erstinstanzliche Gericht änderte das Rubrum von Amts wegen dahingehend, dass die Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, vertreten durch den anderen Wohnungseigentümer gemeint sei. In dieser Form hatte die Klage erstinstanzlich Erfolg; vom Berufungsgericht wurde sie als unzulässig abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Landgericht zugelassene Revision der Klägerin.

II. Die Entscheidung

Das Rechtsmittel hatte Erfolg. Zwar ist aufgrund der Säumnis der Beklagten durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Diesem liegt jedoch eine vollständige Prüfung der Rechts- und Sachlage zugrunde. Die Berufung der Wohnungseigentümergemeinschaft ist allerdings zulässig, da das erstinstanzliche Urteil gegen sie ergangen ist. Tatsächlich war allerdings der andere Wohnungseigentümer verklagt. Dies ergibt sich aus der gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorzunehmenden Parteibezeichnung.

Gewillkürter Parteiwechsel auf Beklagtenseite

Wird eine Beschlussersetzungsklage gegen die übrigen Wohnungseigentümer erhoben, muss ein gewillkürter Parteiwechsel auf Beklagtenseite erfolgen. Anderenfalls ist die Klage, wie hier, unzulässig. Einen solchen Parteiwechsel hat der Kläger hier in erster Instanz nicht vorgenommen, wohl aber schlüssig im Wege der Anschlussberufung. Dies ist auch zulässig. Der Zustimmung der ausscheidenden und der neu in den Prozess eintretenden Partei bedurfte es angesichts ihrer engen Verbindung hier nicht. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist durch den verbleibenden Wohnungseigentümer auch wirksam vertreten, da ein Verwalter nicht bestellt ist. Die frühere Möglichkeit, in diesem Fall einen Wohnungseigentümer zur Vertretung zu ermächtigen, sieht das neue Recht nicht mehr vor. Der Kläger darf an der Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht mitwirken, da er nicht, auch nicht als Vertreter auf beiden Seiten eines Rechtsstreits mitwirken kann. Dieser Ausschluss des Gegners der Wohnungseigentümergemeinschaft führt indessen nicht zu einem Mangel in ihrer gesetzlichen Vertretung, der die Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 ZPO erfordert (so etwa AG Wiesbaden, Beschl. v. 4.5.2021 – 91 C 944/21; MietRB 2021, 308 = IMR 2021, 475). Dies würde die Willensbildung der Gemeinschaft nicht erleichtern, da der Prozesspfleger keine Eigentümerversammlung einberufen kann, und würde zu einer Zeitverzögerung führen. Vielmehr wird sie durch die übrigen Wohnungseigentümer vertreten (so schon (so LG München I v. 1.9.2020 – 1 S 17376/19; IMR 2021, 174; LG Frankfurt/M v. 15.7.2021 – 2-13 S 5/21; IMR 2021, 382).

III. Der Praxistipp

Die Entscheidung macht die Wohnungseigentümergemeinschaft nur in Zweiergemeinschaften handlungsfähig. Sie beseitigt aber nicht die Schwierigkeit, dass die übrigen Wohnungseigentümer ansonsten gemäß § 9a Abs. 1 S. 2 WEG „gemeinschaftlich“, also einvernehmlich handeln müssen. Damit kommt es zu dem Paradoxon, dass die Wohnungseigentümer zwar über alle Angelegenheiten der Verwaltung mit Mehrheit der anwesenden Miteigentümer entscheiden, nach außen aber nur einheitlich auftreten können. Die Wohnungseigentümer werden also mittelbar gezwungen, einen Verwalter zu bestellen.

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