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Rechtsschutzbedürfnis für Auskünfte im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse

BGH, Urt. v. 23.3.2022VIII ZR 133/20

I. Der Fall

Die Vermieterin von Wohnraum und ein eingetragener Rechtsdienstleister streiten u.a. um Auskünfte und weitere Ansprüche wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Regelungen der so genannten Mietpreisbremse (§§ 556d ff. BGB). Die Klägerin bietet auf ihrer Internetseite Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Rückforderung überzahlter Mieten an, wofür sie eine „Provision“ von einem Drittel der ersparten Miete für vier Monate beansprucht. Zu diesem Zweck trat der Mieter seine Ansprüche auf Erteilung von Auskunft, auf Rückzahlung überzahlter Miete u.a. an die Klägerin ab. Diese begehrte u.a. Auskunft über die Höhe der vom Vormieter gezahlten Miete, über im letzten Jahr vereinbarte Mieterhöhungen, über die in den letzten drei Jahren durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen und darüber, ob es sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung gehandelt habe. Die Klage blieb in den Tatsacheninstanzen mit Ausnahme einer Verurteilung zur Zahlung von 144,68 EUR erfolglos, wobei das Berufungsgericht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Auskunftsklage verneinte, da sich der Vermieter zur Begründung der Miethöhe überhaupt nicht auf die §§ 556e, 556f BGB berufe. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision.

II. Die Entscheidung

Das Rechtsmittel hatte Erfolg.

Bei Leistungsklagen ergibt sich ein Rechtsschutzbedürfnis schon aus der Nichterfüllung des behaupteten Anspruchs

Der Klage auf Erteilung von Auskunft fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Dies ist nur der Fall, wenn die Gerichte unnütz oder unlauter bemüht werden oder gar ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und nicht schutzwürdiger Ziele ausgenutzt wird. Bei Leistungsklagen ergibt sich ein Rechtsschutzbedürfnis schon aus der Nichterfüllung des behaupteten Anspruchs, da der Kläger ohne gerichtliche Hilfe seinen behaupteten Anspruch dann nicht durchsetzen kann. Wenn das Berufungsgericht darauf abstellt, ob es für die Rückforderung von Miete auf die begehrten Auskünfte ankommt, stellt es fehlerhaft auf materiell-rechtlich Gesichtspunkte ab, die das Rechtsschutzinteresse nicht berühren. Für die weitere Behandlung der Sache weist der BGH drauf hin, dass der Auskunftsanspruch aus § 556g Abs. 3 S. 1 BGB nicht davon abhängt, auf welchen Tatbestand der §§ 556d ff. BGB der Vermieter die vereinbarte Miethöhe stützt. Der Auskunftsanspruch aus § 556g Abs. 3 S. 1 BGB ist weder zeitlich eingeschränkt noch davon abhängig, dass der Vermieter dem Mieter Anlass zur weiteren Prüfung der Zulässigkeit der Miethöhe gegeben hat. Ob anderes gelten kann, wenn die verlangten Informationen die Zahlungsansprüche des Mieters im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse in keiner Weise beeinflussen können, kann im Streitfall offen bleiben. Denn der Mieter hat ein fortbestehendes Interesse an den begehrten Auskünften, wenn sie für die Verfolgung weiterer Ansprüche von Bedeutung sein können, In diesem Fall wäre es dem Vermieter nämlich nicht verwehrt, sich auf weitere Ausnahmetatbestände zu berufen.

III. Der Praxistipp

Die Ausführungen zum Rechtsschutzbedürfnis sind sicherlich richtig. Der grundsätzlich von der Begründung der Miethöhe unabhängige Anspruch auf Erteilung sämtlicher Auskünfte im Zusammenhang mit der Miethöhe eröffnet indessen ein erhebliches Lästigkeitspotential, dessen sachliche Berechtigung im Hinblick auf rein theoretische Erweiterungen der Begründung für die Miethöhe konstruiert erscheint. Der Vermieter sollte bei der Erteilung der relevanten Auskünfte rechtsverbindlich auf die Geltendmachung sonstiger Ausnahmetatbestände verzichten. Dann tritt der vom BGH offen gelassene Fall ein, dass weitere Informationen die Zahlungsansprüche des Mieters im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse in keiner Weise beeinflussen können. So kann sich der Vermieter weitere Recherche- und Schreibarbeit möglicherweise ersparen.

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