Beitrag

Gegenstandswert einer sofortigen Beschwerde gegen Ordnungsgeld

§§ 23 Abs. 2, 3, 33 RVG

Im Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen die Verhängung eines Ordnungsgelds richtet sich Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach der Höhe des festgesetzten Ordnungsgelds.

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.10.202420 WF 83/24
I.

Sachverhalt

Auf Antrag des Antragstellers hatte das FamG gegen die Antragsgegnerin nach § 89 FamFG ein Ordnungsgeld i.H.v. 500,00 EUR festgesetzt, weil diese gegen einen Umgangstitel verstoßen habe. Die Antragsgegnerin hat gegen diesen Ordnungsgeldbeschluss sofortige Beschwerde erhoben. Der Antragsteller hat das erstinstanzlich festgesetzte Ordnungsgeld verteidigt. Das OLG hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers beantragten daraufhin gem. § 33 Abs. 1 RVG die Festsetzung des Gegenstandswerts ihrer Tätigkeit im Beschwerdeverfahren. Sie waren der Auffassung, es komme auf den Wert an, den die zu erwirkende Handlung für den Gläubiger besitze. Dessen Interesse sei mit dem Wert der Hauptsache anzunehmen und mit 4.000,00 EUR zu bewerten. Der Senat hat den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers für das Beschwerdeverfahren auf 500,00 EUR festgesetzt.

II.

Gesonderte Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 33 RVG

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren ist gem. § 33 Abs. 1 RVG durch Beschluss festzusetzen, denn die Kostenvorschriften nach dem FamGKG sehen für das Vollstreckungsverfahren keinen gerichtlich zu bestimmenden Verfahrenswert vor (vgl. Prütting/Helms/Hammer, FamFG, 6. Aufl., 2023, § 89 FamFG, Rn 44).

III.

Verfolgtes wirtschaftliches Interesse ist maßgebend

Der Höhe nach orientiert sich der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit an dem mit der sofortigen Beschwerde verfolgten (wirtschaftlichen) Interesse der Antragsgegnerin und ist daher auf 500,00 EUR festzusetzen.

Den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers ist zwar im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass sich der Wert für die anwaltliche Tätigkeit im Vollstreckungsverfahren grds. aus § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG ergibt und daher maßgeblich ist, welches Interesse der Gläubiger an der zu erwirkenden Handlung, Duldung oder Unterlassung hat. Dabei kann dahinstehen, ob das Interesse des Gläubigers im Falle der Vollstreckung einer Umgangsregelung regelmäßig mit dem Wert der Hauptsache zu bestimmen ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.3.2024 – 7 WF 25/24, NZFam 2024, 885) und daher für die anwaltliche Tätigkeit im erstinstanzlichen Verfahren eine Festsetzung i.H.v. 2.000,00 EUR (nicht 4.000,00 EUR, vgl. §§ 41, 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG) gerechtfertigt wäre, oder ob nur ein Bruchteil vom Hauptsachewert heranzuziehen ist (vgl. KG Beschl. v. 24.6.2021 – 16 WF 79/21, NJOZ 2022, 869).

Das vorliegende Verfahren betrifft nicht die erstinstanzliche Entscheidung über den Vollstreckungsantrag des Antragstellers, sondern die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen das erstinstanzliche festgesetzte Ordnungsgeld. Maßgeblich für den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit ist daher nicht § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG, sondern § 23 Abs. 2 RVG (HK-RVG/Walter Gierl, 8. Aufl., 2021, § 25 Rn 25; BeckOK RVG/K. Sommerfeldt/M. Sommerfeldt, 65. Ed., Stand: 1.9.2024, RVG § 25 Rn 20). In diesen Verfahren ist regelmäßig auf das Interesse des Beschwerdeführers an der Aufhebung des Ordnungsgeldes abzustellen, sodass dessen Höhe maßgeblich ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.2.2018 – 8 WF 22/18; Prütting/Helms/Hammer, a.a.O., § 89 FamFG, Rn 44). Entsprechendes gilt für den Gebührenwert der anwaltlichen Tätigkeit der Gegenpartei, wenn sie – wie hier – allein darauf gerichtet ist, das erstinstanzlich festgesetzte Ordnungsgeld aufrechtzuerhalten.

IV.

Bedeutung für die Praxis

Im gerichtlichen Vollstreckungsverfahren nach § 89 FamFG richten sich die Gerichtsgebühren gem. Vorbem. 1.6 FamGKG KV nach den Vorschriften des GKG. Erhoben wird danach im erstinstanzlichen Vollstreckungsverfahren gem. Nr. 2110 GKG KV eine Festgebühr i.H.v. 22,00 EUR (ab dem 1.6.2025 i.H.v. 24,00 EUR) und im Beschwerdeverfahren eine Festgebühr nach Nr. 2121 GKG KV i.H.v. 33,00 EUR (ab dem 1.6.2025: 35,00 EUR), soweit die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Wird die Beschwerde nur teilweise verworfen oder zurückgewiesen, kann das Gericht die Gebühr nach billigem Ermessen auf die Hälfte ermäßigen oder bestimmen, dass eine Gebühr nicht zu erheben ist (Anm. zu Nr. 2121 GKG KV). Ist die Beschwerde erfolgreich, ist das Verfahren gerichtsgebührenfrei.

Da hier also in keinem Fall eine wertabhängige Gerichtsgebühr erhoben wird, bedarf es auch keiner Festsetzung eines Verfahrenswertes (OLG Brandenburg NZFam 2019, 455, bespr. v. N. Schneider; OLG Frankfurt AGS 2017, 284). Eine dennoch (häufig) ergehende Verfahrenswertfestsetzung ist gegenstandslos und zur Vermeidung eines Rechtsscheins auf eine Beschwerde hin aufzuheben (OLG Brandenburg NZFam 2019, 455, bespr. v. N. Schneider; LG Bonn AGS 2018, 23).

Anders verhält es sich mit den Anwaltsgebühren. Diese richten sich auch in der Zwangsvollstreckung nach dem Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1 RVG). Daher ist hier die Festsetzung eines Wertes, nämlich des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit erforderlich. Diese Wertfestsetzung erfolgt gem. § 33 Abs. 1 RVG nur auf Antrag. Da mangels Anfalls von Gerichtsgebühren im FamGKG kein Verfahrenswert vorgesehen ist, greifen insoweit die Vorschriften des RVG.

In erstinstanzlichen Vollstreckungsverfahren gilt dabei in Ordnungsgeldverfahren § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG. Maßgebend ist der volle Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat. Das wiederum ist der Wert der Hauptsache. Die gegenteilige Auffassung des KG ist durch die Rspr. des BGH (NJW-Spezial 2024, 412 = AGS 2024, 330) zwischenzeitlich überholt. Dieser Wert belief sich hier aber entgegen der Auffassung des OLG Karlsruhe nicht auf 2.000,00 EUR, sondern auf 4.000,00 EUR, da im Vollstreckungsverfahren der Abschlag des Eilverfahrens herauszurechnen ist (so für die vergleichbare Lage in der Zivilgerichtsbarkeit: LG Mainz NJW-Spezial 2022, 380 = AGS 2022, 237; LG Flensburg NJW-Spezial 2021, 28). Im Beschwerdeverfahren ist § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG dagegen nicht unmittelbar anzuwenden. Es gilt vielmehr § 23 Abs. 2 RVG. Hier ist zu differenzieren. Hat das FamG Gericht den Ordnungsgeldantrag zurückgewiesen, wird nunmehr dagegen Beschwerde erhoben, ist das gleiche Interesse des Vollstreckungsgläubigers gegeben, wie in erster Instanz (BGH NJW-Spezial 2024, 412 = AGS 2024, 330). Wird dagegen dem Ordnungsgeldantrag stattgegeben und dagegen sofortige Beschwerde erhoben, dann richtet sich der Wert nach dem Interesse des Vollstreckungsschuldners, das darin besteht, das Ordnungsgeld nicht zahlen zu müssen. Sein Interesse ist also dem verhängten Ordnungsgeld gleichzusetzen. Denkbar ist auch, dass der Vollstreckungsschuldner das Ordnungsgeld dem Grunde nach akzeptiert und er sich mit seiner sofortigen Beschwerde nur gegen die Höhe des Ordnungsgelds wendet. In diesem Fall ist dann nach § 23 Abs. 2, 3 RVG der Betrag maßgebend, um den das Ordnungsgeld herabgesetzt werden soll.

https://www.juris.de/perma?d=jzs-AGS-2025-5-021-231

Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen

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