Gibt die Richterin einem Kläger einen unzulässigen Kostenantrag des Beklagten nicht zur Kenntnis und erlässt sie ohne rechtliches Gehör einen unzulässigen Kostenbeschluss zu Lasten des Klägers, den sie nicht einmal unterzeichnet, rechtfertigt dies die Besorgnis ihrer Befangenheit.
Die Klägerin hatte wegen offener Honorarforderungen einen Mahnbescheid erwirkt, gegen den die Antragsgegne
Die Besorgnis der Befangenheit einer Richterin setzt voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Zweifel an ihrer Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Es kommt weder darauf an, ob die Richterin tatsächlich „parteilich“ oder „befangen“ ist, noch darauf, ob sie sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist allein, ob ein am Rechtsstreit Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit der Richterin zu zweifeln (BVerfG NJW 1993, 2230). Von einer tatsächlichen Befangenheit der abgelehnten Richterin ist hier ungeachtet der Verfahrensfehler nicht auszugehen. Auf eine solche kommt es vorliegend aber auch nicht an. Vielmehr wird der objektive Anschein erweckt, die Richterin könnte voreingenommen und zugunsten der Beklagtenseite gehandelt haben. Dies ist ausreichend und genügend, um das Ablehnungsgesuch für begründet zu erklären. Zwar ist ein von der Klägerseite angeführter Verstoß auf Beklagtenseite gegen § 130d ZPO n.F. bei Antragstellung tatsächlich nicht feststellbar, da die Beklagtenseite den Kostenantrag jedenfalls auch per beA eingereicht hat (auch wenn der Klägerseite lediglich der per Fax eingegangene Antrag übermittelt wurde). Dass die Richterin jedoch ohne vorherige Anhörung der Klägerseite über den Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 ZPO zugunsten der Beklagtenseite entschieden hat, dabei fehlerhafterweise von einer Klagerücknahme ausgegangen ist und dann den Beschluss gar nicht unterschrieben hat, rechtfertigt auf Grund der äußeren, objektiv feststellbaren Umstände den Eindruck der Klägerseite, an der Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richterin zu zweifeln. Das Ablehnungsgesuch war nach alledem für begründet zu erklären.
Zunächst einmal ist klarzustellen, dass die Rücknahme des Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens nach § 696 Abs. 4 ZPO – im Gegensatz zur Klagerücknahme – nicht zum Wegfall der Anhängigkeit führt. Die Sache bleibt vielmehr im Mahnverfahren anhängig, sodass keine Kostenentscheidung ergehen darf (BGH AGS 2005, 570 = RVGreport 2005, 395). Der Streitantrag kann jederzeit wieder neu gestellt werden.
Auch in Kostensachen ist rechtliches Gehör zu gewähren, selbst wenn die Praxis dies – wie hier – häufig ignoriert. Die Vorschriften der § 12a RVG, § 69a GKG, § 61 FamGKG oder § 84 GNotKG oder auch die Möglichkeit der Befangenheitsablehnung geben dem Anwalt Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren.
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