Zur Bemessung des angemessenen Selbstbehalts im Elternunterhalt für Unterhaltszeiträume nach dem Inkrafttreten von § 94 Abs. 1a SGB XII in der Fassung von Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe vom 10.12.2019 (Angehörigen-Entlastungsgesetz).
I. Der Fall
Der Antragsteller ist örtlicher Träger der Sozialhilfe. Er nimmt den Antragsgegner aus übergegangenem Recht für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2020 auf Zahlung von Elternunterhalt für dessen pflegebedürftige Mutter (im Folgenden: Hilfeempfängerin) in Anspruch.
Die 1940 geborene Hilfeempfängerin lebt seit mehreren Jahren in einer vollstationären Pflegeeinrichtung. Die monatlichen Gesamtkosten ihrer Heimunterbringung werden durch ihre Sozialversicherungsrente und die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nur teilweise gedeckt. Der Antragsteller erbrachte für die Hilfeempfängerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in monatlicher Höhe von 1.513,34 EUR.
Der Antragsgegner ist verheiratet. Aus der Ehe sind ein im Juni 2000 geborener Sohn und eine im Juli 2002 geborene Tochter hervorgegangen. Mit seiner nicht erwerbstätigen Ehefrau und den beiden Kindern bewohnte er im Streitzeitraum ein im gemeinschaftlichen Eigentum der Ehegatten stehendes Einfamilienhaus. Das Jahresbruttoeinkommen des Antragsgegners belief sich im Jahr 2020 auf 133.618,36 EUR. Der Sohn des Antragsgegners bezog im Jahr 2020 eine Nettoausbildungsvergütung in Höhe von rund 1.200 EUR monatlich. Die Tochter des Antragsgegners besuchte bis zum Sommer 2020 die Schule und erzielte seit dem 21.9.2020 aus Erwerbstätigkeit einen Nettoverdienst in Höhe von mindestens 1.225 EUR monatlich.
In dem vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller Unterhaltsansprüche der Hilfeempfängerin in einer Gesamthöhe von zuletzt 7.126,03 EUR geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, dass der Antragsgegner aus seinen bereinigten Erwerbseinkünften und dem ihm anteilig zuzurechnenden Wohnvorteil im Zeitraum vom 1. Juli bis zum 20.9.2020 in Höhe von monatlich 1.000,71 EUR und nach dem Wegfall der vorrangigen Unterhaltspflicht für die Tochter im Zeitraum vom 21. September bis zum 31.12.2020 in Höhe von monatlich 1.337,24 EUR zur Zahlung von Elternunterhalt an die Hilfeempfängerin leistungsfähig gewesen sei. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers ist vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Zahlungsbegehren weiter.
Im Übrigen wird Bezug genommen auf die Darstellung der Entscheidung des OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.12.2023, II-3 UF 78/23 im Infobrief 11/2024
II. Die Entscheidung
Der BGH hält die Rechtsbeschwerde für begründet, hebt den angefochtenen Beschluss auf und verweist die Sache an das Beschwerdegericht, nämlich das Oberlandesgericht Düsseldorf.
Insofern führt der BGH folgendes aus:
A. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Eine Leistungsfähigkeit des Antragsgegners im Unterhaltszeitraum könne ausgehend von einem bereinigten unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen von 5.451,54 EUR (bis 20.9.2020) bzw. von 6.205,47 EUR (seit 21.9.2020) nicht festgestellt werden. Dem Antragsgegner sei ein Selbstbehalt zuzubilligen, der deutlich über seinem Einkommen liege. Es könne zum Elternunterhalt nicht mehr mit dem Selbstbehalt gemäß Anmerkung D I. zur Düsseldorfer Tabelle nach dem Stand vom 1.1.2020 gerechnet werden, weil in dieser das am 1.1.2020 in Kraft getretene Angehörigen-Entlastungsgesetz noch nicht berücksichtigt worden sei. In den Folgetabellen sei zum Selbstbehalt gegenüber Eltern ohne Benennung eines Festbetrages nur noch geregelt, dass bei dessen Bemessung Zweck und Rechtsgedanken des Angehörigen-Entlastungsgesetzes zu beachten seien. Es bestünden Wertungswidersprüche zwischen der sozialrechtlichen und der unterhaltsrechtlichen Bewertung, die sich daraus ergäben, dass ein Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger gemäß § 94 Abs. 1a SGB XII erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 EUR als angemessen erachtet werde. Zur Vermeidung dieser Wertungswidersprüche müsse dem Unterhaltsschuldner jedenfalls ein solches Nettoeinkommen verbleiben, das ein nicht in Anspruch genommener Angehöriger mit einem Bruttoeinkommen bis 100.000 EUR erzielen könne. Ob die Höhe des ihm danach zu belassenden Selbstbehalts in jedem Einzelfall konkret zu berechnen oder – was vorzugswürdig erscheine – mit Pauschalbeträgen von 5.000 EUR bzw. von 9.000 EUR (beim Zusammenleben mit einem Ehegatten) anzusetzen sei, bedürfe keiner näheren Erörterung. Denn entscheidend sei vorliegend, dass der Antragsgegner seiner Ehefrau gegenüber vorrangig unterhaltspflichtig und daher entsprechend der früheren Rechtslage ein Familienselbstbehalt anzusetzen sei. Weder bei konkreter noch bei pauschaler Bestimmung des Familienselbstbehalts könne deshalb eine Leistungsfähigkeit des Antragsgegners festgestellt werden.
B. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Die sich aus § 1601 BGB ergebende Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber seiner Mutter steht zwischen den Beteiligten außer Streit. Gegen den von dem Antragsteller in Höhe der ungedeckten Heimkosten behaupteten Unterhaltsbedarf der Hilfeempfängerin hat der Antragsgegner keine Einwendungen erhoben.
2. Es unterliegt ebenfalls keinem Streit, dass etwaige Unterhaltsansprüche der Hilfeempfängerin gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auf den Antragsteller übergegangen sind, weil der Antragsgegner ein jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 SGB IV in Höhe von mehr als 100.000 EUR bezieht und der Anspruchsübergang deshalb nicht nach § 94 Abs. 1a Satz 1 und 2 SGB XII in der Fassung von Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe vom 10.12.2019 ausgeschlossen ist.
3. Unterhaltspflichtig ist gemäß § 1603 Abs. 1 BGB allerdings nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. § 1603 Abs. 1 BGB gewährleistet grundsätzlich jedem Unterhaltspflichtigen das Verbleiben derjenigen Mittel, die er zur angemessenen Deckung des seiner Lebensstellung entsprechenden allgemeinen Bedarfs benötigt. In welcher Höhe dieser Bedarf des Verpflichteten zu bemessen ist, obliegt der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls. Das dabei gewonnene Ergebnis ist rechtsbeschwerderechtlich jedoch darauf zu überprüfen, ob es den anzuwendenden Rechtsgrundsätzen Rechnung trägt und angemessen ist. Das ist hier nicht der Fall.
a) In der ständigen Rechtsprechung des Senats haben sich die folgenden Grundsätze für die Bemessung des Selbstbehalts des unterhaltspflichtigen Kindes beim Elternunterhalt herausgebildet:
aa) Was der Unterhaltsverpflichtete im Verhältnis zu seinen Eltern für seinen eigenen angemessenen Unterhalt benötigt, muss nach den gleichen Grundsätzen bemessen werden, die auch für seine Unterhaltspflicht gelten. Maßgebend ist deshalb die Lebensstellung, die dem Einkommen, Vermögen und sozialen Rang des Verpflichteten entspricht. Hiervon ausgehend wird der gesamte individuelle Lebensbedarf einschließlich einer angemessenen Altersversorgung umfasst. Eine spürbare und dauerhafte Senkung seines berufs- und einkommenstypischen Lebensstandards braucht der Unterhaltsverpflichtete jedenfalls insoweit nicht hinzunehmen, als er nicht einen nach den Verhältnissen unangemessenen Aufwand betreibt oder ein Leben im Luxus führt. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Inanspruchnahme für den Unterhalt von Eltern in der Regel erst stattfindet, wenn der Unterhaltsverpflichtete sich selbst bereits in einem höheren Lebensalter befindet, seine Lebensverhältnisse demzufolge bereits längerfristig seinem Einkommensniveau angepasst hat, Vorsorge für sein eigenes Alter treffen möchte und dann – gegebenenfalls unerwartet – der Forderung ausgesetzt wird, sich an den für seine Eltern aufgrund deren Hilfs- und Pflegebedürftigkeit anfallenden Kosten zu beteiligen. Der Elternunterhalt kann insoweit nicht mit dem Kindesunterhalt verglichen werden, bei dem der Unterhaltspflichtige regelmäßig damit rechnen muss, seinem Kind bis zum Abschluss einer Ausbildung unterhaltspflichtig zu sein. Der Senat hat es deshalb seit jeher für geboten erachtet, dass dem Unterhaltspflichtigen mindestens ein monatlicher Freibetrag verbleibt, der den angemessenen Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern maßvoll übersteigt und der im verfahrensgegenständlichen Unterhaltszeitraum in Ziffer 21.3.3. der unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Beschwerdegerichts zum Stand vom 1.1.2020 mit monatlich 2.000 EUR angegeben war.
bb) Weil der gegenüber dem Elternunterhalt angemessene Eigenbedarf anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und unter Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse des auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Kindes zu ermitteln und nicht auf eine feste Größe ausgerichtet ist, hat es der Senat darüber hinaus als angemessen angesehen, den Kindern gegenüber ihren Eltern von dem den Freibetrag übersteigenden Einkommen einen weiteren Anteil zu belassen. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Unterhaltsanspruch der Eltern rechtlich vergleichsweise schwach ausgestaltet ist, wie bereits sein weitgehender unterhaltsrechtlicher Nachrang verdeutlicht. Durch eine solche Handhabung kann im Einzelfall ein angemessener Ausgleich zwischen dem Unterhaltsinteresse der Eltern einerseits und dem Interesse des Unterhaltspflichtigen an der Wahrung seines angemessenen Selbstbehalts andererseits bewirkt und eine ungerechtfertigte Nivellierung unterschiedlicher Verhältnisse vermieden werden. Ob und unter welchen Voraussetzungen die zumindest noch bis 2020 in den Tabellen und Leitlinien als Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen angegebenen Mindestbeträge zu erhöhen sind, hat der Senat letztlich der verantwortlichen Beurteilung des Tatrichters überlassen. Dabei hat es der Senat grundsätzlich gebilligt, wenn bei der Ermittlung des für den Elternunterhalt einzusetzenden bereinigten Einkommens allein auf einen – etwa hälftigen – Anteil des Betrages abgestellt wird, der den an sich vorgesehenen Mindestselbstbehalt übersteigt.
b) Mit diesen Grundsätzen steht die Annahme des Beschwerdegerichts, dass der Unterhaltspflichtige für seinen eigenen angemessenen Unterhalt mindestens den (konkret berechneten oder pauschaliert angesetzten) Betrag benötigt, der sich als Nettoverdienst aus einer Erwerbstätigkeit mit einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 EUR erzielen lässt, nicht in Einklang. Die von dem Beschwerdegericht für angemessen erachtete Ausrichtung des Mindestselbstbehalts an der Einkommensgrenze des § 94 Abs. 1a Satz 1 SGB XII beruht auf einem unterhaltsrechtlich systemfremden Bemessungsansatz, der in dieser Weise auch mit Wertungen des Angehörigen-Entlastungsgesetzes nicht gerechtfertigt werden kann.
aa) Nach § 94 Abs. 1a Satz 1 SGB XII dürfen – von dem Ausnahmefall des § 94 Abs. 1a Satz 6 SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt an minderjährige Kinder) abgesehen – bei allen Leistungen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch Unterhaltsansprüche der leistungsberechtigten Personen gegenüber ihren Kindern und Eltern nur dann berücksichtigt werden, wenn deren jährliches (einkommensteuerrechtliches) Gesamteinkommen im Sinne von § 16 SGB IV die Jahreseinkommensgrenze von 100.000 EUR übersteigt. Es wird nach § 94 Abs. 1a Satz 3 SGB XII vermutet, dass das Einkommen der Unterhaltspflichtigen den Grenzbetrag von 100.000 EUR nicht überschreitet. Zur Widerlegung dieser Vermutung kann der Träger der Sozialhilfe von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen zulassen (§ 94 Abs. 1a Satz 4 SGB XII).
Eine mit § 94 Abs. 1a SGB XII vergleichbare Regelung enthielt das Gesetz bis zum 31.12.2019 bereits in § 43 Abs. 5 SGB XII a.F. (vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2015: § 43 Abs. 3 SGB XII; vom 1.1.2005 bis zum 31.12.2012: § 43 Abs. 2 SGB XII), nach dem damaligen Rechtszustand allerdings beschränkt auf den Zugang zu Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Grundsicherungsleistungen). Auch nach § 43 Abs. 5 Satz 1 SGB XII a.F. blieben Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern unberücksichtigt, sofern deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne von § 16 SGB IV den Betrag von 100.000 EUR nicht überstieg. Hatte keines der Kinder des Hilfeempfängers ein Gesamteinkommen oberhalb der Einkommensgrenze von 100.000 EUR und waren auch die übrigen Voraussetzungen für den Bezug von Grundsicherung erfüllt, fand wegen der dann vom Hilfeträger erbrachten Grundsicherungsleistungen kein Anspruchsübergang statt (vgl. § 94 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB XII a.F.). Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber seinerzeit ausweislich der Gesetzesmaterialien dem Phänomen der „verschämten Altersarmut“ begegnen und die Zahl alter Menschen verringern, die außerhalb von stationären Einrichtungen lebten und ihre Sozialhilfeansprüche nur deshalb nicht geltend machten, weil sie befürchteten, dass die Behörden ihre Kinder auf Unterhaltsregress in Anspruch nehmen. Die Beschränkung des Unterhaltsrückgriffs sollte nach den erklärten Vorstellungen des Gesetzgebers somit nicht in erster Linie auf die Entlastung der Unterhaltspflichtigen zielen, sondern sie war vielmehr ein Mittel, um die Situation der Hilfeempfänger selbst zu verbessern, indem es diesen erleichtert wurde, die existenzsichernden Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Hilfebedürftige Personen in stationären Einrichtungen, die angesichts der hohen Pflegekosten eine Inanspruchnahme des Sozialhilfeträgers ohnehin nicht vermeiden konnten, blieben dabei außerhalb des Blickfeldes, weil bei ihnen keine Notwendigkeit zu erkennen war, sie bei der Überwindung von psychologischen Hemmschwellen bei der Geltendmachung von Sozialhilfeleistungen zu unterstützen.
Der durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz mit Wirkung zum 1.1.2020 in das Gesetz eingefügte § 94 Abs. 1a SGB XII hat die früher auf die Grundsicherung beschränkte Privilegierung bestimmter unterhaltspflichtiger Personen nunmehr auf die gesamte Sozialhilfe ausgeweitet und damit insbesondere auch solche Sozialhilfeleistungen erfasst, die an pflegebedürftige Personen in stationären Einrichtungen erbracht werden. Anders als noch bei §§ 43 Abs. 5, 94 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB XII a.F. stellt der Gesetzgeber bei § 94 Abs. 1a SGB XII folgerichtig nicht mehr die Bekämpfung einer „verschämten Altersarmut“, sondern die Entlastung von Angehörigen und ihren Familienmitgliedern in den Vordergrund. Insbesondere auf das Einkommen der Kinder von pflegebedürftigen Eltern soll nach den Intentionen des Gesetzgebers erst bei steuerrechtlichen Gesamteinkünften von mehr als 100.000 EUR im Jahr zurückgegriffen werden können. Die betroffenen unterhaltsverpflichteten Kinder und Eltern sowie deren Familien sollen durch die Reform mehr finanziellen Freiraum erhalten und die Solidargemeinschaft soll stärker in die Verantwortung genommen werden.
bb) Die Neuregelung in § 94 Abs. 1a SGB XII hat in unterhaltsrechtlicher Hinsicht zunächst Auswirkungen auf die Beurteilung der Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Elternteils.
Nach § 94 Abs. 1a Satz 1 SGB XII werden Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch beim Vorliegen der Voraussetzungen unabhängig von etwaigen Unterhaltsansprüchen gegen Eltern und Kinder mit einem jährlichen Gesamteinkommen von nicht mehr als 100.000 EUR gewährt. Der Ausschluss des Anspruchsübergangs in § 94 Abs. 1a Satz 2 SGB XII bewirkt, dass der Sozialhilfeträger den gesetzlichen Nachrang der Sozialhilfe gegenüber den privilegierten Eltern und Kindern nicht mehr durchsetzen kann.
Der Senat hat bereits zu den inhaltlich weitgehend identischen, wenn auch seinerzeit auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch beschränkten Regelungen erkannt, dass Grundsicherungsleistungen, die unabhängig von etwaigen Unterhaltsansprüchen gegen Eltern und Kinder gewährt wurden, dem Unterhaltsanspruch gegenüber nicht mehr als nachrangig anzusehen waren, sondern als bedarfsdeckendes Einkommen des Leistungsempfängers zu gelten hatten. Aus diesem Verständnis vom Vorrang der Grundsicherungsleistungen hat der Senat hergeleitet, dass für den unterhaltsberechtigten Elternteil grundsätzlich eine Obliegenheit zur Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen bestand und eine Verletzung dieser Obliegenheit die Anrechnung fiktiver Einkünfte in der Höhe der entgangenen Grundsicherung nach sich ziehen konnte. Angesichts der identischen Regelungstechnik und der erklärten Intention des Gesetzgebers, die staatliche Gemeinschaft für den Unterhalt von pflegebedürftigen Eltern der durch die Einkommensgrenze privilegierten Kinder in die Verantwortung nehmen zu wollen, erscheint es folgerichtig, die Rechtsprechung des Senats zu §§ 43 Abs. 5, 94 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB XII a.F. auch auf die Rechtslage nach Inkrafttreten des § 94 Abs. 1a SGB XII zu übertragen. Daher können unterhaltspflichtige Kinder mit einem jährlichen Gesamteinkommen von nicht mehr als 100.000 EUR ihre Eltern darauf verweisen, ihre unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit durch die Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialhilfe zu beseitigen.
cc) Ungeklärt ist demgegenüber bislang, ob und gegebenenfalls welche Auswirkungen die durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz geschaffene Rechtslage für den Zeitraum nach dem Inkrafttreten am 1.1.2020 auf die unterhaltsrechtliche Beurteilung der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Kindes hat. Umstritten ist dabei vor allem, ob beim Elternunterhalt weiterhin von den Mindestselbstbehalten ausgegangen werden kann, die noch bis zum Jahr 2020 in der Anmerkung zur Düsseldorfer Tabelle und in allen
(1) Die Düsseldorfer Tabelle enthält in ihrer Anmerkung D I. seit dem Jahr 2021 keine betragsmäßigen Festlegungen zum angemessenen Eigenbedarf unterhaltspflichtiger Kinder gegenüber den Eltern mehr, sondern verweist für dessen Bemessung allein auf „Zweck und Rechtsgedanken“ des Angehörigen-Entlastungsgesetzes. In gleicher Weise verfahren im Jahr 2024 die meisten unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte. Demgegenüber haben einige unterhaltsrechtliche Leitlinien auch nach 2020 durchgehend einen konkret bezifferten Betrag für den Mindestselbstbehalt beim Elternunterhalt bestimmt und diesen für die Jahre 2021 bis 2022 mit 2.000 EUR, für das Jahr 2023 mit 2.500 EUR und für das Jahr 2024 mit 2.650 EUR ausgewiesen (Oberlandesgerichte Braunschweig, Dresden, Koblenz, Rostock). Die Leitlinien des Oberlandesgerichts Schleswig enthalten erstmals seit dem Jahr 2024 wieder einen betragsmäßig festgelegten Mindestselbstbehalt in Höhe von 2.650 EUR. Die Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm verhalten sich seit 2022 zur Frage des Selbstbehalts beim Elternunterhalt überhaupt nicht mehr.
(2) Es entspricht einer verbreiteten Ansicht, dass der dem unterhaltspflichtigen Kind bislang in den Leitlinien und Tabellen zugebilligte angemessene Eigenbedarf nach dem großzügigen Maßstab der durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz geschaffenen neuen Gesetzeslage anzupassen und signifikant anzuheben sei. Überwiegend wird dabei – mit dem Beschwerdegericht – der Ansatz vertreten, den angemessenen Selbstbehalt beim Elternunterhalt künftig an dem Nettobetrag zu orientieren, der sich überschlägig aus einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 EUR nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben errechnen lässt, so dass ein Mindestselbsthalt von wenigstens 5.000 EUR bis 5.500 EUR für als angemessen anzusehen sei. Als Korrektiv für die Festsetzung eines pauschalen Mindestselbstbehalts in dieser Höhe wird vorgeschlagen, mit Ausnahme von Altersvorsorgeaufwendungen und vorrangigen Unterhaltspflichten grundsätzlich keine weiteren Abzüge vom Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen mehr vorzunehmen und auch auf die bisherige Praxis zu verzichten, ihm von dem seinen Freibetrag übersteigenden Einkünften einen weiteren – üblicherweise hälftigen – Anteil zusätzlich zu belassen.
Nach dieser Auffassung soll der Gesetzgeber mit der Einkommensgrenze des § 94 Abs. 1a SGB XII in typisierender Weise zu erkennen gegeben haben, dass bei einem unterhalb von 100.000 EUR liegenden Jahreseinkommen weitere Unterhaltsleistungen nicht ohne eine signifikante Einschränkung der eigenen angemessenen Lebensstellung aufgebracht werden könnten. Es sei auch unterhaltsrechtlich zu respektieren, dass der Gesetzgeber dem Kind ein Nettoeinkommen von rund 5.000 EUR belassen wolle, ohne dass dieses eine Inanspruchnahme auf Elternunterhalt fürchten müsse. Selbstbehalte in dieser Größenordnung harmonierten mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der im Sinne einer tatsächlichen Vermutung bei Ehegatten von einem vollständigen Verbrauch des Familieneinkommens auszugehen sei, solange dieses einen Betrag von 11.000 EUR nicht überschreite; gelte diese Vermutung für den Ehegattenunterhalt, könne beim Verwandtenunterhalt kein engerer Maßstab gelten. Es müsse zudem in Geschwisterfällen zu erheblichen, mit Blick auf Art. 3 GG auch verfassungsrechtlich bedenklichen Verwerfungen führen, wenn ein Kind mit einem Einkommen von 100.000 EUR von einer Inanspruchnahme auf Elternunterhalt verschont bliebe, während ein anderes Kind mit einem Einkommen von 100.001 EUR wegen eines Einkommensunterschiedes von nur einem EUR in erheblichem Umfang zu Unterhaltszahlungen an die Eltern herangezogen werden könnte.
(3) Demgegenüber lehnt eine abweichende Ansicht im Schrifttum die Ausrichtung des angemessenen Selbstbehalts im Elternunterhalt an der Einkommensgrenze des § 94 Abs. 1a SGB XII als systemwidrig ab.
Die Vertreter dieser Auffassung berufen sich insbesondere darauf, dass die vom Gesetzgeber in § 94 Abs. 1a SGB XII angeordnete Freistellung der privilegierten Kinder vom Unterhaltsregress des Sozialhilfeträgers gerade das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs voraussetze. Die Ausrichtung des Selbstbehalts an der Einkommensgrenze von 100.000 EUR führe demgegenüber dazu, dass der Anspruchsübergang, um den es bei § 94 Abs. 1a SGB XII eigentlich gehe, gar nicht mehr geprüft werden müsse. Sie berücksichtige nicht, dass unterhaltsrechtlicher und sozialhilferechtlich anzuerkennender Bedarf des hilfebedürftigen Elternteils auseinanderfallen könnten und verändere zudem die Haftungsverteilung unter mehreren Kindern nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB in der Weise, dass das oberhalb der Einkommensgrenze verdienende Kind gegebenenfalls den gesamten Unterhalt allein zahlen müsse.
dd) Der letztgenannten Auffassung ist im Ergebnis zu folgen.
(1) Im rechtlichen Ausgangspunkt ist dem Wortlaut des Grundgesetzes zwar keine Pflicht der Kinder zu entnehmen, ihren Eltern Unterhalt zu gewähren. Art. 6 Abs. 1 GG stellt allerdings die Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. In Ausgestaltung familiärer Verantwortlichkeit ist es dem Gesetzgeber deshalb von Verfassungs wegen nicht verwehrt, nicht nur den Eltern Unterhaltspflichten gegenüber ihren Kindern aufzuerlegen, sondern auch Kindern gegenüber Eltern, wenn diese zur eigenen Unterhaltssicherung nicht in der Lage sind (vgl. BVerfG FamRZ 2005, 1051, 1054). Der Umstand, dass der Träger der Sozialhilfe für gewährte Hilfen in den Zeiträumen seit dem Inkrafttreten des Angehörigen-Entlastungsgesetzes am 1.1.2020 keinen Rückgriff auf die durch die Jahreseinkommensgrenze von 100.000 EUR privilegierten Kinder mehr nehmen kann, hat die bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflichten von Kindern gegenüber ihren Eltern – als Ausdruck der familiären Beziehungen und Bindungen – unberührt gelassen. Mit seiner Entscheidung, das bürgerliche Unterhaltsrecht nicht zu ändern, hat der Gesetzgeber gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass er die rechtsethische Legitimation des Elternunterhalts weiterhin nicht in Frage stellt und ein berechtigtes Unterhaltsinteresse hilfebedürftig gewordener Eltern anerkennt, welches in einen angemessenen Ausgleich mit den Interessen der unterhaltspflichtigen Kinder zu bringen ist.
(2) Die durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz geschaffene Rechtslage zielt nicht auf eine Begünstigung von Angehörigen, welche mit ihren Einkünften die Jahreseinkommensgrenze von 100.000 EUR überschreiten.
(a) Die Einkommensgrenze von 100.000 EUR geht zurück auf § 2 Abs. 1 Satz 3 des am 1.1.2003 in Kraft getretenen Gesetzes über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsgesetz) vom 26.6.2001, dessen Regelungsgehalt zum 1.1.2005 in das Vierte Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch übernommen wurde. In dem Gesetzgebungsverfahren, welches in den Erlass des Grundsicherungsgesetzes mündete, war zunächst vorgesehen, nach § 91 Abs. 1 des damals geltenden Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) einen Absatz 1a einzufügen, der bei Leistungen der Grundsicherung einen vollständigen Verzicht auf die Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen regeln sollte. Dies änderte sich auch mit der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, die für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die Einführung des Grundsicherungsgesetzes als eigenständiges Leistungsgesetz vorsah, zunächst noch nicht. Erst nach Ablehnung des Gesetzes durch den Bundesrat wurde durch einen im Vermittlungsausschuss gefundenen Kompromiss der Verzicht auf die Inanspruchnahme von Unterhaltspflichtigen durch § 2 Abs. 1 Satz 3 GSiG in der Weise eingeschränkt, dass bei einem Jahreseinkommen eines Kindes oder eines Elternteils von mehr als 100.000 EUR kein Anspruch auf Grundsicherung bestehen sollte. Diese Regelung beruhte auf der Vorstellung, dass der Lebensunterhalt des Leistungsberechtigten vorrangig vor der Grundsicherung durch Verwandtenunterhalt sichergestellt werden kann, wenn mindestens ein Kind oder Elternteil vorhanden ist, welches über ein besonders hohes Einkommen verfügt. Es sollte gewährleistet sein, dass solche hohen Einkommen nicht vom Unterhaltsrückgriff befreit werden.
Konnte sich der Verzicht auf die Inanspruchnahme von Unterhaltspflichtigen bei der Grundsicherung angesichts der großzügig bemessenen Selbstbehalte im Elternunterhalt im Ergebnis ohnehin nur zugunsten von besserverdienenden Kindern auswirken, war die nachträgliche Einführung der Jahreseinkommensgrenze von 100.000 EUR erkennbar von der – sowohl sozialpolitischen als auch fiskalischen – Erwägung getragen, dass zumindest unterhaltspflichtige Kinder mit besonders hohen Einkünften nicht auf Kosten der Solidargemeinschaft vom Einsatz steuerfinanzierter Mittel zur Existenzsicherung ihrer unterhaltsberechtigten Eltern profitieren sollten. Insoweit hatte es der Gesetzgeber schon bei Erlass des Grundsicherungsgesetzes bewusst in Kauf genommen, dass das erklärte Gesetzesziel – nämlich die Bekämpfung der „verschämten Altersarmut“ – bei den hilfebedürftigen Eltern besonders gutverdienender Kinder nicht verwirklicht werden konnte, also gerade in solchen Fällen, in denen sich der Abstand zwischen dem ökonomischen Erfolg des unterhaltspflichtigen Kindes und dem eigenen gesellschaftlichen Scheitern für alte Menschen oftmals als besonders kränkend darstellen musste.
(b) Auch wenn das Gesetz nach der Umgestaltung der Rechtslage durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz nicht mehr in erster Linie die Bekämpfung „verschämter Altersarmut“ verfolgt, sondern nunmehr erklärtermaßen auf eine Entlastung von unterhaltspflichtigen Kindern und ihrer Familienmitglieder abzielt, lässt dies für sich genommen noch nicht auf den Willen des Gesetzgebers schließen, dieses Gesetzesziel – und sei es nur mittelbar – auch in Bezug auf besonders gutverdienende Unterhaltspflichtige verwirklichen zu wollen. Der Gesetzgeber hat den Verzicht auf den Unterhaltsregress unverändert wie nach dem früheren Rechtszustand daran geknüpft, dass das unterhaltspflichtige Kind mit seinen Einkünften die Einkommensgrenze von 100.000 EUR nicht überschreitet, so dass anzunehmen ist, dass dieser Regelung auch die gleichen sozialpolitischen und fiskalischen Erwägungen zugrunde liegen. Die Rechtsstellung unterhaltspflichtiger Kinder mit einem Jahreseinkommen von mehr als 100.000 EUR erfährt – wie nach dem früheren Rechtszustand – durch die sozialhilferechtlichen Bestimmungen zum eingeschränkten Regressverzicht zwar insoweit eine Begünstigung, als die Vermutung unzureichenden Einkommens gemäß § 94 Abs. 1a Satz 3 SGB XII zunächst auch zu ihren Gunsten gilt und vom Träger der Sozialhilfe widerlegt werden muss. Darüber hinaus lässt sich dem Gesetz aber keine Wertung dahingehend entnehmen, dass den besonders einkommensstarken Kindern auf jeden Fall ein Nettoeinkommen verbleiben müsse, welches ein von dem Ausschluss des Anspruchsübergangs nach § 94 Abs. 1a SGB XII maximal begünstigtes Kind mit einem steuerrechtlichen Jahresbruttoeinkommen von 100.000 EUR erzielen könnte.
(c) Der Umfang der sozialhilferechtlichen Rückgriffsmöglichkeiten kann dabei schon im Grundsatz nicht unmittelbar dafür maßgeblich sein, welchen Umfang die zivilrechtliche Unterhaltspflicht hat. Denn der Regress knüpft an das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs an, was umgekehrt nicht der Fall ist. Ordnet das Gesetz daher in § 94 Abs. 1a Satz 1 und 2 SGB XII an, dass Unterhaltsansprüche gegenüber unterhaltspflichtigen Kindern mit einem Jahreseinkommen von nicht mehr als 100.000 EUR nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen, stellt das Sozialhilferecht – ungeachtet der mit dem Regressverzicht verfolgten gesetzgeberischen Ziele – nicht in Frage, dass auch die durch die Einkommensgrenze privilegierten Kinder ihren Eltern gegenüber zivilrechtlich zum Unterhalt verpflichtet sein können. Es ist dann bereits ein logischer Widerspruch, aus dem gleichen Gesetz die Wertung entnehmen zu wollen, dass der bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch der Eltern gegenüber einem privilegierten Kind schon im Vorfeld des Regressverzichts an dessen mangelnder unterhaltsrechtlicher Leistungsfähigkeit scheitern müsste.
(d) Überschreitet das unterhaltspflichtige Kind mit seinen Einkünften die Jahreseinkommensgrenze des § 94 Abs. 1a Satz 1 SGB XII, gehen nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes die gesamten Unterhaltsansprüche des unterhaltsberechtigten Elternteils nach § 94 Abs. 1 SGB XII auf den Sozialhilfeträger über, also nicht nur der Teil, der sich auf das über 100.000 EUR liegende Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes bezieht. Hätte der Gesetzgeber etwas anderes gewollt, hätte er dies anordnen können (vgl. Hauck/Noftz/Kirchhoff SGB XII [Stand: 2022] § 94 Rn 186 mit Formulierungsbeispiel: „Ist die … Vermutung widerlegt, geht der Unterhaltsanspruch über, soweit die zum Unterhalt verpflichteten Personen aus ihrem über der Jahreseinkommensgrenze [liegenden Einkommen] zum Unterhalt verpflichtet sind.“). Da der Gesetzgeber indessen von einer derartigen Regelung bewusst abgesehen hat, können weder das Gesetz noch dessen Sinn und Zweck als Begründung dafür herangezogen werden, das wirtschaftliche Ergebnis eines solcherart erweiterten Regressverzichts über das Unterhaltsrecht herbeizuführen.
(e) Die weitgehende Unvereinbarkeit zwischen unterhaltsrechtlicher und sozialhilferechtlicher Beurteilung der Zumutbarkeit von Unterhaltszahlungen am Maßstab einer festen Einkommensgrenze würde bei der vom Beschwerdegericht für angemessen erachteten Festlegung eines Mindestselbstbehalts von 5.000 EUR (bzw. eines Familienmindestselbstbehalts von 9.000 EUR) demgegenüber faktisch zu einer deutlichen Erhöhung der den Unterhaltsrückgriff ausschließenden Jahreseinkommensgrenze von 100.000 EUR führen.
Dies verdeutlichen gerade die im Streitfall obwaltenden Umstände: Selbst ein alleinstehender Unterhaltspflichtiger könnte mit dem von dem Antragsgegner durch eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit erzielten Jahresbruttoeinkommen in Höhe von rund 133.618 EUR bei einem ihm zu belassenen Mindestselbstbehalt von 5.000 EUR in der Regel nicht mehr zum Elternunterhalt herangezogen werden. Auf dieses Einkommen wären im Jahr 2020 bei Steuerklasse I/0,0 Lohnsteuer in Höhe von 41.859 EUR, Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.302,24 EUR und Sozialabgaben in Höhe von 14.276,81 EUR zu entrichten gewesen. Bereinigte man das nach diesen gesetzlichen Abzügen verbleibende Jahresnettoeinkommen in Höhe von rund 75.180 EUR anschließend (lediglich) um die unterhaltsrechtlich zulässigen vermögensbildendende Aufwendungen des gegenüber seinen Eltern unterhaltspflichtigen Kindes in Höhe von rund 16.133 EUR (entspricht 5 % von 82.800 EUR [Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 2020] zuzüglich 23,6 % von 50.818 EUR [133.618 EUR – 82.800 EUR]), würde schon dies allein eine Unterschreitung des vom Beschwerdegericht für angemessen befundenen Mindestselbstbehalts von 5.000 EUR herbeiführen (1/12 * [75.180 EUR – 16.133 EUR] = 4.920,58 EUR), ohne dass es für die Frage der Leistungsfähigkeit des Kindes überhaupt noch auf das Bestehen vorrangiger Unterhaltspflichten, berufsbedingter Aufwendungen oder sonstiger Verbindlichkeiten ankäme. Ein unterhaltspflichtiges Kind könnte in einer kinderlosen Alleinverdienerehe sogar das Doppelte des vom Antragsgegner bezogenen steuerrechtlichen Bruttoeinkommens (267.236 EUR) erzielen, ohne dass ihm – nach Abzug von Steuern nach Steuerklasse III/0,0, Sozialabgaben und den von der Rechtsprechung des Senats anerkannten vermögensbildenden Aufwendungen – bei einem Familienmindestselbsthalt von 9.000 EUR eine Heranziehung zum Elternunterhalt drohen würde.
(f) In diesem Zusammenhang weist die Rechtsbeschwerde schließlich mit Recht auf die Ausführungen in der Gesetzesbegründung zu den erwarteten Haushaltskosten hin, die sich ausdrücklich nur auf die Kosten der Freistellung der privilegierten Kinder vom Unterhaltsrückgriff beziehen und keine weitergehende Belastung der öffentlichen Haushalte durch einen möglicherweise kaum noch durchsetzbaren Unterhaltsrückgriff auf besonders gutverdienende Kinder mit einem Jahreseinkommen von mehr als 100.000 EUR in den Blick nehmen.
(3) Eine Ausrichtung des unterhaltsrechtlichen Mindestselbstbehalts an der Einkommensgrenze des § 94 Abs. 1a Satz 1 SGB XII ist auch nicht geboten, um verfassungsrechtlich bedenkliche Verwerfungen bei der Ungleichbehandlung von Kindern mit steuerrechtlichen Einkünften knapp oberhalb und knapp unterhalb der Jahreseinkommensgrenze von 100.000 EUR zu vermeiden.
(a) Die in § 94 Abs. 1a Satz 1 SGB XII festgelegte Jahreseinkommensgrenze von 100.000 EUR ist vom Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers und seiner Befugnis zu Typisierungen gedeckt. Mit der Regelung bezweckt der Gesetzgeber in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise, den in § 2 SGB XII normierten Nachrang der Sozialhilfe gegenüber Unterhaltsansprüchen gegen typischerweise besonders einkommensstarke Kinder oder Eltern aufrechtzuerhalten und diese weiterhin vorrangig vor steuerfinanzierten Sozialleistungen für die Deckung des Unterhaltsbedarfs ihrer hilfebedürftig gewordenen Angehörigen heranziehen zu können. Zwar hat der Umstand, dass der Unterhaltspflichtige ein einkommenssteuerrechtliches Bruttoeinkommen in einer bestimmten Höhe erzielt, für die Beurteilung seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit nur eine eingeschränkte Aussagekraft, weil diese maßgeblich auch von anderen Faktoren – beispielsweise dem Bestehen von vorrangigen Unterhaltspflichten, Kreditverbindlichkeiten oder vermögensbildenden Aufwendungen, dem Vorhandensein von Wohnvorteilen oder der (teilweisen) Bedarfsdeckung durch Familienunterhalt. Weil der Gesetzgeber aber andererseits – wie § 94 Abs. 1a Satz 3 bis 5 SGB XII verdeutlicht – die informationellen Selbstbestimmungsrechte des Leistungsberechtigten und seiner unterhaltspflichtigen Eltern und Kinder bei der Prüfung der Regressmöglichkeiten durch den Sozialhilfeträger stärken wollte, durfte er dem Bedürfnis Rechnung tragen, den Ausschluss des Anspruchsübergangs an das rechtssichere und ohne großen Nachforschungsaufwand überprüfbare Kriterium des einkommenssteuerrechtlichen Gesamteinkommens zu knüpfen.
(b) Jeder Einkommensgrenze ist es immanent, dass diejenigen Normadressaten, die sie knapp nicht erreichen, dadurch von einer gewissen Härte betroffen sind. Eine darüberhinausgehende Härte beim Unterhaltsrückgriff auf besonders gutverdienende Kinder ist selbst in den sogenannten Geschwisterfällen nicht zu besorgen, und zwar auch nicht im Hinblick auf eine mögliche Gefährdung des familiären Zusammenhalts.
Sind die durch die Einkommensgrenze nach § 94 Abs. 1a Satz 1 SGB XII privilegierten Kinder aus der Sicht des Unterhaltsrechts in der Lage, mit ihrem unterhalb des Grenzbetrages von 100.000 EUR liegenden Bruttoeinkommens zum Unterhalt des hilfebedürftigen Elternteils beizutragen, beschränkt sich die zivilrechtliche Unterhaltspflicht des nicht privilegierten Geschwisterkindes bei einer Mehrzahl von leistungsfähigen Unterhaltspflichtigen der Höhe nach von vornherein auf einen nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB bemessenen Haftungsanteil am gesamten Bedarf des Leistungsberechtigten. Schon der Umstand, dass der unterhaltsrechtlich nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB von den privilegierten Geschwistern geschuldete Unterhaltsanteil nicht dem zum Unterhaltsregress herangezogenen Kind, sondern dem Sozialhilfeträger auferlegt wird, trägt wesentlich zur Vermeidung eines innerfamiliären Streits der anteilig haftenden Geschwister untereinander bei. Wird demgegenüber der unterhaltsrechtliche Mindestselbstbehalt an der Einkommensgrenze des § 94 Abs. 1a Satz 1 SGB XII ausgerichtet, könnte sich das dem Unterhaltsregress ausgesetzte Kind nicht auf bestehende (aber nicht übergegangene) Ansprüche gegen seine ebenfalls gut, aber nicht mehr als 100.000 EUR verdienenden Geschwister berufen, sondern müsste gegebenenfalls den gesamten Unterhalt im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit allein aufbringen.
(4) Schließlich findet die vom Beschwerdegericht für angemessen erachtete Ausrichtung der Mindestselbstbehalte an der Einkommensgrenze des § 94 Abs. 1a Satz 1 SGB XII auch in der Rechtsprechung des Senats zum (vermuteten) Verbrauch des Familieneinkommens durch Ehegatten bei besonders guten Einkommensverhältnissen keine Stütze.
(a) Der Senat hat es im Hinblick auf eine praktikable Bewältigung des Massenphänomens Unterhalt in mehreren Entscheidungen aus rechtsbeschwerderechtlicher Sicht nicht beanstandet, wenn der Tatrichter von einer tatsächlichen Vermutung für den vollständigen Verbrauch des für Konsumzwecke zur Verfügung stehenden unterhaltsrelevanten Familieneinkommens ausgeht, soweit dieses das Doppelte des höchsten Einkommensbetrags der Düsseldorfer Tabelle (in seiner früheren Tabellenstruktur) nicht übersteigt, was einem Betrag von 11.000 EUR entspricht. Soweit diese tatsächliche Vermutung reicht, darf der unterhaltsberechtigte Ehegatte seinen Unterhaltsbedarf nach der schematischen Quotenmethode ermitteln, ohne zusätzlich vortragen zu müssen, dass und in welchem Umfang die hohen Einkünfte für Konsumzwecke verwendet worden sind.
(b) Diese Ausführungen zur Bedarfsbemessung beim Ehegattenunterhalt stehen indessen in einem unterhaltsrechtlichen Zusammenhang, der für die Beurteilung der Frage nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen beim Verwandtenunterhalt nichts beizutragen vermag. Das erschließt sich schon daraus, dass das von der Verbrauchsvermutung erfasste Familieneinkommen erst durch Bereinigung der vorhandenen Einkünfte um berufsbedingte Aufwendungen, berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, vorrangigen Kindesunterhalt und sonstige eheprägende Unterhaltsverpflichtungen ermittelt werden kann. Zu diesen eheprägenden Unterhaltsverpflichtungen können aber gerade auch nachrangige Unterhaltsansprüche – wie der Elternunterhalt – gehören.
Der Umstand, dass bei Ehegatten bis zur Höhe von rund 11.000 EUR eine tatsächliche Vermutung für den vollständigen Verbrauch des Familieneinkommens zu Konsumzwecken besteht, lässt im Übrigen auch nicht den Rückschluss darauf zu, dass sich ein unterhaltsberechtigter Elternteil, demgegenüber sich der verheiratete Unterhaltspflichtige auf fehlende Leistungsfähigkeit beruft, einen beliebigen Konsum in dieser Größenordnung unterhaltsrechtlich ohne weiteres entgegenhalten lassen müsste. Diese Folgerung wäre trotz der schwachen Ausgestaltung des Elternunterhalts nicht gerechtfertigt, da sie die berechtigten Unterhaltsinteressen des hilfebedürftig gewordenen Elternteils vollständig hintanstellen würde. Deshalb kann auch die vom Senat gebrauchte Wendung, dass der Unterhaltspflichtige bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt keine spürbare und dauerhafte Senkung seines berufs- und einkommenstypischen Unterhaltsniveaus hinzunehmen braucht, nicht dahingehend interpretiert werden, dass dem unterhaltspflichtigen Kind gegenüber seinen Eltern praktisch kein nennenswerter Konsumverzicht zugemutet werden könnte.
Konkrete Umstände des Einzelfalles und unter Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse
c) Der Senat hält daran fest, dass ein Ausgleich zwischen den Unterhaltsinteressen des hilfebedürftigen Elternteils und dem Interesse des unterhaltspflichtigen Kindes an der Aufrechterhaltung seines berufs- und einkommenstypischen Lebensstandards nur dadurch gefunden werden kann, dass der angemessene Eigenbedarf anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und unter Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse, die bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt vorliegen, zu ermitteln ist. Das setzt voraus, dass zum einen von den Einkünften des Kindes die vorrangigen Unterhaltsverpflichtungen sowie die – nach den großzügigen Maßstäben des Elternunterhalts – berücksichtigungswürdigen Belastungen und vermögensbildenden Aufwendungen abgezogen werden und dass zum anderen dem Kind von dem auf diese Weise bereinigten Einkommen ein individuell bemessener Betrag belassen wird, der sich aus einem Mindestselbstbehalt und einem Bruchteil des diesen Freibetrag übersteigenden Einkommens zusammensetzt. Auch für Unterhaltszeiträume nach dem Inkrafttreten des Angehörigen-Entlastungsgesetzes am 1.1.2020 bleibt es dabei, dass beim Elternunterhalt weiterhin durchschnittliche Einkommensverhältnisse den Bezugspunkt für die Bemessung des Mindestselbstbehalts bilden. Der Mindestselbstbehalt kann nicht in einer Weise angehoben werden, dass dies eine weitgehende Nivellierung unterschiedlicher Verhältnisse bei den unterhaltspflichtigen Kindern zur Folge hätte, bei denen es (von sehr wenigen Spitzenverdienern abgesehen) auf die tatsächliche Höhe des Einkommens und auf das Bestehen von vorrangigen Unterhaltspflichten oder sonstigen Verbindlichkeiten praktisch nicht mehr ankommt.
C. Da das Beschwerdegericht den angemessenen Eigenbedarf des Antragsgegners hiernach nicht rechtsfehlerfrei ermittelt hat, kann die angefochtene Entscheidung insgesamt keinen Bestand haben. Sie ist gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben und die Sache ist nach § 74 Abs. 6 Satz 1 und 2 FamFG an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist.
1. Hinsichtlich der Höhe des Mindestselbstbehalts dürfte der in Anmerkung D I. zur Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1.1.2020) für den Elternunterhalt noch ausgewiesene Betrag von 2.000 EUR rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden sein. Der Mindestselbstbehalt beim Elternunterhalt muss zwar gegenüber dem Selbstbehalt beim (Ausbildungs-)Unterhalt für volljährige Kinder einen konstanten Zuschlag aufweisen, darf zu diesem allerdings auch nicht außer Verhältnis stehen. Diesem Erfordernis dürften die in einigen unterhaltsrechtlichen Leitlinien für den Zeitraum ab 2023 festgesetzten Mindestselbstbehalte (gerade noch) entsprechen.
Welcher Anteil seines den Mindestselbstbehalt übersteigenden bereinigten Einkommens von dem Unterhaltspflichtigen für Zwecke des Elternunterhalts einzusetzen ist, hat der Senat der verantwortlichen Beurteilung des Tatrichters überlassen. Soweit es der Senat grundsätzlich nicht als rechtsfehlerhaft angesehen hat, dem Unterhaltspflichtigen beim Elternunterhalt etwa die Hälfte des den Mindestselbstbehalt übersteigenden Einkommens zusätzlich zu belassen, hat er sich dabei unter anderem auf die seinerzeitigen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge bezogen. Schon in diesen Empfehlungen sind für besondere Lebenssituationen der Unterhaltspflichtigen mögliche Abweichungen von der „50 %-Regel“ vorgeschlagen worden, so dass beispielsweise dann ein niedrigerer Unterhalt erwogen werden sollte, wenn eine Haushaltsgemeinschaft mit dem Unterhaltsberechtigten wegen dessen Gebrechlichkeit eine besondere Belastung für den Unterhaltspflichtigen darstellte.
Der in § 94 Abs. 1a SGB XII bestimmte Regressverzicht soll ausweislich der Materialien zum Angehörigen-Entlastungsgesetz insbesondere als Signal dafür verstanden werden, dass „die Gesellschaft die Belastung von Angehörigen, beispielsweise durch Pflegebedürftige, anerkennt“. Soweit der Gesetzgeber dadurch in generalisierender Weise zum Ausdruck bringt, dass er es für gerechtfertigt hält, unterhaltspflichtigen Kindern von hilfebedürftig gewordenen Eltern als Anerkennung für die von ihnen getragenen Belastungen künftig einen zusätzlichen finanziellen Freiraum zu verschaffen, muss auch das Unterhaltsrecht – gerade im Hinblick auf die gestiegenen Pflegekosten und den damit verbundenen steigenden Unterhaltsbedarf pflegebedürftig gewordener Eltern – daran nicht vollständig vorbeigehen. Es dürfte deshalb aus Rechtsgründen grundsätzlich nicht zu beanstanden sein, wenn es der Tatrichter für Zeiträume nach dem Inkrafttreten des Angehörigen-Entlastungsgesetzes mit Rücksicht auf die darin enthaltenen Grundgedanken als angemessen ansieht, dem Unterhaltspflichtigen einen über die Hälfte hinausgehenden Anteil – etwa 70 % – des seinen Mindestselbstbehalt übersteigenden bereinigten Einkommens zusätzlich zu belassen.
2. Auch die Einkommensermittlung durch das Beschwerdegericht ist nicht in jeder Hinsicht frei von rechtlichen Bedenken.
a) Rechtsfehlerfrei ist das Beschwerdegericht zwar davon ausgegangen, dass der Wohnwert bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt nicht mit der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete, sondern auf der Grundlage der unter den gegebenen Verhältnissen ersparten Miete zu bemessen ist. Soweit das Beschwerdegericht dabei die Berechnung des Amtsgerichts gebilligt hat, den angemessenen Wohnwert des von dem Antragsgegner und seiner Frau bewohnten Familienheims auf der Grundlage ersparter Mietaufwendungen eines Zweipersonenhaushalts in einer 90 qm großen Mietwohnung zu bestimmen, ist auch hiergegen aus Rechtsgründen grundsätzlich nichts zu erinnern. Zutreffend beanstandet die Rechtsbeschwerde allerdings, dass das Beschwerdegericht für den Zeitraum zwischen dem 1.7.2020 und dem 20.9.2020 nicht einerseits den im Familienheim gedeckten Wohnbedarf der volljährigen Tochter bei der Bemessung des angemessenen Wohnwerts unberücksichtigt lassen, aber andererseits den vollen – und einen Wohnkostenanteil enthaltenden – Unterhaltsbedarf der Tochter vom Einkommen des Antragsgegners absetzen durfte.
b) Die vom Amtsgericht gewählte und vom Beschwerdegericht gebilligte Berechnungsweise, für den die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung übersteigenden Anteil am Bruttoeinkommen des Antragsgegners pauschal 25 % als zusätzliche Altersvorsorge in Ansatz zu bringen, steht nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats. Für den Einkommensteil oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze kann beim Elternunterhalt eine zusätzliche Altersvorsorge von 23,6 % (entspricht 18,6 % als seit 2018 unveränderter Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung zuzüglich 5 % zusätzlicher Altersvorsorge) betrieben werden. Bei der Bemessung des vom Einkommen des Antragsgegners vorrangig abzuziehenden Unterhaltsbedarfs der volljährigen Tochter ist demgegenüber – insoweit für den Antragsgegner günstig – auch zu berücksichtigen, dass sich diese innerhalb der Beitragsbemessungsgrenze lediglich 4 % und oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze nur 22,6 % des Bruttoeinkommens als zusätzliche Altersvorsorge ihres Vaters entgegenhalten lassen muss.
III. Der Praxistipp
Das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 4.12.2023 – II-3 UF 78/23) als auch das OLG München (Beschl. v. 6.3.2024 – 2 UF 1201/23e) gingen von einem Selbstbehalt i.H.v. 5.500 EUR monatlich unter Bezugnahme auf die entsprechende unterhaltsrechtliche Entscheidung des BGH zur konkreten Bedarfsermittlung aus.
Der BGH erteilt dem eine Absage.
Er macht deutlich, dass die durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz geschaffene Rechtslage nicht auf eine Begünstigung von Angehörigen abziele, welche mit ihren Einkünften die Jahres-Einkommensgrenze von 100.000 EUR überschreiten. Er führt aus, dass die weitgehende Unvereinbarkeit zwischen unterhaltsrechtlicher und sozialhilferechtlicher Beurteilung der Zumutbarkeit von Unterhaltszahlungen am Maßstab einer festen Einkommensgrenze bei der vom Beschwerdegericht für angemessen erachteten Festlegung eines Mindestselbstbehalts von 5.000 EUR bzw. eines Familienmindestselbstbehalts von 9.000 EUR demgegenüber faktisch zu einer deutlichen Erhöhung der den Unterhalt ausschließenden Jahres-Einkommensgrenze von 100.000 EUR führen würde. Schließlich stünden die Ausführungen zur Bedarfsbemessung beim Ehegattenunterhalt in einem unterhaltsrechtlichen Zusammenhang, der für die Beurteilung der Frage nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen beim Verwandtenunterhalt nichts beizutragen vermag. Dies erschließe sich schon daraus, dass das von der Verbrauchsvermutung erfasste Familieneinkommen erst durch Bereinigung der vorhandenen Einkünfte um berufsbedingte Aufwendungen, berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, vorrangigen Kindesunterhalt und sonstige eheprägende Unterhaltsverpflichtungen ermittelt werden kann. Der BGH macht deutlich, dass der Mindestselbstbehalt nicht in einer Weise angehoben werden könne, dass dies eine weitgehende Nivellierung unterschiedlicher Verhältnisse bei den unterhaltspflichtigen Kindern zur Folge hätte, bei denen es auf die tatsächliche Höhe des Einkommens, auf das Bestehen von vorrangigen Unterhaltspflichten oder sonstigen Verbindlichkeiten praktisch nicht mehr ankomme.
Konsequenterweise führt der BGH weiter aus, dass hinsichtlich der Höhe des Mindestselbstbehalts der in Anmerkung D I. zur Düsseldorfer Tabelle (Stand 1.1.2020) für den Elternunterhalt noch ausgewiesene Betrag i.H.v. 2.000 EUR rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden sein dürfte. Den Anteil des den Mindestselbstbehalt übersteigenden bereinigten Einkommens des Unterhaltspflichtigen für Zwecke des Elternunterhalt einzusetzen überlässt der Senat der verantwortlichen Beurteilung des Tatrichters.