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A. Einleitung

Verfasser: Dr. Wolfram ViefhuesWeiterer Aufsicht führender Richter am Amtsgericht a.D., Gelsenkirchen

Es hat den Anschein, als sei der Reformzug bei der Digitalisierung der Justiz endlich ins Rollen gekommen.

Am 1.1.2023 ist die elektronische Veröffentlichung des Bundesgesetzblatts auf der Internetseite www.recht.bund.de gestartet. Jetzt werden Gesetze und Verordnungen des Bundes nur noch hier verkündet.

Bislang muss die gedruckte amtliche Fassung entweder gegen Entgelt bezogen oder in Bibliotheken eingesehen werden. Das schon in der Vergangenheit unter www.bgbl.de verfügbare Bundesgesetzblatt war lediglich eine elektronische Kopie, nicht aber die verbindliche amtliche Fassung. Auf der neuen Verkündungsplattform kann das digitale Bundesgesetzblatt gelesen, heruntergeladen, gedruckt oder über einen Link geteilt werden. Mit der durch verschiedene Filter eingrenzbaren Recherchefunktion können alle veröffentlichten Verkündungen und Bekanntmachungen ab dem Jahr 2023 durchsucht werden. Zudem kann ein Newsletter abonniert werden, der regelmäßig über die neuesten Veröffentlichungen im Bundesgesetzblatt informiert. Einzelheiten siehe unter https://www.recht.bund.de/de/home/home_node.html.

Während die seit vielen Jahren schon in der ZPO geregelte Video-Verhandlung bei Gericht jahrelang ein Schattendasein führte, wurde sie in der Corona-Pandemie aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt. Die schlichte Notwendigkeit, Verfahren auch ohne persönliche Kontakte im Sitzungssaal weiterführen zu können, hat gezeigt, dass es praktisch gut funktioniert. Eigentlich eine völlig undeutsche Vorgehensweise, mal etwas einfach zu machen, bevor alle Besonderheiten und Eventualitäten bis ins Letzte geregelt und mehrfach erprobt sind. Not macht einfach erfinderisch und ist oft ein entscheidender Motor für Innovationen!

Nach diesen sehr positiven Erfahrungen liegt jetzt der Referentenentwurf einer Reform der Videoverhandlung in der Zivil- und Fachgerichtsbarkeit aus dem BMJ vor. Unsere Autorin Isabelle Biallaß hat sich mit dem Entwurf intensiv befasst und gibt Ihnen einen Überblick über die geplanten Regelungen.

An dieser Stelle bietet sich der Hinweis auf das 5. Praktikerforum Videoverhandlung des EDV-Gerichtstages an, das am 27.2.23, ab 14:00 Uhr Online durchgeführt werden wird. Anmeldungen zu dieser kostenlosen Veranstaltung können unter edvgt@jura.uni-sb.de vorgenommen werden. Dort können auch noch weitere Themenvorschläge eingereicht werden. Nähere Informationen zur Veranstaltung finden Sie auf der Webseite des Deutschen EDV-Gerichtstages unter: https://www.edvgt.de.

Übrigens – der nächste EDV-Gerichtstag findet vom 13. – 15.9.2023 statt. Nähere Angaben zu den dort behandelten Themen werden wir in der nächsten Ausgabe unserer Broschüre mitteilen können.

Ein weiteres derzeit heiß diskutiertes und sehr umstrittenes Thema im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Justiz ist der vom Bundesjustizministerium vorgelegte Referentenentwurf für ein Gesetz zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, soll dem Gesetzentwurf zufolge die Hauptverhandlung in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Der Entwurf beinhaltet Regelungen, die dem Ziel dienen sollen, den Verfahrensbeteiligten ein verlässliches, objektives und einheitliches Arbeitsmittel für die Aufbereitung des Hauptverhandlungsgeschehens zur Verfügung zu stellen. Erlaubt sein sollen künftig Bild- und Tonaufzeichnungen sowie eine automatische Transkription. Der Entwurf sieht bei der technischen und organisatorischen Umsetzung Spielraum für die Länder vor, damit diese den unterschiedlichen Gegebenheiten in den Landesjustizen und an den Gerichten Rechnung tragen können. Zudem können die Länder bis zur endgültigen flächendeckenden Einführung am 1.1.2030 über Rechtsverordnungen den Zeitpunkt für die Einführung festlegen und auf einzelne Gerichte oder Spruchkörper begrenzen. Eine besondere Rolle nehmen die sogenannten Staatsschutzsenate der Oberlandesgerichte ein, bei denen die Aufzeichnung und Transkription spätestens ab dem 1.1.2026 erfolgen muss.

Inzwischen setzt die bayerische Justiz auch Legal Tech auf den Lehrplan für Rechtsreferendare, die sich künftig bereits während der Ausbildung auf die Bereiche IT-Recht und Legal Tech spezialisieren können. Als Teil der Digitaloffensive der bayerischen Justiz stehen die neuen Schwerpunkte ab Juli auf dem Lehrplan. Damit will das Ministerium den Veränderungen der juristischen Berufswelt gerecht werden. Das neue Angebot richtet sich erstmals an Juristinnen und Juristen, die ihr Referendariat im Oktober 2021 begonnen haben. Zum Ausbildungs- und Prüfungsstoff im neuen Berufsfeld „Informationstechnologierecht und Legal Tech“ gehören Software- und IT-Vertragsrecht, Domainrecht, Immaterialgüterrecht und ergänzender wettbewerblicher Leistungsschutz sowie die Regulierung digitaler Plattformen. Im Zusammenhang mit Legal Tech-Anwendungen sollen Regelungen im Rechtsdienstleistungsgesetz, das anwaltliches Berufsrecht und Vergütungsrecht sowie haftungs- und wettbewerbsrechtliche Fragen thematisiert werden.

Auch in dieser Ausgabe unserer e-Broschüre darf natürlich das Dauerthema beA nicht fehlen. Unsere Autorin Ilona Cosack informiert Sie über das für die anwaltliche Praxis wichtige beA – Update 3.16 und das damit verbundenen aus für 32-Bit-Systeme.

Wir wünschen Ihnen eine nutzbringende Lektüre unserer e-Broschüre!

Dr. Wolfram Viefhues

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