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Terminvorschau BAG 08-2024

– BAG 7 ABR 34/23 –

Anfechtung Betriebsratswahl – Briefwahl wg. Kurzarbeit/Home-Office

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Die zu 1. bis 9. beteiligten Antragsteller sind am Standort Wolfsburg beschäftigte Arbeitnehmer der zu 11. beteiligten Arbeitgeberin. Sie kandidierten bei der im März 2022 durchgeführten Betriebsratswahl, bei der insgesamt acht Listen zur Wahl standen, für die Listen 2, 6 bzw. 7. Der Beteiligte zu 10. ist der aus der Wahl hervorgegangene Betriebsrat. Nach der am 11.11.2021 betrieblich ausgehängten Bekanntmachung des Wahlausschreibens waren 67.341 Arbeitnehmer zur Wahl berechtigt, bei der ein 73-köpfiger Betriebsrat gewählt werden sollte. Die Arbeitgeberin ist eine Automobilherstellerin, bei der zwischen der Produktion (sog. direkter Bereich) und der Verwaltung (sog. indirekter Bereich) unterschieden wird. Zum Zeitpunkt der Bekanntmachung des Wahlausschreibens galt infolge der Corona-Pandemie die betriebliche Regelung, dass die Gelegenheit zur mobilen Arbeit so weit wie möglich genutzt werden soll. Ausgenommen waren Arbeitnehmer, deren Tätigkeit ihrer Eigenart nach eine ausschließliche Anwesenheit im Betrieb erfordert, wie z.B. Mitarbeiter der Produktion und der Logistik. Nachdem die Arbeitgeberin im Januar 2022 die maximale Nutzung der mobilen Arbeit angeordnet hatte, beschloss der Wahlvorstand, allen Beschäftigten, die grundsätzlich mobil arbeiten können und dies auch bereits ganz oder teilweise getan haben, Briefwahlunterlagen ohne gesondertes Verlangen zuzusenden. Infolgedessen erhielten ca. 26.000 vorrangig im indirekten Bereich beschäftigte Wahlberechtigte Briefwahlunterlagen. Später beschloss der Wahlvorstand, alle von Kurzarbeit Betroffenen, die ihm genannt werden, der Briefwahl zuzuordnen. Insgesamt erhielten ca. 33.000 von Kurzarbeit betroffene Produktionsmitarbeiter ohne deren Verlangen Briefwahlunterlagen zugesandt. Bei der Betriebsratswahl gaben 39.498 Mitarbeiter ihre Stimme ab, davon etwa 35.000 Briefwähler. Nach der Bekanntmachung des Wahlergebnisses entfielen 85,5 % der abgegebenen Stimmen (66 Sitze) auf die Liste 4.

Die Antragsteller machen die Unwirksamkeit der Wahl (u.a.) mit der Begründung geltend, die pauschale Anordnung von Briefwahl für alle Beschäftigten im Homeoffice und Kurzarbeit sei rechtswidrig. Nur bei im Einzelfall konkret absehbarer häuslicher Arbeit im Wahlzeitraum sei die Anordnung von Briefwahl nach § 24 Abs. 2 Erste Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes (Wahlordnung – WO) möglich. Mobil Beschäftigte, die ihre Tätigkeiten während des Wahlzeitraums teilweise auch im Betrieb verrichtet haben, hätten vorrangig dort ihre Stimme abgeben müssen. Aufgrund der zeitversetzten Versendung hätten viele Wahlberechtigte die Briefwahlunterlagen verspätet oder gar nicht erhalten. Betriebsrat und Arbeitgeberin verteidigen die Wahl als rechtmäßig. Sie machen übereinstimmend geltend, die Voraussetzungen für die Briefwahl hätten sowohl für die mobil Beschäftigten mit der Anordnung der verpflichtenden maximalen Nutzung der mobilen Arbeit als auch für die von Kurzarbeit Betroffenen mit der Bekanntgabe des Arbeitsausfalls vorgelegen. Briefwahlunterlagen seien rechtzeitig versandt worden. Der Wahlvorstand habe die Empfänger der Briefwahlunterlagen per E-Mail auf die Möglichkeit der Urnenwahl hingewiesen.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat den erstinstanzlichen Beschluss abgeändert und den Antrag zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Begehren weiter.

Vorinstanz: LAG Niedersachsen, Urt. v. 30.8.2023 – 13 TaBV 46/22

Termin der Entscheidung: 23.10.2024, 9:00 Uhr

Zuständig: Siebter Senat

– BAG 1 ABR 12/23 –

Beteiligung des Betriebsrats bei der Eingruppierung des freigestellten Betriebsratsvorsitzenden

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin, ein Zustimmungsverfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG einzuleiten.

Die Arbeitgeberin betreibt mit regelmäßig mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern zwei Autohäuser. Der Antragsteller ist der für den Betrieb der Arbeitgeberin gewählte siebenköpfige Betriebsrat, dessen Vorsitzender von seiner beruflichen Tätigkeit vollständig freigestellt ist. In der Folge eines Streits über die zutreffende Eingruppierung des Betriebsratsvorsitzenden erklärte die Arbeitgeberin, dass dem Betriebsratsvorsitzenden die Möglichkeit zur Teilnahme am Führungskräftepotenzial Assessment Center eingeräumt werde, um die Voraussetzung für die Übernahme der Position des Werkstattleiters herzustellen. Nach erfolgreicher Absolvierung des Assessment Centers vergütete die Arbeitgeberin den Betriebsratsvorsitzenden rückwirkend ab dem 1.6.2020 nach der Vergütungsgruppe VIII (zuvor: Vergütungsgruppe VI) des einschlägigen Vergütungstarifvertrags, in dem die Tätigkeit eines Werkstattleiters als Regelbeispiel genannt ist. Die Forderung des Betriebsratsvorsitzenden auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe VIII bereits ab November 2019 – dem Zeitpunkt, zu dem er ursprünglich an dem Assessment Center hatte teilnehmen sollen –, lehnte die Arbeitgeberin ab.

Der Betriebsrat begehrt, dass die Arbeitgeberin ihn bei der Frage der Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden beteiligt, da insoweit eine Ein- bzw. Umgruppierung i.S.v. § 99 BetrVG vorliege. Die Arbeitgeberin wendet demgegenüber ein, die Grundsätze zur Eingruppierung seien auf die Vergütung von freigestellten Betriebsratsmitgliedern nicht anzuwenden, denn ein vollständig freigestelltes Mitglied des Betriebsrats erhalte keine Entlohnung für erbrachte Arbeit, sondern eine Vergütung nach dem Lohnausfallprinzip. Ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei der Vergütung seiner Mitglieder stelle einen Interessenkonflikt dar und müsse schon deshalb ausscheiden. Die Festlegung der Vergütung von vollständig freigestellten Betriebsratsmitgliedern sei vielmehr alleinige Angelegenheit der Arbeitgeberin, was sich schon daraus ergebe, dass der Arbeitgeberin erhebliche strafrechtliche Risiken drohten, wenn sie – ggf. in Folge der Beteiligung des Betriebsrats – an ein Betriebsratsmitglied eine überhöhte Vergütung zahle. Zudem sei die den Streit auslösende Frage, ob der Betriebsratsvorsitzende bereits ab November 2019 gemäß §§ 37, 78 BetrVG eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe VIII beanspruchen könne, im Urteilsverfahren mit den dort geltenden Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast und der Kostentragung zu klären.

Die Vorinstanzen haben dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Dagegen wendet sich die Arbeitgeberin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Beschl. v. 21.2.2023 – 3 TaBV 26/21

Termin der Entscheidung: 26.11.2024, 12:00 Uhr

Zuständig: Erster Senat

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