– BAG 1 AZR 265/22 –
Erstattung einer einem Personaldienstleister für die Vermittlung des Arbeitnehmers gezahlten Provision bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb der ersten 14 Monate dessen Bestehens.
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten eine für die Vermittlung des Arbeitsverhältnisses an einen Personaldienstleister gezahlte Provision zu erstatten.
Der Kläger trat zum 1.5.2021 als Service-Techniker in die Dienste der Beklagten. Für die Vermittlung des Klägers zahlte die Beklagte eine Vermittlungsprovision in Höhe von 4.461,60 EUR an eine Drittfirma. Die Parteien vereinbarten eine sechsmonatige Probezeit mit einer beiderseitigen Kündigungsfrist von zwei Wochen. Der Arbeitsvertrag enthält außerdem eine Regelung, nach der der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten die gezahlte Provision zu erstatten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den 30.6.2022 hinaus fortbesteht und aus vom Kläger zu vertretenden Gründen von ihm selbst, von der Beklagten oder einvernehmlich beendet wird. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis während der Probezeit zum 30.6.2021. Die Gründe für die Kündigung sind zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte behielt wegen der von ihr gezahlten Vermittlungsprovision 69,21 EUR von der restlichen Vergütung des Klägers sowie einen abgerechneten Verpflegungszuschuss i.H.v. 740,00 EUR ein.
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die Zahlung der noch ausstehenden Beträge i.H.v. 809,21 EUR. Die Beklagte hat Widerklage erhoben, mit der sie die Erstattung auch des restlichen Provisionsbetrags von 3.652,39 EUR geltend macht. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der im Arbeitsvertrag geregelte Erstattungsanspruch sei nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Regelung benachteilige ihn unangemessen, weil damit das unternehmerische Risiko der Personalbeschaffungskosten übermäßig auf ihn verschoben und er außerdem an einer Kündigung während der Probezeit faktisch gehindert werde. Die Beklagte hat gemeint, die Klausel im Arbeitsvertrag sei wirksam. Die Vermittlung des Arbeitsverhältnisses durch eine Drittfirma liege auch im Interesse des Klägers, der sich hierzu bewusst entschieden habe. Sie habe ein berechtigtes Interesse daran, die für den Abschluss des Arbeitsvertrags getätigten Aufwendungen nur dann endgültig aufzubringen, wenn der Kläger wenigstens für einen bestimmten, vertraglich vereinbarten Zeitraum für sie tätig sei. Zudem werde das Risiko nicht undifferenziert auf den Kläger abgewälzt, da er die Provision nur bei einer von ihm zu vertretenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erstatten habe. Schließlich sei der zu erstattende Betrag auch angesichts des monatlichen Bruttoeinkommens des Klägers von 5.401,98 EUR nicht unverhältnismäßig hoch.
Die Vorinstanzen haben die Beklagte zur Zahlung verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Dagegen wendet sie sich mit ihrer Revision.
Vorinstanz: LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 12.5.2022 – 4 Sa 3/22
Termin der Entscheidung: 20.6.2023, 10:00 Uhr
Zuständig: Erster Senat