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Terminvorschau BAG 10-2022

– BAG 4 ABR 4/22 –

Gewerkschaftlicher Anspruch auf Unterlassung der Durchführung einer Betriebsvereinbarung – Tarifpluralität – Verdrängungswirkung gemäß § 4a Abs. 2 TVG – tarifwidrige Betriebsvereinbarung

Die zu 1. beteiligte L.-Gewerkschaft verlangt von der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin, die Durchführung einer von dieser mit dem zu 3. beteiligten Betriebsrat geschlossenen Betriebsvereinbarung über die Schicht- und Einsatzplanung im Betrieb in B. zu unterlassen.

Die Arbeitgeberin betreibt ein Eisenbahnverkehrsunternehmen. Sie ist Mitglied im Arbeitgeberverband. Dieser schloss mit der beteiligten Gewerkschaft und mit einer weiteren Gewerkschaft jeweils eigenständige Tarifverträge, die Regelungen zur Dienst- und Schichtplanung vorsehen und Öffnungsklauseln für betriebliche Regelungen enthalten. In beiden Tarifwerken ist geregelt, dass sie in den Betrieben der Arbeitgeberin jeweils nebeneinander existieren und die Tarifvertragsparteien einvernehmlich auf die Anwendung von § 4a TVG – nach dieser Norm ist bei kollidierenden Tarifverträgen nur der Mehrheitstarifvertrag im Betrieb anwendbar – verzichten. Die diesbezügliche Vereinbarung mit der antragstellenden L.-Gewerkschaft ist zum 31.12.2020 ausgelaufen. Die Arbeitgeberin schloss mit dem Betriebsrat des Betriebs in B. am 20.8.2019 eine Betriebsvereinbarung zur Schicht- und Einsatzplanung. Danach können die Arbeitnehmer zwischen zwei Modellen für die Diensteinteilung wählen, die den tariflichen Regelungen der L.-Gewerkschaft entsprechen.

Die antragstellende Gewerkschaft nimmt die Arbeitgeberin auf Unterlassung der Durchführung dieser Betriebsvereinbarung in Anspruch. Sie hat gemeint, die Betriebsvereinbarung sei unwirksam, weil durch sie die Regelungen des Tarifvertrags hinsichtlich der Schicht- und Einsatzplanung mit normativer Wirkung auch für Arbeitnehmer gälten, die nicht Mitglieder der Gewerkschaft seien. Damit verstoße die Betriebsvereinbarung gegen § 77 Abs. 3 BetrVG. Die Regelungen der Betriebsvereinbarung seien außerdem nicht von der in dem von ihr geschlossenen Tarifvertrag enthaltenen Öffnungsklausel erfasst. Ihr Grundrecht der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG sei verletzt. Die Arbeitgeberin hat demgegenüber eingewandt, es bedürfe einer näheren Ausgestaltung der tariflichen Arbeitszeitregelungen auf betrieblicher Ebene, um der bestehenden Tarifpluralität gerecht zu werden und eine mit beiden Tarifwerken kompatible Schicht- und Einsatzplanung zu ermöglichen. Da die Betriebsvereinbarung der Umsetzung von gesetzlichen Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG diene, greife die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht ein. Zudem ließen die Öffnungsklauseln in den Tarifwerken beider im Betrieb vertretenen Gewerkschaften die getroffenen Regelungen zu. Schließlich habe die L.-Gewerkschaft mit dem Auslaufen der vereinbarten Tarifpluralität darzulegen, dass sie die Mehrheitsgewerkschaft im Betrieb der Arbeitgeberin sei, so dass dort nach § 4a Abs. 2 TVG allein ihre Tarifverträge gälten.

Die Vorinstanzen haben die Anträge abgewiesen. Dagegen wendet sich die Gewerkschaft mit ihrer Rechtsbeschwerde.

Vorinstanz: LAG München, Urt. v. 28.4.2021 – 10 TaBV 51/20

Termin der Entscheidung: 25.1.2023, 11:00 Uhr

Zuständig: Vierter Senat

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