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Terminvorschau BAG 2021-03

Neue anhängige Rechtsfragen

– BAG 6 AZR 264/20 –

Ärztlicher Hintergrunddienst als Rufbereitschaft – Rechtsfolgen einer etwaigen tarifwidrigen Anordnung für die Vergütung – ordnungsgemäße Geltendmachung

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger neben geleisteter Vergütung für Rufbereitschaften eine Differenzvergütung zusteht, die zu zahlen wäre, wenn die Dienste als Bereitschaftsdienste einzuordnen wären.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Oberarzt beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TV-Ärzte/TdL Anwendung. Außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit erbringt der Kläger regelmäßig Hintergrunddienste, die von der Beklagten als Rufbereitschaft angeordnet werden (sog. „Nephrologischer Dienst“). Er muss in dieser Zeit telefonisch erreichbar sein, ohne verpflichtet zu sein, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Es kann während dieses Dienstes zu telefonischen Inanspruchnahmen (ggf. mit weiteren Arbeiten vom jeweiligen Aufenthaltsort aus) sowie zu Einsätzen in der Klinik kommen. Der Kläger erhält im Rahmen dieser Dienste auch Angebote für Organtransplantationen der Firma Eurotransplant im sog. „Extend-Allocation-Modus“. Auf diese muss er innerhalb von 30 Minuten reagieren, damit das Angebot nicht als abgelehnt gilt. Hierzu muss er Daten überprüfen und telefonisch den zuständigen Dialysearzt sowie die in Frage kommenden Patienten kontaktieren, wobei er die hierfür erforderlichen Informationen einem Ordner entnimmt, den er während des Dienstes mit sich zu führen hat.

Der Kläger war ursprünglich der Auffassung, die Zeiten der Rufbereitschaft stellten Arbeitszeit dar und machte dies mit Schreiben vom 26.2.2018 gegenüber der Beklagten geltend.

Mit seiner Klage hat der Kläger die Differenz zwischen der gezahlten Vergütung für Rufbereitschaftsdienste und für Bereitschaftsdienste für den Zeitraum von Juli 2017 bis einschließlich Juni 2018 geltend gemacht. Seiner Ansicht nach lagen die Voraussetzungen von § 7 Abs. 6 S. 2 TV-Ärzte/TdL nicht vor, wonach Rufbereitschaft nur angeordnet werden darf, wenn erfahrungsgemäß lediglich im Ausnahmefall Arbeit anfällt. Tatsächlich habe er schon aufgrund des tatsächlichen zeitlichen Umfangs seiner Inanspruchnahme Bereitschaftsdienst geleistet. Zudem sei er faktisch dermaßen ortsgebunden, dass er privaten Interessen nicht in größerem Umfang nachgehen könne. Die Beklagte vertritt demgegenüber die Auffassung, die tariflichen Voraussetzungen für die Anordnung der Rufbereitschaft hätten vorgelegen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr – mit Ausnahme der Differenzvergütung für einen Monat – stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Mit seiner Anschlussrevision macht der Kläger seinen Klageanspruch hinsichtlich des abgewiesenen Teils weiter geltend.

Vorinstanz: LAG Köln, Urt. v. 4.3.2020 – 3 Sa 218/19

Termin der Entscheidung: 25.3.2021, 10:45 Uhr

Zuständig: Sechster Senat

– BAG 5 AZR 292/20 –

Vergütung von Umkleide-, Rüst- und Wegezeiten

Auslegung TV-L (Vergütung von Umkleide-, Rüst- und Wegezeiten, Zeitgutschrift für arbeitsfreie gesetzliche Feiertage)

Die Parteien streiten im Wesentlichen über Vergütungsansprüche für Rüst- und Umkleidezeiten sowie für Wegezeiten.

Der Kläger ist bei dem beklagten Land als Wachpolizist im Zentralen Objektschutz (ZOS) tätig. Zum Dienstantritt muss er in Uniform mit den ihm persönlich zugewiesenen Gegenständen (Pistole mit Holster, Reservemagazin mit Tasche, Handfesseln Stahl mit Tragevorrichtung, Reizstoffsprühgerät mit Tragevorrichtung, Tragevorrichtung für den Schlagstock und die Schutzweste) ausgestattet erscheinen.

Der Kläger wird als Springer eingesetzt. Ihm steht bei den Springereinsätzen kein Spind für Dienstkleidung oder Ausrüstungsgegenstände zur Verfügung. Er hätte die Möglichkeit, einen solchen zu beantragen. Wie jeder Wachpolizist verfügt er über ein Waffenschließfach in der Dienststelle des ZOS oder einem Polizeiabschnitt. Es ist dem Kläger gestattet, seine Dienstwaffe mit nach Hause zu nehmen, wenn dort eine geeignete Aufbewahrungsmöglichkeit besteht. Hiervon macht er in aller Regel Gebrauch und nimmt das Umkleiden von Privat- in Dienstkleidung und umgekehrt sowie das Rüsten mit den Ausrüstungsgegenständen jeweils zu Hause vor.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger – soweit für die Revision von Bedeutung – die Feststellung, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm für die Tage, an denen er seit März 2016 tatsächlich gearbeitet hat, jeweils 14 Minuten für Umkleide- und Rüstzeiten sowie seit dem 25. Juni 2015 die (im Einzelnen bezifferten) Wegezeiten von seiner Wohnung zu dem ihm jeweils zugewiesenen Einsatzort und umgekehrt nach Maßgabe der Vorschriften des TV-L zu vergüten. Der Kläger ist der Auffassung, es handele sich bei diesen Zeiten um vergütungspflichtige Arbeitszeit. Daneben macht er eine Gutschrift auf seinem Arbeitszeitkonto für arbeitsfreie gesetzliche Feiertage geltend.

Das Arbeitsgericht hat dem auf Zeitgutschrift gerichteten Antrag teilweise stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dem auf die Feststellung der Vergütungspflicht für Umkleide- und Rüstzeiten gerichteten Antrag überwiegend (bis auf den Zeitraum März 2016 bis März 2017) und dem auf Gutschrift von Stunden auf seinem Zeitkonto gerichteten Antrag teilweise stattgegeben. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision seine Feststellungsbegehren, soweit sie abgewiesen wurden, weiter. Das beklagte Land begehrt mit seiner Revision die vollständige Abweisung der Klage.

Der Senat verhandelt am gleichen Tag einen weiteren, weitgehend parallelen Fall (5 AZR 148/20).

Vorinstanz: LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 7.5.2020 – 10 Sa 1570/19

Termin der Entscheidung: 31.3.2021, 9:45 Uhr

Zuständig: Fünfter Senat

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