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B. KI als Gamechanger? – Bericht aus der Zukunftswerkstatt des EDVGT

Ilona Cosack Fachbuchautorin und Inhaberin der ABC AnwaltsBeratung Cosack, Fachberatung für Rechtsanwälte und Notare

Der 33. Deutsche EDV-Gerichtstag in Saarbrücken bot eine Fülle an Arbeitskreisen und Programmpunkten der Bund-Länder-Kommission (BLK) mit spannenden Themen: Die Überschrift „KI (Künstliche Intelligenz) als Gamechanger?“ zog sich wie ein roter Faden durchs Programm.

Traditionell begannen die Arbeitskreise schon am Mittwoch unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Sorge, Universität des Saarlandes und Vorstandsmitglied des EDVGT, mit Veranstaltungen zur IT-Sicherheit. Die Vorsitzende des EDVGT, Dr. Anke Morsch, wies bei der Eröffnung direkt auf den jährlich am zweiten Donnerstag im September stattfindenden bundesweiten Warntag hin, der mit einem Probealarm um 11 Uhr beginne und prompt das Auditorium belebte.

Staatssekretärin Dr. Angelika Schlunk aus dem BMJ, betrachtete in ihrem Grußwort KI als Chance mit einem Fragezeichen der Regulierung. Auch durch Corona gäbe es einen Flickenteppich; es seien öffentlich definierte Schnittstellen für eine neue KI-Plattform geplant. Über 4 Jahre verteilt stelle der Bund 200 Mio. EUR zur Verfügung. Als Beispiele nannte sie gsi, das generative Sprachmodell der Justiz, Alex für die Anonymisierung von Gerichtsentscheidungen, Makki, eine KI-Assistenz für Massenverfahren. KI soll auch den Zugang für Bürger zum Recht sichern: Mit NEURIS sollen ausgewählte Entscheidungen und Entscheidungen der Bundesgerichte zugänglich gemacht werden. Chatbots wie LINA und KIRA sollen für Bürgerinformationen genutzt werden. Dr. Schlunk wies zum Schluss darauf hin, dass ein interdisziplinärer Dialog wichtig sei. Und wenn man zu viel Zeit für das „Prompting“ (Stellen der richtigen Fragen an die KI) brauche, dann könne man es besser auch selbst machen.

Dr. Jens Diener, Staatssekretär im Saarländischen Ministerium der Justiz, hielt sein Grußwort mit dem Tenor: „Kann der Staat das leisten?“ Der Flickenteppich durch den Föderalismus sei ein Problem; man solle einheitliche Strategien entwickeln. Neben zu wenigen Fachkräften und zu schlechten Konditionen würden neue Berufe nachgefragt. Man brauche Mut zur Veränderung um fit für die digitale Zukunft zu werden.

Prof. Dr. Dominik Brodowski, Vizepräsident der Universität des Saarlands und Vorstandsmitglied des EDVGT, sprach kurz über die Erwartungen an die KI-Verordnung der EU.

Der Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlands, Prof. Dr. Christoph Gröpl, griff den „Gamechanger“ auf und forderte mehr Mut zur deutschen Sprache, wie wäre es mit Bahnbrecher? Und was, wenn der Strom ausfällt? Dann ist KI nichts…

Die Eröffnungsveranstaltung mit dem Vortrag des Bundesverfassungsrichters Prof. Dr. Henning Radtke trug die Überschrift: „Rechtsstaat im digitalen Zeitalter“. Er erinnerte an die Volkszählung 1983 mit der Grundsatzentscheidung des BVerfG zum Grundrecht auf informelle Selbstbestimmung. Bei Legal Tech in Justiz und Anwaltschaft müssten auch die Gefahren aufgezeigt werden: Wie kann KI eingesetzt werden, ohne die Grenzen zu überschreiten? Mittlerweile entscheide KI zunehmend selbsttägig. Die Regulierung von KI mit dem AI Act sei der richtige Weg. Ihn treibt am meisten um, ob die richterliche Entscheidung mit Einsatz von KI erfolgen soll? Das könne nur der Mensch mit Empathie und Lebenserfahrung, so Art. 97 GG.

Anschließend erfolgte die von Dr. Anke Morsch geleitete Podiumsdiskussion zum Thema „Recht im Umbruch: KI als Gamechanger?“ mit Prof. Dr. Elisabeth André (wurde von der Gesellschaft für Informatik 2019 zu einer der 10 einflussreichsten Persönlichkeiten in der Geschichte der KI in Deutschland gekört), Dr. Stefan Brink, Leiter des Wissenschaftlichen Instituts für die Digitalisierung der Arbeitswelt, (begleitet den digitalen Wandel mit Blick auf die Bürgerrechte), dem Physiker Dr. Florian Geissler, Fraunhofer Institut für kognitive Systeme (forscht an der Weiterentwicklung und praktischen Anwendung von KI), Ministerialdirigentin Dr. Jutta Kemper (Leiterin der Unterabteilung digitale Gesellschaft und Innovation im BMJ) und Thomas Langkabel, National Technology Officer von Microsoft Deutschland (beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit Informationstechnik und Verwaltungsmodernisierung).

Die Podiumsdiskussion in Stichpunkten kurz zusammengefasst:

  • KI hat mit Macht Einzug in unser Leben gehalten und die Welt verändere sich in einem ganz rasanten Tempo. KI gibt es nicht erst seit vorletztem November, sondern beschäftigt uns schon sehr lange. Gerade die Large Language Modelle (LLM wie ChatGPT) haben sich in den letzten zwei Jahren rasant entwickelt. Entscheidend sei die Datenqualität. Die Konzentration liege daher jetzt auf kleineren Modellen mit sicheren Datenbeständen, um bessere Ergebnisse zu erzielen.

  • Entscheidend sei die Mensch-Maschine-Schnittstelle und die Kontrolle über die Daten. Bei der Anwaltschaft sei große Euphorie zu spüren, während die Justizvertreter skeptisch seien. Andererseits wäre ein hohes Potenzial zur Ergänzung der menschlichen Fähigkeiten und Qualitäten durch KI, aber auch ein hohes Risiko.

  • Mit dem AI Act sei eine Regulierung durchaus gelungen; auch die Veränderungen in der Arbeitswelt würden berücksichtigt. Natürlich war auch die DSGVO in diesem Zusammenhang Thema der Diskussion. Und die Problematik, zu erkennen, welche Daten echt und welche ggf. von KI manipuliert wurden.

Aufgegriffen wurde auch die Szene, dass KI den Sachverhalt klärt und einen Entscheidungsentwurf vorbereitet und, bevor ein menschlicher Richter sich damit befasst, die Beteiligten erklären, ob sie mit einer derartigen Entscheidung einverstanden sind, so dass die Entscheidung gar nicht mehr durch einen menschlichen Richter getroffen würde. Zwar wäre dies wahrscheinlich verfassungsrechtlich nicht zulässig, auch, weil gar nicht hinreichend Datenmaterial zur Verfügung stehe, weil derzeit nur 5 % aller Urteile veröffentlicht werden. Über die Dauer, bis solche Szenarien Wirklichkeit werden könnten, konnten sich die Diskussionsteilnehmer nicht einigen. Auch die Justizcloud wurde angesprochen, ohne nähere Details zu skizzieren.

Die Eröffnung nebst Grußworten, der Eröffnungsvortrag und die Podiumsdiskussion wurden live gestreamt. Die Aufzeichnung kann über den YouTube-Kanal des EDVGT abgerufen werden:

https://www.edvgt.de/live-stream-des-33-edvgt-2024/

A.

Zu den Arbeitskreisen:

In der E-Broschüre 1/2024, Rn 108 haben wir bereits die Themen der Arbeitskreise vorgestellt.

Nachstehend berichten wir von den Arbeitskreisen, an denen wir teilgenommen haben.

1.

Justice Operations – Brauchen wir neues Mindset für digitale Transformation der Justiz?

Gemeinsam mit dem Liquid Legal Institute wurde die Initiative Justice Operations gestartet. Einige Aspekte des von Isabelle Désirée Biallaß, Richterin am Amtsgericht, Think Tank Legal Tech und KI der Justiz NRW und Vorstandsmitglied des EDVGT, (die unseren Lesern durch ihre Beiträge in den E-Broschüren bestens bekannt ist), und Dr. Berhard Waltl, Head of Legal Operations BMW Group und Vorstand des Liquid Legal Instituts, moderierten Paneldiskussion waren:

  • Welche Herausforderungen muss die Justiz meistern um „im Tagesgeschäft“ des digitalen Zeitalters zu bestehen?

  • Welche Rolle spielen das Bundesministerium der Justiz, die Länder und die Gerichte und Staatsanwaltschaften.

  • Wie könnte das Zusammenspiel von Menschen, Prozessen und Technologien in der Justiz gelingen?

  • Ist eine Justizplattform die Zukunft der Justiz und wie sollte diese aussehen?

  • Sind das Basisdokument und die Erfahrungen aus dem Reallabor möglicherweise ein Schlüssel zum Erfolg?

Bernadette Kell, Leitung Innovation Hub beim BMJ, riet dazu, die Menschen mitzunehmen, anderes auszuprobieren und immer wieder zu überprüfen (review).

Prof. Dr. Bettina Mielke, Präsidentin des LG Ingolstadt (federführend für das Projekt Basisdokument) sprach von einem Akzeptanzproblem, deshalb würde die analoge Welt nachgebildet.

Henning Schumacher, Leiter des Zentralen IT-Dienstleisters der Justiz NRW, OLG Köln und Leitender Oberstaatsanwalt plädierte dafür, Kompromisse zu finden.

Jörg Müller, Präsident des OLG Karlsruhe, empfahl klein anzufangen und interne und technische Expertise zusammenzubringen und auch aus Kundensicht zu betrachten.

Dr. Jens Wagner, Counsel bei A&O Shearman und Aufsichtsratsvorsitzender des Liquid Legal Instituts, hielt das Mindset für wichtig und legte Wert darauf, Leute aus der Kanzlei (Praxis) zu fragen.

Isabelle Désirée Biallaß betonte, dass Prozesse eine „doppelte Bedeutung“ hätten. Bislang wurde versucht, die bisherige Arbeitsweise abzubilden. Wie kommt man vom ERV zur Justizplattform? Während Müller anmerkte, dass die Akte nicht dem Gericht gehöre, verwies Dr. Mielke auf das Basisdokument und dass wir unbedingt eine Justizplattform brauchen. Dr. Waltl stellte die Frage nach Schnittstellen zu einer Justizplattform; diese allein löse kein Problem. Man müsse die Frage stellen: Wem nutzt es? Wer ist Betreiber? Der interdisziplinäre Dialog sei wichtig.

Dr. Mielke berichtete, dass es beim Basisdokument zunächst viel Widerstand von den Anwälten gegeben habe, nach den Prototypen sei die Kritik deutlich zurückgegangen, die RAK hätten dafür geworben, beim Reallabor mitzumachen. Aktuell laufe alles ERV-konform mit PDF als Mittel über beA.

Kell berichtete aus dem BMJ, dass dort gar nichts gemacht würde, was mit Justizplattform zu tun hat.

Schumacher meinte, man solle nicht alles einheitlich machen, verschiedene E-Akten-Anbieter seien Konkurrenz, die sich befruchte. Auf die Nachfrage von Dr. Waltl zu Open Source meinte Schumacher, das sei schwierig wegen den Wettbewerbern.

Biallaß warf Fragen zur Evaluierbarkeit und Messbarkeit der Plattform auf. Dr. Mielke verriet, dass die Geschäftsstellenmitarbeiter es prima fanden. Schumacher verwies darauf, dass die Messbarkeit noch in den Kinderschuhen sei, vieles wäre wünschenswert, es sei aber ein dorniger Weg. Kell wies darauf hin, dass die Beschäftigtenüberwachung kritisch sei, die Evaluation hingegen anonym.

Auf die Frage aus dem Publikum, ob Geschwindigkeit ein Problem sei, merkte Schumacher an, dass PayPal, Amazon & Co. eine Vielzahl von Fällen automatisiert und zur Zufriedenheit der Kunden abwickelten. In der Justiz gäbe es objektive Kriterien, es gäbe keine Ressourcen, um 500 Seiten zu lesen, man solle Kräfte nicht in administrativen Fällen verschleißen. Wagner meinte, dass die Geschwindigkeit wahnsinnig wichtig sei und die Erwartungen viel zu hoch seien. Kell hielt den Dialog für wichtig, Dr. Mielke empfahl den Austausch, was man effizienter und effektiver machen könne und Schumacher plädierte dafür, fachlich zu klären, was gewollt sei und es dann technisch umzusetzen. Wichtig sei Offenheit für die Perspektive aller.

2.

Digitale Beweise I: Digitalisierung statt PDFisierung der Justiz: Vom Umgang mit elektronischen Beweismitteln. Ein Bericht aus der Schweiz und die deutsche Sicht

Unter der Moderation von Dr. Thomas Lapp, Rechtsanwalt und Mediator, Vorstandsmitglied des EDVGT, berichteten die Schweizer Rechtsanwältin Claudia Schreiber, lic. En droit, dipl. Ing. ETHZ und der Schweizer Rechtsanwalt/Mag.rer.publ., Daniel Kettiger, über die Handhabung der digitalen Beweismittel in der Schweizer Justiz.

Sie plädierten als Best-Practice: Know-how für RA und Richter

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Es genügt also nicht, „nur“ Jura zu kennen, IT-Kenntnisse und weiteres Know-how gehören dazu.

Die Fragen „Was ist ein Original?“, „Gilt ein elektronisch verarbeitetes Dokument noch als Original?“ und „Wie kann die Fälschungssicherheit von elektronischen Dokumenten gewährleistet werden?“ wurden diskutiert. Denn durch das Speichern und die elektronische Verarbeitung werden an digitalen Beweismitteln Metadaten, Auflösungsdetails und weitere elektronische Eigenschaften verändert und damit auch ihre Aussagekraft und Überprüfbarkeit oft stark eingeschränkt.

Auch in der Schweiz werden digitale Beweismittel teilweise wegen des noch vorherrschenden verpflichtenden Dateiformats als Anlagen zu Schriftsätzen bzw. Screenshots in Schriftsätzen eingereicht oder in PDF-Formate konvertiert.

Es muss ein Weg gefunden werden, um hier zu einer „echten“ Digitalisierung zu kommen, die für alle Beteiligten akzeptabel ist.

3.

Digitale Beweise II: Vom Screenshot zum Metaverse: Über die Zukunft der digitalen Beweisaufnahme

Bei diesem Arbeitskreis, der ebenfalls von Isabelle Biallaß moderiert wurde, musste Gesine Irskens, Referatsleiterin im Niedersächsischen Justizministerium und Richterin am Landgericht, auch den erkrankten Prof. Dr. Simon Heetkamp, Professor an der Technischen Hochschule Köln, ehemaliger Richter und Rechtsanwalt sowie Mitgründer der Digitalen Richterschaft, ersetzen.

Irskens berichtete von einer Unterlassungsverfügung, bei der der Richter mit einer VR-Brille ins Metaverse eintauchte. Sie verwies auch auf das Thesenpapier der OLG-Präsidenten zur Modernisierung des Zivilprozesses. Diskutiert wurde ebenfalls über die Neufassung des § 130a Abs. 3 ZPO nach dem Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz (JusWeDigG). Wer scannt ein, der Mandant oder der Rechtsanwalt? Ebenso über die neue Formfiktion nach § 130e ZPO, die seit dem 17.7.2024 gilt. Nach § 126a BGB ist der Name nebst qeS erforderlich. Artikel 25 in der eIDAS Verordnung regelt die Rechtswirkung elektronischer Signaturen. Durch das OZGÄndG wurden mit Wirkung vom 24.7.2024 die §§ 271a und b ZPO geändert und neu gefasst (Beweiskraft öffentlicher Urkunden und Beweiskraft gescannter öffentlicher Urkunden). Die Vorschriften des § 130a ZPO und die ERVV/ERVB beträfen zwar nicht eingereichte Beweismittel, dennoch gingen Word- oder Excel-Dateien in der Regel nicht über die Firewall der Justiz, jedoch sei eine „bitgleiche Kopie“ möglich. Hessen und Niedersachsen böten einen „Large File Transfer“ anstelle einer DVD/CD an, auch ein USB-Stick könne ausreichen (obwohl die ERVB dies noch ausschließt).

Irskens sieht Reformbedarf für ein bundesweites Upload-Portal, auch ein Link wäre denkbar, aber es gäbe bisher noch keine Regelung. Zu klären wäre ein elektronischer Zeitstempel wie in der eIDAS-VO bereits vorgesehen und eine qeS zur Vermutung der Echtheit (Beweiskraft wie Privaturkunde). Das OLG Jena hat 2018 eine Entscheidung zum Ausdruck von Screenshots auf Papier getroffen, diese haben, anders als ein als Bildschirmdatei übergebener Screenshot, keinen Beweiswert, sind kein elektronisches Dokument, keine Urkunde, sondern ein Augenscheinsobjekt. Eine SMS unterliege dem Telekommunikationsgesetz und sei mit einem WhatsApp-Chat vergleichbar. Die Erkennung von Deepfakes sei 50/50; einen Tele-Augenschein gäbe es noch nicht.

4.

Die besonderen elektronischen Postfächer: End of Life in Sicht?

Mit Spannung erwartet wurde dieser Arbeitskreis, der nun zum zehnten Mal stattfand. Skeptisch fragten die Veranstalter unter der Moderation von Rechtsanwältin Daniela Freiheit, Koordinatorin der BLK-AG IT-Standards in der Justiz und Vorstandsmitglied des EDVGT, ob es auch das letzte Mal sei?

Geplant war eine Diskussion zur „Kommunikationsplattform“ und „Cloud“ als Ersatz für die besonderen Postfächer.

Entgegen den Erwartungen der Moderatorin und der Paneldiskutanten Björn Beck, Staatsministerium Baden-Württemberg (vormals Vorsitzender der AG IT-Standards), Richter am Amtsgericht Mario Hilzinger, Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg und jetziger Vorsitzender der AG IT-Standards sowie Mark Horstmann von der Governikus KG stellten die Teilnehmer dieses Arbeitskreises zunächst viele Fragen zur Gegenwart der besonderen elektronischen Postfächer.

63 Mio. Nachrichten wurden bereits 2024 verschickt. Für das beBPo sind aktuell 30.893 Nutzer registriert, für das eBO immerhin 15.063 und für das MJP 10.610.

Hilzinger informierte, dass ab 10.10.2024 im MJP eine Benachrichtigungsfunktion freigeschaltet werden soll. Es wurde diskutiert, wie man das eBO attraktiver für Sachverständige machen könnte. Horstmann betonte, dass beim eBO acht Nachrichten pro Monat kostenlos seien. Aus dem Publikum wurde darauf hingewiesen, dass es auch Dolmetscher gibt, die keinen deutschen Personalausweis haben und daher das MJP nicht nutzen können.

Auf die Frage, wie weit das EGVP noch belastbar sei, erklärte Freiheit, dass es keine Probleme gäbe, weil nur ein Up- und Download stattfindet. Beck informierte, dass bis 2026 keine Besserung bei den Mengen und Dateien (aktuell 200 MB und 1000 Dateien) in Sicht sei.

Freiheit hatte den Versuch unternommen, die Eingangsfrage von ChatGPT beantworten zu lassen. Hier das Ergebnis:

„Eine Cloud-basierte Lösung für den elektronischen Rechtsverkehr (ERV) kann aus mehreren Gründen als moderner und effizienter betrachtet werden:

  • 1.

    Zentralisierte Datenhaltung

  • – Ermöglicht einheitlichen Zugriff für alle Beteiligten

  • – Reduziert Datenduplikate und Inkonsistenzen

  • 2.

    Skalierbarkeit:

  • – Flexible Anpassung an schwankende Arbeitslasten

  • – Einfache Erweiterung bei steigenden Nutzerzahlen ohne Hardware-Investitionen

  • 3.

    Automatisierte Updates und Wartung:

  • – Zentrale Aktualisierungen für alle Nutzer gleichzeitig

  • – Reduzierter Aufwand für IT-Administratoren

  • 4.

    Verbesserte Zusammenarbeit:

  • – Echtzeit-Kollaboration an Dokumenten

  • – Einfacher Austausch von Informationen zwischen verschiedenen Instanzen

  • 5.

    Ortsunabhängiger Zugriff:

  • – Ermöglicht flexibles Arbeiten von verschiedenen Standorten

  • – Unterstützt moderne Arbeitsmodelle wie Homeoffice

  • 6.

    Kosteneffizienz:

  • – Reduzierte Ausgaben für lokale Hardware und Wartung

  • – Pay-as-you-go Modelle für optimierte Ressourcennutzung

  • 7.

    Verbesserte Disaster Recovery:

  • – Automatische Backups und schnelle Wiederherstellung

  • – Höhere Ausfallsicherheit durch redundante Systeme

  • 8.

    Innovationspotenzial:

  • – Einfache Integration neuer Technologien (z.B. KI für Dokumentenanalyse)

  • – Schnellere Implementierung neuer Funktionen

  • 9.

    Standardisierung:

  • – Einheitliche Plattform fördert konsistente Prozesse

  • – Erleichtert die Einhaltung von Vorschriften und Standards

  • 10.

    Ressourcenoptimierung:

  • – Effizientere Nutzung von Rechenleistung und Speicher

  • – Umweltfreundlicher durch optimierte Serverauslastung

Diese Aspekte tragen dazu bei, dass Cloud-Lösungen als moderner Ansatz für den ERV gelten, der Effizienz, Flexibilität und Innovation fördert. Allerdings müssen bei der Implementierung immer auch Datenschutz, Sicherheit und spezifische rechtliche Anforderungen sorgfältig berücksichtigt werden.

Eine Lösung könnte ein hybrider Ansatz sein, der die Vorteile von Cloud-Computing (wie zentrale Verwaltung und einfache Skalierbarkeit) mit den Stärken verteilter Systeme kombiniert. Dies könnte beispielsweise durch eine föderierte Cloud-Architektur erreicht werden, die zentrale Dienste mit lokalen Instanzen verbindet.

Für den ERV könnte das bedeuten:

  • Zentrale Dienste für übergreifende Funktionen (z.B. Authentifizierung, Suchfunktionen)

  • Verteilte Speicherung und Verarbeitung für lokale Gerichte und Behörden

  • Edge-Computing für schnellen Zugriff und lokale Datenverarbeitung

  • Föderierte Struktur für Datenaustausch zwischen verschiedenen Instanzen

Dieser Ansatz würde die Effizienz und Modernität einer Cloud-Lösung mit der Robustheit und Flexibilität verteilter Systeme verbinden und könnte so den spezifischen Anforderungen des elektronischen Rechtsverkehrs besser gerecht werden.“

<Ende ChatGPT>

 

Sollen die besonderen elektronischen Postfächer von einer Kommunikationsplattform und Cloud abgelöst werden? Es scheint, als seien die Teilnehmer des 33. EDVGT noch sehr in der Gegenwart verhaftet. Wir sind gespannt, ob und wann in der Zukunft Kommunikationsplattform und Cloud Realität werden.

5.

BLK: Untersuchung der Machbarkeit einer bundeseinheitlichen Justizcloud – Sachstand

Das BMJ untersucht seit Anfang 2024 gemeinsam mit den Ländern und vielen weiteren Stakeholdern der Justiz-IT die Machbarkeit einer bundeseinheitlichen Justizcloud. Der Abschlussbericht wird im vierten Quartal 2024 vorgelegt werden. Die Untersuchung wird fachlich begleitet von der BLK AG Zukunft. Die Referierenden aus dem BMJ und aus den Justizministerien NRW, Niedersachen, Baden-Württemberg und Bayern informierten über die nächsten Schritte. Danach ist die Beschlussvorlage bei der Sitzung des E-Justice-Rats im September erfolgt. Der Abschlussbericht der Studie und eine Demo Justizcloud mit Proof of Concept erfolgen im Anschluss. Am 28.11.2024 erfolgt die Vorstellung der Justizcloud auf dem Bund-Länder-Digitalgipfel. Bei positiver Entscheidung ist der Start der Vorbereitungsphase geplant.

6.

BLK: E-Justice: Stand der Einführung der elektronischen Akte in den Verbünden

RiLG Fabian Kalmbach, Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg, MR Carsten Schürger, Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen und VorsRiLG Robert Wunderer, IT-Servicezentrum der bayerischen Justiz berichteten über den aktuellen Stand der Einführung der elektronischen Akte mit Hinblick auf den Stichtag zum 1.1.2026.

e²A – ergonomischer elektronischer Arbeitsplatz:

Einsatz in Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Saarland und Sachsen-Anhalt

Der elektronische Rechtsverkehr gehöre zum Alltag. Auf dem Weg gehe es in den Ländern des e²-Verbundes stetig voran.

Elektronisches Integrationsportal (eIP):

Einsatz in Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz

Die Weiterentwicklung von eIP und insbesondere die Einführung der elektronischen Akte in den Ländern des eIP-Verbundes habe weiter an Fahrt aufgenommen. Die Erfahrungen in der Praxis im Umgang mit der elektronischen Akte seien positiv, man könne sich kaum noch vorstellen, wie man ohne elektronische Akte arbeiten könnte.

eAkte als Service (eAS):

Einsatz in Baden-Württemberg, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen sowie Bundesgerichtshof und Generalbundesanwalt beim BGH, Bundessozialgericht und Bundespatentgericht

Hier gehört die ausschließlich digitale Aktenführung schon zum selbstverständlichen Arbeitsalltag.

Nachdem in der Zivilgerichtsbarkeit, der Verwaltungs-, Arbeits-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit die Umsetzung an vielen Gerichten schon abgeschlossen ist, ist in der Strafgerichtsbarkeit die elektronische Akte noch nicht Standard.

7.

Zugang zum Recht über service.justiz.de: Über die Zusammenarbeit in der digitalen Produktentwicklung – Von Nutzerbedürfnissen über Länderinteressen zu einheitlichen Lösungen für die deutsche Justiz

Hinter dieser etwas sperrigen Überschrift verbarg sich ein interessanter Einblick in die Zukunftswerkstatt der Justiz. Unter der Moderation von Isabelle Biallaß standen Dr. Sarah Röck, BMJ (DB3), Felix Völkel, Projektleiter Zivilgerichtliches Online-Verfahren, Moritz van Hövell, BMJ (DB1) und Christoph Böhmer, Projektleiter Digitale Rechtsantragstelle, Rede und Antwort.

Unter der URL service.justiz.de sollen zukünftig alle zuständigen Gerichte über ein Portal erreicht werden. Bekannt und in Betrieb ist bereits das Portal justiz.de, das Justizportal des Bundes und der Länder. Dort kann man das Orts- und Gerichtsverzeichnis einsehen, die Bekanntmachungen der Registergerichte und Informationen zum Elektronischen Rechtsverkehr abrufen; erhält verschiedene Formulare sowie Informationen über die BLK.

Felix Völkel stellte das Projekt Online-Klageverfahren für Fluggastrechte vor. Die Mission sei, durch eine maximal zugängliche und effiziente Justiz das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Staates zu stärken. Als Vision stellte er dar, dass Rechtssuchende einen unkomplizierten, digitalen Weg zur Lösung ihrer zivilrechtlichen Probleme auf der Basis einer zeitgemäßen Rechtsordnung erleben, während die Justiz durch effizientere Prozesse entlastet wird.

Es werden zwei Ansätze verfolgt: Fluggastrechte und Geldforderungen bis 5.000 EUR (soll aufgrund des Regierungsentwurfs zur Erhöhung des Zuständigkeitsstreitwertes auf 8.000 EUR angehoben werden). Als Schlüssel zu einem guten Produkt nannte Völkel eine nutzerorientierte Entwicklung, die Zusammenarbeit mit Experten aus den Pilotgerichten und dem BMJ sowie eine transparente Zusammenarbeit mit den Partnerländern. Aktuell nehmen 9 Partnerländer und 13 Pilotgerichte am Projekt teil:

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Als nächste Schritte sollen die Anbindung der Anwaltschaft (über beA) und die Erprobungsgesetzgebung folgen.

Dr. Sarah Röck informierte über den RegE vom 4.9.2024 zum Online-Verfahren. Es soll ein neues 12. Buch der ZPO zur Erprobung und Evaluierung geben. Sie stellte § 1121 Abs. 1 ZPO-E vor:

„Die Vorschriften dieses Buches dienen der praktischen Erprobung neuer digitaler Technologien, Kommunikationsformen und neuer Verfahrensabläufe in der Zivilgerichtsbarkeit und der Vorbereitung ihrer möglichen dauerhaften Regulierung“.

 

Es soll eine Öffnung des Zivilprozesses für Reallabore stattfinden und eine zielgerichtete Weiterentwicklung des Rechtsrahmens zur Modernisierung des Zivilprozesses erreicht werden. Sie stellte den Ablauf wie folgt dar:

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Die digitale Klageeinreichung soll für Bürgerinnen und Bürger, Organisationen und Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte über das Justizportal des Bundes und der Länder mittels digitaler Eingabesysteme erfolgen.

Moritz van Hövell stellte die Vision der Digitalen Rechtsantragstelle vor:

„Die Antragstellung wird so einfach, dass sie auch für Menschen ohne juristischen Hintergrund intuitiv, zugänglich und informativ ist. Justizmitarbeitende werden durch fehlerfreie Anträge, sowie integrative & strukturierte Daten bei ihrer täglichen Arbeit entlastet und haben so mehr Zeit für das Wesentliche – Menschen zu helfen. Wir wollen das Vertrauen in den Rechtsstaat stärken.

 

Er verdeutlichte sein Projekt in Zahlen:

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und erläuterte die Formate der Zusammenarbeit:

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Christoph Böhmer stellte das im Oktober 2022 gestartete Projekt der Beratungshilfe vor. Es ist seit August 2024 verfügbar. Nächste Projekte sind der PKH-Antrag und im Bereich der Zwangsvollstreckung (Insolvenz) geplant.

In der Fragerunde gab es weitere Zukunftseinblicke: Es soll 16 Bürgerportale für die Justiz mit Chatbot Integration geben. Auch eine Vollstreckungsdatenbank wird im BMJ geplant. Terminbuchungen sollen integriert werden. Für eine Justizcloud werden im BMJ Fakten gesammelt. Die Identifizierung soll über die Bund-ID (zukünftig Deutschland-ID) erfolgen. Mittelfristig soll die Anbindung an das EU-ID-Wallet möglich sein. Es wird an XJustiz-Datensätzen gearbeitet. Die Gespräche finden auf verschiedenen Ebenen statt. Es soll ein nutzerzentrierter Ansatz sein. Das BMJ stößt an, will neue Wege gehen, dafür gibt es eine neue Abteilung im BMJ, die konzeptioniert werden musste. Dr. Röckl erklärte, dass es Bund-Länder-Workshop mit den Beteiligten gäbe und man auch mit BRAK und DAV in Kontakt stehe.

Der Zugang zur Justiz soll durch eine Schnittstelle abgedeckt werden; in den Ländern gäbe es unterschiedliche Lösungen. Ziel: Wir wollen modular und schneller sein, brauchen gemeinsame Betriebsstrukturen, wollen mehr Kompetenzen erreichen.

Auf den Hinweis von Prof. Marie Herberger aus dem Publikum, das die Veröffentlichung von Online-Entscheidungen fehle, erklärte Dr. Röckl, dass es eine freiwillige Mitarbeit der Länder sei. Ein Gerichtsvollzieher a.D. merkte an, dass auch daran gedacht werden muss, dass die Rechtsantragsstelle für Bürgerinnen und Bürger in Gewaltschutzsachen schnell zugänglich sein muss. Böhmer erwiderte, dass es verschiedene Wege gebe, neben der Online-Möglichkeit bleibe die persönliche Kontaktaufnahme bestehen. van Hövell sprach von einer Entlastung der Justizmitarbeitenden durch die digitale Rechtsantragsstelle.

Auf die Frage von Biallaß nach einer Kommunikationsplattform erwiderte Dr. Röckl, dass im Erprobungsgesetz vermehrt Video-Konferenztechnik zum Einsatz kommen soll, aber Authentizität, Signatur und Schriftform etc. noch geklärt werden müssen.

Was ist im nächsten Jahr realisiert? Das Konzept sei fast fertig und soll 2026 umgesetzt werden.

Abschließend wurde der „Hidden Champion“ gekürt: „Ohne die Werkzeuge der eIDAS-Verordnung wird die Digitalisierung nicht vorankommen“.

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Weitere Informationen finden Sie auf der Website unter:

https://www.edvgt.de/.

Der 34. EDV-Gerichtstag findet vom 17. bis 19.9.2025 in Saarbrücken statt.

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