BGH,Urt. v.27.5.2020–VIII ZR 45/19
I. Der Fall
Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Miete. Die Klägerin, eine nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG eingetragene Inkassodienstleisterin bietet unter der Internetseite www.wenigermiete.de die Möglichkeit an, softwarebasiert die ortsübliche Miete zu ermitteln. Nach der Berechnung kann der Mieter den Auftrag erteilen, über § 556d Abs. 1 BGB hinausgehende Mieten zurückzufordern bzw. sonstige Ansprüche im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse geltend zu machen. Für den Fall des Erfolges stehen der Klägerin die Ersparnis für vier Monate als Entgelt zu. In diesem Zusammenhang tritt der Mieter sämtliche Ansprüche gegen seinen Vermieter an die Klägerin ab. Hier unterzeichnete eine von zwei Mieterinnen die Vollmacht samt Abtretung an die Klägerin. Diese verlangte von der Vermieterin Auskunft über die vom Vormieter gezahlte Miete und nach deren Erteilung die Erstattung überzahlter Miete. Die Klage hatte in den Tatsacheninstanzen im Wesentlichen Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision.
II. Die Entscheidung
Das Rechtsmittel blieb im Wesentlichen ohne Erfolg.
Der BGH hält zunächst die auf der Grundlage von § 556d Abs. 2 BGB erlassene Berliner Mietenbegrenzungsverordnung für wirksam. Insbesondere ist ihre Begründung durch Veröffentlichung auf der Internetseite des Abgeordnetenhauses ordnungsgemäß bekannt gemacht. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Verordnungsgeber die Veröffentlichung einer anderen Stelle überlassen hat. Dass nur eine der beiden Mieterinnen die Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB unterzeichnet hat, führt nicht zu ihrer Unwirksamkeit.
Die Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB ist entgegen bisweilen vertretener Auffassung keine Willenserklärung, sondern nur eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung (Staudinger/Emmerich, 2018, § 556g Rn 13; Fleindl, WuM 2015, 212, 217; a.A. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 14. Aufl. § 556g Rn 23; Erman/Dickersbach, BGB, 15. Aufl. § 556g Rn 6). Sie stellt zwar eine Tatbestandsvoraussetzung für die Rückforderung dar. Ihrem Zweck nach soll sie den Vermieter nur darüber in Kenntnis setzen, aus welchen Gründen, in welcher Höhe und ab welchem Zeitpunkt eine Rückerstattung verlangt wird. Dem genügt eine Rüge, die nur durch einen Vermieter ausgesprochen wird. Ebenso wenig ist die Abtretung der Ansprüche gegen den Vermieter deswegen unwirksam, weil sie nur von einer Mieterin unterzeichnet wurde. Dies führt alleine dazu, dass diese Mieterin nur die Rückzahlung in Mitgläubigerschaft (§ 432 BGB) und nicht als Gesamtgläubigerin nach § 428 BGB verlangen kann.
III. Der Praxistipp
Die Wiedergabe des ungemein umfangreichen (64 Seiten langen) Urteils beschränkt sich auf die mietrechtlich relevanten Aspekte der Rüge und Anspruchserhebung nur durch einen Teil der Mieter. Der VIII. Zivilsenat wiederholt darüber hinaus seine Ausführungen dazu, wieso die Anspruchsdurchsetzung an Inkassodienstleister übertragen werden kann (BGH, Urt. v. 27.11.2019 – VIII ZR 285/18).