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Fällung abgängiger Bäume in der Betriebskostenabrechnung

Fällung abgängiger Bäume in der Betriebskostenabrechnung

BGH, Urt. v. 10.11.2021 – VIII ZR 107/20

I. Der Fall

Die Mietvertragsparteien streiten um die Nachzahlung aus einer Betriebskostenabrechnung. Die Vermieterin ließ eine über 40 Jahre alte, mittlerweile morsche und nicht mehr standsichere Birke fällen. Die Kosten hierfür in Höhe von 2494,24 EUR legte sie in der Betriebskostenabrechnung auf die Mieter um. Die in Höhe von 415,29 EUR belastete Mieterin, die diese Kosten im Rahmen der Nachzahlung unter Vorbehalt zahlte, fordert die auf sie entfallenden Kosten zurück. Ihre Klage auf Rückzahlung blieb in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision.

II. Die Entscheidung

Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg. Die Frage, ob die Kosten für die Fällung abgängiger Bäume zu den umlagefähigen Betriebskosten gemäß § 2 Nr. 10 BetrKV zählen, ist umstritten. Teilweise wird dies deswegen verneint, weil es sich nicht um „laufende Kosten“ gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrKV handele (so etwa AG Potsdam WuM 2012, 203; AG Hamburg-Blankenese, ZMR 2015, 135, 136) oder weil der Vermieter nur einen Mangel der Mietsache beseitige (so LG Berlin, GE 1988, 355; AG Köln, WuM 2017, 592 f.), teilweise werden sie zu den Betriebskosten nach § 2 Nr. 10 BetrKV gezählt (so etwa LG München I, ZMR 2021, 116; LG Frankfurt/M., NZM 2005, 338). Der letztgenannten Ansicht folgt der BGH. Denn nach § 2 Nr. 10 BetrKV gehören die Aufwendungen für die Pflege von Pflanzen und Gehölzen zu den Betriebskosten. Bei Bäumen handelt es sich indessen sowohl um Pflanzen als auch um Gehölze. Dass nur ihre „Erneuerung“ in § 2 Nr. 10 BetrKV genannt ist, steht dem nicht entgegen.

Denn auch die Beseitigung abgängiger Pflanzen unterfällt dem Begriff der „Gartenpflege“ gemäß § 2 Nr. 10 BetrKV. Zudem setzt die Erneuerung von Pflanzen regelmäßig die Entfernung abgängiger Anpflanzungen voraus. Es handelt sich hierbei auch nicht um (nicht umlagefähige) Instandsetzungskosten. Denn von der Morschheit eines Baumes ist nicht pauschal auf die Mangelhaftigkeit der Mietsache zu schließen. Eine konkrete Zusammensetzung an Pflanzen in der Mietsache ist nämlich regelmäßig nicht geschuldet. Die Klassifizierung der Fällkosten als Betriebskosten scheitert auch nicht daran, dass es sich nicht um „laufende“ Kosten handelt. Denn diese müssen nicht jährlich oder in festgelegten Abständen entstehen. Es genügt auch ein mehrjähriger Turnus. Schließlich ergibt sich auch aus der Höhe der Kosten nichts anderes. Denn das Betriebskostenrecht gewährt nicht pauschal den Schutz des Mieters vor hohen Kosten im Einzelfall. Selbst ein sprunghafter Anstieg umlagefähiger Kosten ist kein Grund, eine Kostentragungspflicht des Mieters auszuschließen.

III. Der Praxistipp

Dass der BGH die Einordnung der Fällungskosten als Instandsetzungskosten ablehnt, wird nur damit begründet, dass regelmäßig kein konkreter Bepflanzungszustand geschuldet ist. Daraus folgt, dass bei diesbezüglichen Abreden doch ein Mangel vorliegen kann. Wird etwa eine bestimmte Gartengestaltung im Mietvertrag geregelt, dürfte die Abgängigkeit von Pflanzen sehr wohl einen Mangel darstellen. Die Abrede kann auch konkludent getroffen werden, wenn beispielsweise ein „herrlicher alter Solitär“ als Vorzug eines parkähnlichen Gartens genannt wird.

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