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Verbände fordern zukunftsfähige juristische Ausbildung

Mit der Ausbildung des juristischen Nachwuchses steht es schon länger nicht zum Besten. Über die Kritik am Jurastudium und am juristischen Vorbereitungsdienst haben wir an dieser Stelle bereits öfter berichtet (vgl. zum Thema zuletzt ZAP 2024, 663). Nun haben erneut mehrere juristische Verbände eine zeitnahe Reform angemahnt. In einer gemeinsamen Erklärung forderten Mitte Februar der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften, die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Anwaltverein, der Deutsche Juristinnenbund sowie die Neue Richtervereinigung, die juristische Ausbildung zukunftssicher auszugestalten.

In ihrem Appell heben die Verbände hervor, dass das 21. Jahrhundert viele Herausforderungen birgt, denen sich unser Rechtsstaat resilient und selbstbewusst stellen müsse. Hierzu müsse auch die juristische Ausbildung ihren Beitrag leisten. Sie solle Jurist:innen befähigen, Recht kritisch zu hinterfragen und gesellschaftlich einzuordnen. Unter Berücksichtigung dieser und weiterer Herausforderungen bedürfe die aktuelle Konzeption der juristischen Ausbildung einer Umgestaltung. Nachholbedarf sehen die Initiatoren vor allem in den Bereichen demografischer Wandel, Digitalisierung und Diversität.

Zum Aspekt des demografischen Wandels verweisen die Verbände auf die Nachwuchsprobleme, denen sich Anwaltschaft und Justiz bereits jetzt gegenübersehen. Im Ergebnis führe der absehbare Mangel an Volljuristen und -juristinnen zu einem erschwerten Rechtszugang für die Bevölkerung. Verschärft werde diese Entwicklung zum einen durch den Umstand, dass sich immer mehr Studienanfänger von vornherein für einen Bachelor-Studiengang mit juristischen Bezügen anstatt für eine volljuristische Laufbahn entscheiden würden. Zum anderen weise der volljuristische Studiengang zu viele Studienabbrüche auf.

Hinsichtlich der digitalen Transformation sind die Verbände überzeugt, dass sie die Arbeit von Anwaltschaft und Justiz umfänglich beeinflusse und möglicherweise grundlegend verändern werde. Die neuen Bedingungen der Informationsgesellschaft, der flächendeckende Einzug von Künstlicher Intelligenz, intelligente Datenbanken sowie die „allgegenwärtige Datafizierung“ erforderten eine gründliche Revision der juristischen Ausbildung im Hinblick auf einschlägige Schlüsselkompetenzen, so ihre Überzeugung. Dabei müsse auch der kritische Umgang mit Daten, (Des-)Information und Künstlicher Intelligenz umfassend ausgebildet und in der Breite sichergestellt werden. Die digitalen Kompetenzen des juristischen Nachwuchses müssten in den gesamten Verlauf der Ausbildung integriert werden.

Ein „ernst zu nehmendes Risiko“ für die Zukunft von Justiz und Anwaltschaft sehen die Verbände auch in der mangelnden Vielfalt unter Volljuristen. In den letzten Jahren mehrten sich die Hinweise aus der Wissenschaft, dass die juristische Ausbildung im Allgemeinen und die juristischen Staatsprüfungen im Besonderen Diskriminierungseffekte zeitigten, so ihre Feststellung. Dies trage mit dazu bei, dass verschiedene Gruppen und Diversitätsmerkmale in der Anwaltschaft und in der Justiz unterrepräsentiert seien. Wenn aber verschiedene Gruppen der Gesellschaft in der personellen Zusammensetzung von Anwaltschaft und Justiz nicht ausreichend repräsentiert seien, würde mittelfristig auch die gesellschaftliche Akzeptanz sowie das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat Schaden nehmen. Bereits die juristische Ausbildung müsse hierauf reagieren und Ungleichheiten sowie strukturelle Diskriminierungen inhaltlich thematisieren und Exklusionsmechanismen abbauen.

Der deutsche Rechtsstaat habe in den letzten 75 Jahren viele Errungenschaften hervorgebracht, schließen die Verbände ihren Appell. Damit dies in Zukunft so bleibe, müssten jetzt die Weichen dafür gestellt werden. Aus diesem Grund fordern sie die neue Bundesregierung auf, sich den Herausforderungen in beiden Phasen der juristischen Ausbildung anzunehmen und gemeinsam mit den Ländern und den Verbänden wirksame Lösungen zu erarbeiten.

[Quellen: BRAK/DAV/djb/NRV/BRF]

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