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Schiedsgutachtenabrede steht selbstständigem Beweisverfahren entgegen

Schiedsgutachtenabrede steht selbstständigem Beweisverfahren entgegen

Eine Schiedsgutachtenabrede steht einem selbstständigen Beweisverfahren grds. entgegen, soweit es um denselben Gegenstand geht. Das hat kürzlich der BGH entschieden und damit eine lang geführte Diskussion in Rspr. und Lit. beendet. Danach steht eine solche Schiedsabrede einem selbstständigen Beweisverfahren grds. entgegen, soweit das Beweisthema des beabsichtigen Beweisverfahrens sich mit dem gegenständlichen Anwendungsbereich der Schiedsgutachtenabrede deckt.

Die Frage war bislang in Rspr. und Lit. stark umstritten. Nach einer insb. in der Literatur vertretenen Auffassung soll das selbstständige Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO trotz entsprechender Schiedsgutachtenabrede uneingeschränkt zulässig bleiben. Dies bestreitet die wohl h.M.; ihr zufolge fehlt es für die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO grds. am notwendigen rechtlichen Interesse, soweit die Parteien eine Schiedsgutachtenabrede getroffen haben. Dazwischen stand eine vermittelnde Auffassung, derzufolge ein rechtliches Interesse i.S.v. § 485 Abs. 2 ZPO trotz Schiedsgutachtenabrede bestehen kann, solange das Schiedsgutachterverfahren noch nicht in Gang gebracht bzw. das Gutachten noch nicht eingeholt worden ist. Teilweise wird das rechtliche Interesse nach § 485 Abs. 2 ZPO auch davon abhängig gemacht, dass mit der Einholung eines Schiedsgutachtens nicht zu rechnen sein darf.

Der BGH hat sich nun der h.M. angeschlossen. In seinem – auch für die amtliche Sammlung vorgesehenen – Beschluss zu einem Baurechtsstreit heißt es: Eine Schiedsgutachtenabrede nach § 18 Abs. 4 VOB/B steht jedenfalls einer vorherigen oder parallelen Durchführung eines auf § 485 Abs. 2 ZPO gestützten selbstständigen Beweisverfahrens grds. entgegen, soweit das Beweisthema des beabsichtigen Beweisverfahrens sich mit dem gegenständlichen Anwendungsbereich der Schiedsgutachtenabrede deckt (BGH, Beschl. v. 26. 1. 2022 – VII ZB 19/21).

Der Senat begründet seine Auffassung damit, dass die Parteien durch die Schiedsgutachtenabrede ihren Willen zum Ausdruck gebracht hätten, dass sie bei entstehenden Auseinandersetzungen ein Schiedsgutachten wünschen, und damit gleichzeitig klargestellt hätten, dass daneben über das gleiche Beweisthema im Allgemeinen gerade keine gerichtliche Beweiserhebung in Angriff genommen werden solle. Das entspreche auch dem Grundsatz der Privatautonomie: Ob die Parteien bei Auseinandersetzungen über tatsächliche Fragen ein gerichtliches selbstständiges Beweisverfahren anstrengen wollten oder nicht, stehe grds. zu ihrer privatautonomen vertraglichen Disposition. Denn ein Vertrag, in dem sich eine Partei zu einem bestimmten prozessualen Verhalten verpflichte oder dazu, ein solches zu unterlassen, sei wirksam, wenn die Handlung oder Unterlassung möglich sei und weder gegen ein gesetzliches Verbot noch gegen die guten Sitten verstoße. Es fehle daher am rechtlichen Interesse für die vorherige oder parallele Durchführung eines streitschlichtenden Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO.

Dies gelte auch – wie im vorliegenden Fall – bei einer Schiedsgutachtervereinbarung nach § 18 Abs. 4 VOB/B. Die grundsätzliche Sperrwirkung der Schiedsgutachtenabrede trage außerdem dem Rechtsgedanken der Vermeidung doppelter Begutachtung in derselben Angelegenheit Rechnung; denn es wäre nicht nachvollziehbar, wenn staatliche Gerichte bemüht würden, obwohl die Vertragspartner sich bereits auf ein außergerichtliches Verfahren über den gleichen Beweisgegenstand geeignet hätten.

[Quelle: BGH]

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