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Aktive Nutzungspflicht des beA seit 1.1.2022

Aktive Nutzungspflicht des beA seit 1.1.2022

Bereits seit dem 1.1.2018 gilt für alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte die passive Nutzungspflicht ihres besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA). Danach ist jeder Inhaber eines Anwaltspostfachs berufsrechtlich verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zur Kenntnis zu nehmen (vgl. § 31a Abs. 6 BRAO).

Punktuell gab es bisher allerdings schon Bereiche, in denen eine aktive Nutzung gesetzlich vorschrieben war: So ist bei Zustellungen der Gerichte nach § 174 Abs. 3 ZPO über das beA seit dem 1.1.2018 ein elektronisches Empfangsbekenntnis (eEB) abzugeben. Die Landesregierungen hatten zudem die Möglichkeit, für ihre Kammerbezirke durch Verordnung zu bestimmen, dass die aktive Nutzungspflicht ganz oder teilweise bereits am 1.1.2020 oder am 1.1.2021 in Kraft tritt. Hiervon hatten Schleswig-Holstein und Bremen für einzelne Fachgerichtsbarkeiten Gebrauch gemacht.

Seit dem 1.1.2022 gilt nun eine generelle aktive Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs. Ab sofort sind deshalb alle Kolleginnen und Kollegen flächendeckend verpflichtet, den Gerichten Dokumente elektronisch zu übermitteln – das muss nicht zwingend über das beA geschehen, denkbar sind z.B. auch akkreditierte EGVP-Clients oder die DE-Mail mit Absenderbestätigung. Die Verwendung des beA liegt aber nahe, da jeder Rechtsanwalt/jede Rechtsanwältin ohnehin darüber verfügt. Die aktive Nutzungspflicht ist in folgenden Prozess- bzw. Verfahrensordnungen geregelt: § 130d ZPO, § 14b FamFG, § 46g ArbGG, § 65d SGG, § 55d VwGO, § 52d FGO und § 32d StPO (auch i.V.m. § 110c OWiG). Dokumente, für welche die Schriftform vorgeschrieben ist, müssen danach elektronisch eingereicht werden. Im Strafprozess „soll“ dies geschehen; eine Verpflichtung besteht hier aber nur bei der Berufung und ihrer Begründung, der Revision und ihrer Begründung, der Gegenerklärung sowie der Privatklage und der Anschlusserklärung bei der Nebenklage. Die Nutzungspflicht gilt grds. für alle anwaltlichen schriftlichen Anträge und Erklärungen nach der jeweiligen Verfahrensordnung. Die Form der Einreichung von Schriftsätzen ist eine Frage der Zulässigkeit und daher von Amts wegen zu beachten. Wird sie nicht gewahrt, ist die abgegebene Prozesserklärung unwirksam. Im Falle einer Klage erfolgt dann z.B. eine Abweisung durch Prozessurteil. Auf die Einhaltung der Form kann der Gegner weder verzichten noch kann er sich rügelos einlassen (vgl. § 295 Abs. 2 ZPO). Eine Ersatzeinreichung von Schriftsätzen in Papier bleibt den Fällen vorbehalten, in denen der Versand elektronischer Dokumente aus technischen Gründen vorübergehend unmöglich ist.

Viele Rechtsanwaltskammern hatten deshalb noch rechtzeitig vor dem Jahresende auf den neuen Stichtag hingewiesen und alle Kollegen/Kolleginnen, die sich noch nicht mit der aktiven Verwendung des Anwaltspostfachs befasst haben, gebeten, sich hier rasch kundig zu machen, um keine Rechtsnachteile zu erleiden. Schon die bisherige Rechtsprechung zeigt, dass es kein Pardon gibt, wenn die Vorgaben des elektronischen Rechtsverkehrs nicht eingehalten werden. Eine Wiedereinsetzung wird i.d.R. am Organisationsverschulden des Rechtsanwalts scheitern.

Für alle Anwälte und Anwältinnen, die noch nie einen Schriftsatz per beA versendet haben, ist es also nun allerhöchste Zeit, sich mit der aktiven Nutzung des Postfachs vertraut zu machen. Denn anders als bei lediglich passiver Benutzung birgt die aktive Nutzung des beA gleich eine ganze Reihe von Stolperfallen, die es zu vermeiden gilt. Einige der schon im vorgezogenen Betrieb – etwa in Schleswig-Holstein (s. oben) – unerwartet aufgetauchten Probleme sind:

  • die fehlende Durchsuchbarkeit des Dokuments (eine beliebte „Falle“ sind hier die anwaltlichen Briefköpfe, in denen oft Logos anstelle von Text verwendet werden);
  • die im System zulässigen Dateinamen
  • die Verwendung von Sonderzeichen
  • die Beachtung von Zahlenformaten, etwa bei Datumsangaben;
  • die Handhabung der elektronischen Signatur.

Hilfreich ist es deshalb für alle, die hier noch Kenntnisse nachholen müssen, sich schnell in das Thema einzulesen. Viele juristische Fachverlage haben entsprechende Ratgeber im Programm; Jungbauer/Jungbauer, Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) und der ERV (4. Aufl. 2022, Erscheinungstermin: 1.3.2022, DeutscherAnwaltVerlag, Bonn); ebenso hilfreich ist die kostenfreie E-Broschüre „Elektronischer Rechtsverkehr 5/2021: Endspurt zum verpflichtenden elektronischen Rechtsverkehr am 1.1.2022“ (Hrsg. Viefhues, DeutscherAnwaltVerlag), kostenfrei abrufbar unter https://www.anwaltverlag.de/rechtsgebiete/rechtsgebiete-von-a-bis-z/kanzleimanagement/1870/elektronischer-rechtsverkehr-5/2021-ebroschuere-pdf?c=12Ilona Cosack, ZAP 2022, S. 37 ff. (in dieser Ausgabe). Um auf dem Laufenden zu bleiben, sollte man unbedingt auch den „beA-Newsletter“ der Bundesrechtsanwaltskammer elektronisch abonnieren (auf der Internetseite der BRAK). Nützlich bei der täglichen Arbeit kann auch die im beA selbst enthaltene Anwenderhilfe sein (aufrufbar links neben dem Anmeldenamen). Darüber hinaus steht mit dem beA-Support im Internet eine weitergehende Hilfeseite bereit, die z.B. auch über aktuelle Störungen im beA-System informiert und eine Hotline anbietet (s. unter: https://portal.beasupport.de/external).

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