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DAV gegen teilweise Abschaffung des ministeriellen Weisungsrechts

DAV gegen teilweise Abschaffung des ministeriellen Weisungsrechts

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht plant, das Weisungsrecht der Länderjustizminister gegenüber den Staatsanwälten teilweise einzuschränken. Zumindest bei der justiziellen Zusammenarbeit innerhalb der EU sollen die Strafverfolger künftig keinen Weisungen aus den Ministerien mehr unterliegen. Hintergrund der Neuregelung ist eine Entscheidung des EuGH, der den deutschen Staatsanwaltschaften das Recht absprach, Europäische Haftbefehle auszustellen, weil sie nicht unabhängig genug seien (vgl. zu dem Vorhaben bereits Anwaltsmagazin ZAP 24/2020, S. 1282).

Während der Deutsche Richterbund (DRB) das Vorhaben umgehend begrüßte und zudem noch weitere Einschränkungen des ministeriellen Weisungsrechts forderte (vgl. Anwaltsmagazin ZAP 1/2021, S. 5), hat sich der Deutsche Anwaltverein (DAV) jetzt kritisch geäußert. Anders als der DRB hält er eine politisch weisungsgebundene Staatsanwaltschaft keineswegs für „antiquiert“, sondern im Gegenteil für geboten.

Eine unabhängige Staatsanwaltschaft könnte sich – so die Befürchtung des DAV – darauf berufen, dass auch ihre Entscheidungen unabhängig seien und dass eine richterliche Kontrolle somit nicht mehr notwendig wäre, warnte Rechtsanwältin Gül Pinar vom Ausschuss Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins. Wenn der Gesetzgeber Funktionen der ermittelnden Staatsanwaltschaft und der rechtsprechenden Gewalt nicht sauber trenne, könne daraus eine quasi-richterliche Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft abgeleitet werden. Das wiederum könne das System der Gewaltenteilung ins Wanken bringen und die Zuordnung der Staatsanwaltschaft zur Exekutive in Frage stellen. „Die Staatsanwaltschaft ist aber nicht Teil der Judikative,“ so Pinar weiter.

Diese Überlegungen, so der DAV, müssten auch für die jetzt geplante Abschaffung der Weisungsbefugnisse bezüglich Entscheidungen nach dem Achten bis Elften und Dreizehnten Teil des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen gelten. Dass es bei einem Haftbefehl auf Schnelligkeit ankomme, sei kein Grund dafür, Richter nicht mehr in die Entscheidung einzubinden. Ein Europäischer Haftbefehl solle nicht deshalb durch die ermittelnde Staatsanwaltschaft selbst angeordnet werden können, „weil es dann schneller gehe“. Bei einer derart freiheitsbeschränkenden Ermittlungsmaßnahme sei eine richterliche Kontrolle zwingend notwendig. Auch verpflichte das Europarecht den Gesetzgeber keineswegs, die Stellung der deutschen Staatsanwaltschaft und ihre Befugnisse bei der Ausstellung von Europäischen Haftbefehlen zu überprüfen. Zudem bestehe gar kein Handlungsdruck: Von dem Weisungsrecht werde derzeit nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht. „Wir haben in der Bundesrepublik keine politische Staatsanwaltschaft“, argumentiert der DAV.

[Quelle: DAV]

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