Strafrecht 2024 #11

Erforderliche Feststellungen bei der Aufklärungshilfe
1. Leistet ein Angeklagter Aufklärungshilfe, müssen der Aufklärungserfolg und die ihm zugrunde liegende richterliche Überzeugung im Urteil konkret und nachprüfbar festgestellt werden. 2. Äußern sich mehrere Tatbeteiligte, ist zudem die Reihenfolge der Angaben darzulegen, denn die Strafrahmenverschiebung nach § 31 S. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB kommt nur demjenigen zugute, der als erster einen Aufklärungsbeitrag leistet. Zeitlich […]
Begriff des „Unfalls im Straßenverkehr“
1. Ein allgemein zugänglicher privater Parkplatz gehört zum räumlichen Bereich des öffentlichen Straßenverkehrs. 2. Nicht jeder Unfall ist schon deshalb ein „Unfall im Straßenverkehr“ i.S.d. § 142 StGB, weil er sich im öffentlichen Verkehrsraum ereignet. Vielmehr setzt die Annahme eines „Verkehrsunfalls“ nach dem Schutzzweck der Norm des § 142 StGB einen straßenverkehrsspezifischen Gefahrenzusammenhang voraus. In dem „Verkehrsunfall“ […]
Neufestsetzung einer Strafe nach dem KCanG
1. Die Feststellung, ob eine Tat i.S.d. Art. 313 Abs. 1 S. 1 EGStGB nicht mehr strafbar ist, ist allein anhand der Urteilsfeststellungen zu treffen. 2. Steht nach den Urteilsfeststellungen die fehlende Strafbarkeit einer einer Einheitsjugendstrafe zugrunde liegenden Tat nach neuem Recht nicht fest, ist eine Neufestsetzung der Einheitsjugendstrafe nach Art. 313 Abs. 4 S. 2 i.V.m. Art. 313 Abs. 4 S. 1 EGStGB, […]
Keine Auswirkungen der Rechtsänderungen der FEVO durch das Cannabisgesetz?
Wurde die letzte Verwaltungsentscheidung in einem wegen Cannabis-Konsums geführten Fahrerlaubnis-Entziehungsverfahren vor dem 1.4.2024 erlassen, sind die Änderungen der Fahrerlaubnis-Verordnung durch das Inkrafttreten des CanG am 1.4.2024 ebenso unerheblich wie die Änderungen des § 24a StVG durch das am 22.8.2024 in Kraft getretene Sechste Gesetz zur Änderung des StVG und weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften. (Leitsatz des Gerichts) OVG […]
Haftzuschlag bei Aufnahme in ein Zeugenschutzprogramm?
Die Aufnahme in ein Zeugenschutzprogramm ist nicht vergleichbar mit einer Inhaftierung und/oder Unterbringung i.S.d. Vorbem. 4 Abs. 4 VV RVG und führt daher nicht zu einem (Haft-)Zuschlag. (Leitsatz des Verfassers) LG Limburg a. d. Lahn, Beschl. v. 29.2.2024 – 5 KLs – 5 Js 10388/21 I. Sachverhalt Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen Aufnahme in Zeugenschutzprogramm Die Angeklagte […]
Pflichtverteidiger nur im Vorführungstermin
Durch die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verteidiger für die Wahrnehmung eines Termins wird ein eigenständiges, vollumfängliches öffentlich-rechtliches Beiordnungsverhältnis begründet, aufgrund dessen der bestellte Verteidiger während der Dauer seiner Bestellung die Verteidigung des Angeklagten umfassend und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat. Daraus folgt, dass der Rechtsanwalt alle Gebühren eines Verteidigers nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG geltend […]
Verfahrensgebühr nach Zurückverweisung
Wenn der Verteidiger nach (Teil-)Aufhebung und Zurückverweisung eines Verfahrens durch das Revisionsgericht an das Berufungsgericht dem Mandanten den weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens erläutert, entsteht durch diese Tätigkeit die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren. (Leitsatz des Verfassers) AG Nürnberg, Beschl. v. 2.5.2024 – 401 Ds 207 Js 8267/22 I. Sachverhalt Aufhebung und Zurückverweisung durch das Revisionsgericht Der […]
StRR-Kompakt StRR_2024_11
Akteneinsicht: Erteilung von Auskünften an Krankenkassen Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts haben einen Anspruch auf Erteilung von Auskünften aus Ermittlungsakten gemäß § 474 Abs. 2 Nr. 1 StPO zur Prüfung der Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. OLG Braunschweig, Beschl. v. 28.8.2024 – 1 VAs 1-3/23 Zuziehung eines Dolmetschers: Abhören der Telefonüberwachung Ein fremdsprachiger […]
Cannabisgesetz (CanG) – Auswirkung auf die RVG-Verteidigervergütung
Am 1.4.2024 ist das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CanG) in Kraft getreten (BGBl 2024 I Nr. 109 vom 27.3.2024). Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit dessen Auswirkungen auf die RVG-Verteidigervergütung (zur ersten Rechtsprechung des BGH zum materiellen Recht Terwolbeck, StRR 8/2024, 6). I. Amnestieregelung in Art. 316p und 313 […]
„Befangene“ Staatsanwältin
1. Verletzt ein Staatsanwalt seine Pflicht zur Objektivität und Wahrung eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens derartig schwer und nachhaltig, dass sich sein Verhalten in der Hauptverhandlung aus Sicht eines verständigen Angeklagten als Missbrauch staatlicher Macht darstellt, so ist dessen Recht auf ein faires und justizförmiges Verfahren verletzt. 2. Das Urteil wird in einem solchen Fall regelmäßig auf […]
Neues Ablehnungsgesuch, alte Begründung
Ein zweites Ablehnungsgesuch nach Zurückweisung des ersten Ablehnungsgesuchs mit identischer Begründung legt die Annahme eines Verwerfungsgrundes i.S.d. § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO wegen bloßer Wiederholung der Ablehnung aus demselben Grund ebenso nahe wie die Annahme von Verschleppungsabsicht i.S.v. § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO. (Leitsätze des Verfassers) BGH, Beschl. v. 19.6.2024 – 5 StR 442/23 I. Sachverhalt Neues […]
Unterbrechung der Hauptverhandlung: Verhandeln zur Sache
Auch das alleinige Verlesen des Protokollkopfs einer überwachten Telekommunikation stellt ein Verhandeln zur Sache i.S.d. § 229 StPO dar. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 4.7.2024 – 5 StR 24/24 I. Sachverhalt Verfahrensrügen erfolglos Das LG hat den Angeklagten wegen Verstoßes gegen das BtMG zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wendet sich der […]
Fortführung der Nebenklage durch Erben des verstorbenen Nebenklägers; Fortwirkung einer Vertretungsvollmacht
1. Das Strafprozessrecht sieht eine Fortführung der Nebenklage durch Angehörige nicht vor. Ein „Eintreten“ in die Nebenklage oder eine „Fortführung“ derselben Nebenklage durch Angehörige des verstorbenen Nebenklägers ist nicht möglich. 2. Eine Anschlusserklärung ist nach dem Versterben des einzigen Nebenklägers nicht mehr möglich, wenn nur dieser Rechtsmittel gegen ein erstinstanzliches Urteil eingelegt hatte. 3. Die […]
Zulässigkeit der Berufungsbeschränkung in Strafsachen
1. Entscheidende Prüfsteine für die Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung sind der legitime Gestaltungswille des Angeklagten sowie das Gebot eines bewussten und verständigen Umgangs mit justiziellen Ressourcen („Prozesswirtschaftlichkeit“). 2. Es erscheint überfürsorglich und letztlich paternalistisch-etatistisch, wenn die Justiz im Bereich der Strafrechtspflege über den erklärten Willen des Angeklagten, eine für ihn nachteilige Entscheidung hinzunehmen, ohne dringenden Grund […]
Pflichtverteidiger im Nachverfahren der Strafermäßigungsprüfung nach dem KCanG
Zur Bestellung eines Pflichtverteidigers im Nachverfahren über die anlässlich des teilweisen Inkrafttretens des KCanG zum 1.4.2024 nach Maßgabe der Art. 313 Abs. 3 S. 3, 316p EGStGB gebotene Strafermäßigungsprüfung. (Leitsatz des Verfassers) LG Neuruppin, Beschl. v. 22.7.2024 – 11 Kls 5/22 I. Sachverhalt Nachverfahren nach dem KCanG Der Verurteilte ist nach altem Recht wegen bewaffneten […]

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