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Wer nicht richtig schwärzt … wird angeschwärzt? Inhalte aus Anwaltsakten auf Social-Media-Kanälen

Viele Juristen und Kanzleien bespielen ihre Social-Media-Kanäle mit kleinen Erfolgsgeschichten aus dem Anwaltsalltag. Beliebt geworden ist auch, abfotografierte Urteile, Beschlüsse oder Einstellungsmitteilungen auf Instagram oder Facebook zu posten. Man muss eben nur schauen, dass identifizierbare, personenbezogene Daten geschützt sind. Parteibezeichnungen oder Aktenzeichen werden daher geschwärzt. Aber reicht das wirklich immer?

Rechtsanwalt Alexander Metzler von der Kanzlei ROSE & PARTNER beschäftigt sich juristisch mit Softwareentwicklung und Lizenzierung sowie Datenschutz. Er erklärt, dass man bei diesem Thema schneller in Grauzonen unterwegs sein kann, als man annimmt. Manche Gründe liegen auf der Hand, manche wiederum sind in einer mangelnden Kanzleiorganisation begründet.

Der Mandant wurde erfolgreich rausgehauen. Schnell auf der Urteilskopie mit schwarzem Filzmarker ein paar Textzeilen schwärzen, Foto machen und ab ins Netz damit. Ist das immer so einfach?

Berühmte Juristenantwort: Es kommt darauf an. Allgemein spricht im Prinzip nur wenig dagegen, geschwärzte Urteile oder Beschlüsse zu veröffentlichen, die zugunsten der eigenen Mandantschaft ausgefallen sind. Allerdings unterliegen Anwälte zusammen mit Ärzten so ziemlich den strengsten Anforderungen, was die berufliche Verschwiegenheit betrifft. Man darf Dritten gegenüber nicht einmal bestätigen, dass man ein bestimmtes Mandat hat, sofern der Mandant nicht einwilligt. Das Datenschutz- und das anwaltliche Berufsrecht sind also schon große Bollwerke.

Haben Sie da ein Beispiel?

Gerichtliche Entscheidungen sind in der Regel öffentlich. Wenn ich die geschwärzt poste, wäre das letztlich fast nichts anderes, als wenn man im Verkündungstermin dabeisitzt. Es muss dann eben nur komplett anonym sein, wie es die Entscheidungen in Datenbanken der Gerichte ja auch sind, in denen Namen abgekürzt werden. Völlig anders sieht das bei Vertragsunterlagen aus. Wenn ein Anwalt Vertragsverhandlungen führt und am Ende führt dies zu einem Vertragsabschluss, sollte man den auf keinen Fall veröffentlichen, auch nicht mit geschwärzten Passagen. Es kann auch vorkommen, dass nicht vernünftig geschwärzt wird, Textteile übersehen werden oder sogar Namen entzifferbar durch die Schwärzung hindurchschimmern.

Ein Foto ist schnell hochgeladen. Wo lauern weitere Fallen, an die man vielleicht nicht sofort denkt?

Ich wäre zum Beispiel in der Tendenz vorsichtig bei nicht öffentlichen Verhandlungen. Der Ausschluss der Öffentlichkeit im Familienrecht hat ja seinen Sinn, Hintergrund sind die oft sensiblen Thematiken. Hier mag es sinnvoll sein, solche Mandate aus den Social-Media-Kanälen grundsätzlich herauszuhalten. Vor allem sollten sich Anwälte immer fragen: Was für einen Vorteil habe ich oder haben meine Follower davon? Wie kommt das, was ich als Marketinginstrument nutze, bei gegenwärtigen und potenziellen Mandanten an?

Wie meinen Sie das?

Wenn ein Mandant beispielsweise den Instagram-Kanal einer Kanzlei aufruft, und dann stehen da vielleicht 20 bis 30 geschwärzte Gerichtstexte oder Schriftsätze drin als einziger Inhalt, und sonst kaum etwas – das mag einigen doch zu viel sein. Manche Mandanten denken vielleicht, dass sie mit ihrem Rechtsproblem schnell auch im Internet landen. Ob geschwärzt oder nicht: Anwälte sollten sich daher auch ihre Mandantenstruktur anschauen, ob diese Form nicht auch auf Ablehnung stößt und es dem Kanzleimarketing im Einzelfall wirklich immer nützt.

Worauf sollten Anwälte und Kanzleien achten, wenn sie ihre digitalen Kanäle bespielen?

Juristen sollten genau wissen, was auf ihren Social-Media-Kanälen passiert und dass nicht unkontrolliert jeder den Kanal füllen darf. Ich kann das Posten von Akteninhalten komplett untersagen oder aber auch in einer Anweisung festhalten, ob und unter welchen Voraussetzungen geschwärzte Dokumente veröffentlicht werden. Das sollte aber in jedem Einzelfall der Anwalt selbst überwachen und sich bestenfalls auch das Bild zeigen lassen, was verwendet werden soll. Aus Organisations- und Haftungsgründen halte ich das für essenziell. Ebenso dürfen begleitende Texte zu geposteten Bildern keine identifizierbaren, personenbezogenen Daten enthalten oder Rückschlüsse auf Mandanten oder Sachverhalte zulassen.

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