In der Kanzlei, in der präzise Kommunikation und effizientes Arbeiten essenziell sind, ist es entscheidend, dass Sie sich als Führungskraft Gehör verschaffen. Anwält:innen und Mitarbeiter:innen arbeiten oft unter hohem Druck und mit strikten Fristen. Gerade hier ist es wichtig, eine Balance zwischen klarer Führung und einem respektvollen Umgang zu finden. Die nachfolgenden 9 spezifischen Strategien helfen Ihnen dabei, in Ihrer Kanzlei Gehör zu finden, ohne dabei rücksichtslos zu wirken.
Aktives Zuhören fördern – auch in Besprechungen
In einer Kanzlei ist es üblich, dass Besprechungen und Fallbesprechungen zeitlich begrenzt sind. Dennoch sollten Sie darauf achten, Raum für die Meinungen und Vorschläge Ihres Teams zu schaffen. Beispielsweise können Sie in einer Teambesprechung zu einem wichtigen Mandat bewusst den Junior-Associates Raum geben, ihre Einschätzung zu äußern. Durch aktives Zuhören und gezieltes Nachfragen vermitteln Sie Wertschätzung und sorgen dafür, dass alle Beteiligten sich gehört fühlen, bevor Sie Ihre eigenen Ansichten einbringen.
Klare und strukturierte Kommunikation – besonders in hektischen Phasen
Wenn Ihre Kanzlei in einer besonders hektischen Phase steckt, ist es umso wichtiger, klar und strukturiert zu kommunizieren. Etwa, wenn Sie einem Associate eine komplexe Rechercheaufgabe zu einem laufenden Gerichtsverfahren übertragen. Anstatt unklare Anweisungen zu geben („Klären Sie das bitte schnell.“), sollten Sie spezifisch sein („Bitte recherchieren Sie die aktuelle Rechtsprechung zu § XYZ, insbesondere Entscheidungen aus den letzten zwei Jahren, und liefern Sie eine Zusammenfassung bis morgen 16 Uhr.“). Präzise Kommunikation spart nicht nur Zeit, sondern stellt sicher, dass die Arbeit richtig erledigt wird.
Empathie und Verständnis zeigen – auch bei hoher Arbeitsbelastung
In einer Kanzlei kann der Druck groß sein, und nicht selten arbeiten Mitarbeiter:innen unter hoher Belastung. Zeigen Sie als Führungskraft gerade in diesen Situationen Empathie. Stellen Sie sich vor, ein:e Mitarbeiter:in hat mehrere Fälle parallel zu bearbeiten und kommt mit den Deadlines ins Stocken. Anstatt Druck auszuüben, könnten Sie proaktiv Hilfe anbieten: „Ich sehe, dass Sie gerade viel auf dem Tisch haben. Gibt es eine Möglichkeit, wie wir Ihnen helfen können, die Deadlines einzuhalten?“ Ein solches Vorgehen zeigt nicht nur, dass Sie die Arbeitslast Ihres Teams ernst nehmen, sondern schafft auch Vertrauen und stärkt die Teamdynamik.
Nonverbale Kommunikation beachten – im Meeting oder vor Gericht
Besonders in juristischen Berufen spielt die Körpersprache eine wesentliche Rolle. In Meetings, ob intern oder mit Mandant:innen, sollten Sie auf Ihre nonverbale Kommunikation achten. Wenn Sie beispielsweise in einer Teambesprechung die Arme verschränken oder einen energischen, abweisenden Ton anschlagen, könnten Sie unbewusst Dominanz signalisieren, was das Gesprächsklima negativ beeinflussen kann. Stattdessen empfiehlt sich eine offene Körperhaltung, bei der Sie Blickkontakt halten und entspannt sitzen. Das fördert den Dialog und den Austausch.
Konstruktives Feedback geben und einfordern – für eine Kultur des Lernens
Regelmäßig konstruktives Feedback ist essenziell. Nehmen wir an, ein:e Associate hat bei einer Mandantenpräsentation suboptimal abgeschnitten. Anstatt sie/ihn vor dem Team zu kritisieren, könnten Sie ein Einzelgespräch suchen, in dem Sie sowohl das Positive als auch die Verbesserungsmöglichkeiten hervorheben: „Ihre Argumentation war stark, aber in Zukunft wäre es hilfreich, wenn Sie sich auf die Schlüsselfragen des/der Mandant:in konzentrieren.“ Ebenso wichtig ist es, Feedback einzufordern. Indem Sie z. B. fragen: „Wie empfanden Sie meine Anweisungen für diesen Fall? Gab es Unklarheiten?“ Schaffen Sie eine offene Feedbackkultur, die Wachstum und Dialog fördert.
Sachlich bleiben – auch bei Konflikten
Konflikte in einer Kanzlei, sei es zwischen Anwält:innen, mit Mandant:innen oder anderen Stakeholdern, sind unvermeidlich. Wichtig ist, in solchen Situationen sachlich zu bleiben. Stellen Sie sich vor, ein:e Partnerin kritisiert öffentlich Ihre Arbeit oder eine Entscheidung. Eine impulsive, emotionale Reaktion könnte das Verhältnis belasten. Bleiben Sie ruhig und fokussieren Sie sich auf die Fakten. So zeigen Sie Selbstbeherrschung und Kompetenz. „Ich verstehe Ihre Bedenken, lassen Sie uns das gemeinsam durchgehen und die beste Lösung finden.“ So signalisieren Sie Bereitschaft zur Zusammenarbeit, ohne sich provozieren zu lassen.
Transparenz und Authentizität zeigen – gerade bei schwierigen Entscheidungen
In einer Kanzlei sind Entscheidungen oft komplex, sei es bei der Annahme eines neuen Mandats oder bei der internen Verteilung von Ressourcen. Transparenz in solchen Prozessen ist entscheidend, um das Vertrauen Ihrer Mitarbeiter:innen zu gewinnen. Angenommen, Sie entscheiden, ein Mandat trotz einiger Bedenkenträger:innen im Team anzunehmen. Erklären Sie Ihre Beweggründe offen: „Ich verstehe Ihre Bedenken, aber aufgrund unserer Expertise in diesem Bereich sehe ich hier großes Potenzial. Wir werden entsprechende Ressourcen bereitstellen, um das Mandat erfolgreich zu bearbeiten.“ Solche Erklärungen helfen dabei, Verständnis zu schaffen und Ihre Entscheidungen besser nachzuvollziehen.
Erfolgreiche Delegation und Einbeziehung des Teams – eine Win-Win-Situation
Eine der größten Herausforderungen besteht darin, Aufgaben effektiv zu delegieren. Wenn Sie in einem großen Fall arbeiten, kann es sinnvoll sein, nicht alles selbst zu erledigen, sondern Ihr Team gezielt einzubinden. Delegieren Sie etwa Recherchearbeiten oder erste Entwürfe von Schriftsätzen an jüngere Anwält:innen. Dies gibt ihnen die Möglichkeit, zu wachsen und Verantwortung zu übernehmen, und Sie haben die Kapazitäten, sich auf die strategischen Aspekte des Falls zu konzentrieren. Wenn das Team das Gefühl hat, dass seine Beiträge geschätzt werden, steigt die Motivation, Ihnen Gehör zu schenken.
Emotionale Intelligenz entwickeln – auch bei heiklen Mandantenverhandlungen
In Kanzleien, in denen die Arbeit oft durch hohe Ansprüche von Mandant:innen und komplexe rechtliche Fragestellungen geprägt ist, ist emotionale Intelligenz besonders wertvoll. Nehmen wir an, ein:e Mandant:in ist unzufrieden mit dem Fortschritt eines Falls. Statt defensiv zu reagieren, könnten Sie mit Verständnis und einem offenen Ohr auf die Situation eingehen: „Ich verstehe Ihre Frustration, und ich versichere Ihnen, dass wir unser Bestes tun, um den Fall zügig voranzutreiben.“ Lassen Sie uns gemeinsam die nächsten Schritte durchgehen.“ Durch emotionale Intelligenz entschärfen Sie potenzielle Konflikte und stärken gleichzeitig das Vertrauen in Ihre Kanzlei.
Fazit
Sich in einer Kanzlei Gehör zu verschaffen, ohne rücksichtslos zu wirken, erfordert eine Kombination aus Klarheit, Empathie und authentischer Führung. Gerade in einem Umfeld, in dem Präzision und Kommunikation entscheidend sind, ist es wichtig, dass Ihre Mitarbeiter:innen Sie als respektvolle Führungskraft wahrnehmen. Indem Sie auf die Bedürfnisse Ihres Teams eingehen, aktiv zuhören und transparent kommunizieren, schaffen Sie genau eine solche Arbeitskultur, in der Ihre Worte und Anweisungen nicht nur gehört, sondern auch respektiert werden.