Anwält:innen wird häufig nachgesagt, dass sie sehr leistungsorientiert sind. Sie haben schließlich mindestens ein anspruchsvolles Studium absolviert und streben danach, für ihre Mandant:innen das beste Ergebnis zu erzielen und entsprechende Fälle zu gewinnen. Der Ursprung darin liegt meist im eigenen Umfeld begründet.
Wenn Sie in einem Umfeld groß geworden sind, in dem Leistung eine entscheidende Rolle gespielt hat, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie zu einer/einem Leistungsträger:in herangewachsen sind. Begründet liegt dies in dem familiären, sozialen und gesellschaftlichen Umfeld, durch das Sie in ihrer Kindheit und Jugend geprägt wurden.
Nehmen wir zum Beispiel Ihr direktes Umfeld in den ersten Lebensjahren:
Im ersten Lebensjahr haben fast alle Babys dieselbe Unterstützung erfahren. Die Kleinen werden für jeden neuen Entwicklungsschritt gefeiert – vom ersten Lächeln, über den ersten Zahn, die erste eigene Drehung, bis hin zu den ersten Krabbel- und Geh-Versuchen. Und selbst hier gibt es bereits viele übereifrige Eltern, die die Entwicklung ihres Kindes im Wettbewerb zu anderen sehen. In der Krabbelgruppe hören Sie stolze Eltern, die z.B. wie folgt über ihre Kleinen sprechen:
Vielleicht haben auch Sie solche Gespräche schon einmal verfolgt.
In den nächsten Jahren geht es genauso weiter. Dann kommen die frühkindlichen Fördermaßnahmen dazu: Von Pekip, über Kleinkind-Wassergymnastik, erste Musikangebote bis hin zum ersten spielerischen Englisch- oder Chinesischunterricht. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Darunter befinden sich mit Sicherheit viele wunderbare Kurse, die den Kindern sehr viel Spaß machen.
Die Frage ist nur, mit welcher Intention diese Kurse gebucht werden. Geht es einzig darum dem Kind mit Spaß Wissen zu vermitteln? Oder steckt eher der Drang der Eltern dahinter, ihr Kind für das weitere Leben so aufzustellen, dass es die bestmögliche Leistung abliefern kann und wird. Um es so früh wie möglich schon bestmöglich in ein späteres Leistungssystem reinzupressen. In das System, in das mit Sicherheit gar nicht alle Kinder hineinpassen. Denn jedes Kind ist einzigartig.
Und zumindest Studien beweisen, dass all dies für die gesunde Entwicklung des Kindes nicht nötig ist. Im Gegenteil, die Kinder benötigen eher Zeit, sich frei zu entfalten, Zeit sich auch einmal zu „langweilen“, um ihre Kreativität zu entdecken. Bei manch frühkindlichem „Aktivitätsplan“ bleibt ggf. gar nicht mehr viel Puffer dafür übrig.
Mit Sicherheit verfolgen alle Eltern die bestmögliche Absicht für ihre Kinder, allerdings handeln sie häufig geprägt durch eigene Erfahrungen und Muster, die sie mehr oder weniger ungefiltert an ihre eigenen Kinder weitergeben.
Sollten Sie Kinder haben, hinterfragen Sie sich doch gerne selbst, wie Sie bislang agiert haben.
In der Schule geht es dann weiter. Selbst wenn Sie den seltenen Fall erleben durften, dass Leistung in Ihrem Elternhaus keine Rolle gespielt hat, wurden Sie spätestens hier mit dem Thema konfrontiert. Auf einmal gab es Noten, Sie wurden bewertet und mussten sich zwangsläufig mit anderen Kindern messen. Und schon waren Sie mittendrin im Leistungsrad.
Das Jura-Studium verlangt nach wie vor enorm viel an Leistung ab. In keinem anderen Fach in Deutschland wird die Leistung zukünftiger Arbeitnehmer so stark am Studienerfolg bemessen wie bei den Nachwuchsjuristen. Das vollbefriedigende Ergebnis in der juristischen Prüfung ist eine überdurchschnittliche Leistung und für die meisten das höchste Ziel.
Zusätzlich zum eigenen direkten Umfeld spielt das Thema Leistung auch gesellschaftlich und kulturell eine Rolle. Die Rede ist von einer Leistungsgesellschaft, in der wir leben. Anerkannt wird, wer etwas geleistet hat, meist verbunden mit einer ordentlichen Portion Anstrengung.
Leistungsträger:innen werden häufig als überdurchschnittlich engagiert wahrgenommen, als Macher und als verlässliche Säulen in einem Unternehmen. Sie gelten als sehr empathisch und strahlen Verantwortungsbewusstsein und soziale Kompetenz aus. Außerdem haben sie eine enorm hohe intrinsische Motivation, sind diszipliniert und ausdauernd bis in die Haarspitzen. Durchweg anerkannte, positive Eigenschaften.
Und jetzt kommt das ABER:
Leistungsträger:innen haben einen enorm hohen Anspruch – vor allem an sich selbst. Das führt dazu, dass sie sich gerne verausgaben, Überstunden machen, rotieren und selten zur Ruhe kommen. Und: Sie verkaufen sich häufig unter Wert. Weil sie durch ihre Leistung glänzen wollen und nicht durch einen verkäuferischen Auftritt. Damit bleiben sie, was die eigene Karriere angeht, gerne unter ihren Möglichkeiten.
Das sind die tief verankerten Leistungsmuster. Gerade bei allen, die schon in der Kindheit die Gleichung aufgemacht haben „Liebe gibt es gegen Leistung“ oder den Glaubenssatz übernommen haben „Für Erfolg muss man hart arbeiten“, ist das Thema Leistung quasi in jeder Zelle des Körpers tief verankert. Im vegetativen Nervensystem läuft quasi ein Film in Dauerschleife ab, der Leistungsträger:innen weiter und weiter rotieren lässt.
Und noch schlimmer: Häufig fällt es Leistungsträger:innen schwer einen Erfolg anzuerkennen, der mit Leichtigkeit ins eigene Leben eingezogen ist. Der wird gerne abgetan, dass es „Zufall“ war und die Freude darüber bleibt leider aus. Weil es im Kopf von Leistungsträger:innen nur die Verknüpfung Leistung = Erfolg gibt und das eine ohne das andere quasi undenkbar ist.
Hierzu gibt es eine sehr effektive Übung, die Ihre unterschwelligen Leistungsmuster zutage befördern wird. Die Übung besteht aus folgenden vier Schritten:
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