Erinnern Sie sich noch an die Dresscodes der Studentenzeit, besonders der 90er und 2000er Jahre? Was fällt Ihnen da ein? Birkenstock-Sandalen werden es mit Sicherheit nicht sein. Eher Bootsschuhe aus Leder und Hemden mit dem aufgestickten Polospieler. Wer in einem alten Landrover Defender aus Hamburg-Harvestehude zur Vorlesung fuhr, sollte eben als standesgemäße Erscheinung aussteigen.
Jurastudenten? Erkennt man sofort!
Das Jurastudium war schon damals nicht nur ein Streben nach Wissen, sondern auch die perfekte Bühne für modische Selbstdarstellung. In den heiligen Hallen deutscher Universitäten erkannte man Jurastudenten sofort – an den Klamotten und einem gewissen Habitus. Das Juridicum als Catwalk.
Durch die Kombination von V-Ausschnitt-Pullover und Polohemd, vorzugsweise von Ralph Lauren, hat man die akademische Ernsthaftigkeit unterstrichen, während gleichzeitig eine gewisse nonchalante Eleganz suggeriert wurde. Man wollte schließlich intellektuell und lässig zugleich wirken. Casual.
Und auch die Wahl der Accessoires durfte nicht vernachlässigt werden. Es mochte die unkundige Germanistik- oder SozPäd-Studentin überrascht haben, dass die teure Longchamp-Tasche von Jurastudentinnen zur feinen Aufbewahrung für Gesetzestexte geradezu degradiert wurde, doch wer Luxusgegenstände für den Alltagseinsatz nutzt, signalisiert: Wer kann, der kann.
Vom Studenten zum Anwalt – was tragen Juristen heute?
Mittlerweile sind alle erwachsen geworden und als Anwälte erfolgreich. Hat sich der Look geändert? Sagen wir mal so: teils, teils. Wenn es draußen frisch wird oder regnet, heißt es noch immer bei einigen: “Wachsjacke – warum nicht?” Die 90er lassen grüßen! Doch so ein wenig englischer Landadel-Chic geht zumindest in Hamburg auch außerhalb des Anglo-German Club noch ohne Weiteres durch.
Während Anwälte in den größeren Kanzleien meist noch immer korrekt im Anzug erscheinen, ist bei vielen mittelgroßen und kleinen Kanzleien von der Strenge studentischer Dresscodes nicht mehr viel übriggeblieben. Da wird nicht nur am Donnerstagnachmittag schon der Casual Friday eingeläutet und der Schlips gelockert, sondern oftmals wird gar keiner mehr getragen. Nie. Weder bei Mandantenbesprechungen noch vor Gericht. Und bei Vorträgen werden zum Anzug einfach weiße Sneaker kombiniert.
Meine Kanzlei, mein Haus, mein Boot
Bei den etwas überangepassten Jurastudenten von damals würde sich bei dem Anblick die Stirn in tiefe Falten legen: “Das kann doch nicht sein! Sehen wir bald alle aus wie BWL’er?”
Möglich, Justus. Zumindest der Bootsschuh-Style ist nicht mehr nur den Juristen vorbehalten. Sie haben jedoch nach wie vor ein Distinguierungsmerkmal: Mittlerweile erfolgreiche Anwälte geworden, tummeln sie sich in den Segelclubs und Jachthäfen Europas – nun aber nicht mehr, weil sie dazugehören wollen, sondern weil sie es tun. Bootsbesitzer sind unter Anwälten nicht selten und da passt dann auch der Schuh und der locker über die Schulter gelegte Pullover von Ralph Lauren. 90er Jahre lassen grüßen? Mitnichten! Kürzlich las ich, dass die Marke wieder im Kommen ist. Anwälte als modische Avantgarde und Early Adopter? Es gibt nichts, was es nicht gibt.