So richtig neu ist die Mediation inzwischen nicht mehr. Diffus geblieben in ihrer Relevanz ist sie allerdings auch nach mehr als 12 Jahren Mediationsgesetz. Ist die Mediation nun eine nette, aber bedeutungslose Keksrunde mit Konfliktparteien, die Kosten sparen wollen, oder ist es die echte und nachhaltigere Alternative zum streitigen Verfahren? Und für wen lohnt es sich, Mediationen anzubieten? Vielleicht haben Sie schon einmal daran gedacht, das Kanzleiportfolio um ein Mediations-Angebot zu erweitern. An diese Punkte sollten Sie denken.
Haben Sie gern recht?
Von der Mediation als strukturiertes Verfahren, in dem die Parteien selbst zu einer Lösung kommen, haben inzwischen alle gehört. Wesentlicher Unterschied zur Anwaltstätigkeit: Als Anwältin oder Anwalt vertreten Sie die Interessen einer Partei. Als Mediatorin oder Mediator sind Sie allparteilich. Das heißt, dass Sie im Sinne aller Beteiligten durch das Verfahren führen und auch allen gleichermaßen verpflichtet sind. Sie sorgen für eine Basis der Kommunikation, die eine eigenverantwortliche und einvernehmliche Lösung durch die Beteiligten selbst möglich macht. Dieser Wechsel der Rolle kann herausfordernd sein. Und auch unsere nicht selten ziemlich ausgeprägte Überzeugung, die richtige Lösung zu kennen, ist an dieser Stelle nicht hilfreich. Denn es geht in der Mediation eben nicht um unsere eigene Idee für die perfekte Lösung – auch wenn sie aus unserer Perspektive auf der Hand liegen mag.
Sie mögen keinen Streit?
Es ist ein Irrtum, dass Sie dann in der Mediation besser aufgehoben sind als in der klassischen anwaltlichen Tätigkeit. Denn in der Mediation sind Sie mittendrin und das ungefiltert. Die Mediation ist kein Weichspüler der Konflikte für Zartbesaitete. Es kann herausfordernd sein, die gezeigten Emotionen der Beteiligten auszuhalten und gleichzeitig weiter ein konstruktives Gespräch zu ermöglichen. Und genau dafür sind Sie in der Mediation verantwortlich. Ob es nun erfüllender ist, den Beteiligten das Finden einer eigenen Lösung ermöglicht zu haben oder in höchster Instanz ein streitiges Verfahren zu gewinnen, ist sicherlich eine Frage des Typs. Einen scharfen Blick für das Wesentliche und Klarheit für den Prozess brauchen Sie in beiden Verfahren.
Unbedingt ein Gewinn: Die Ausbildung
Sicher ist: Die in einer fundierten Mediationsausbildung erlernten Tools werden Ihre Handlungsoptionen erweitern und auch dann Ihren Blick auf Konflikte verändern, wenn Sie nicht nur noch oder schwerpunktmäßig Mediationen anbieten. Ein Gespür für das, was hinter einem Konflikt steckt, hilft Ihnen auch als Vertretung nur einer Seite. Die in der klassischen Ausbildung vernachlässigte Kommunikationskompetenz kann sich in allen Bereichen positiv auswirken. Viele Mediatorinnen und Mediatoren berichten von einer veränderten Haltung zu Konflikten und den daran beteiligten Menschen. Diese Haltung zeigt sich nicht nur im Mediationsverfahren selbst, sondern auch in allen übrigen Tätigkeitsfeldern.
Noch immer Chance und Herausforderung zugleich
Seit 2012 gibt es das Mediationsgesetz und seit 2016 die Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren. Im Juli 2017 hat die Bundesregierung einen Bericht über die Auswirkungen des Mediationsgesetzes auf die Entwicklung der Mediation in Deutschland und über die Situation der Aus- und Fortbildung veröffentlicht. 1244 Teilnehmende haben den Fragebogen für die Studie ausgefüllt. Ein Ergebnis: Die Auswirkungen des Mediationsgesetzes sind sehr überschaubar. Die Anzahl der durchgeführten Mediationen war gleichbleibend gering, und die Tätigkeit vieler Mediatoren konzentrierte sich darauf, neue Mediatoren auszubilden. Die Verdienstmöglichkeiten wurden von den meisten Teilnehmenden als gering betrachtet.
Das klingt ernüchternd und hat sich auch in den letzten Jahren noch nicht entscheidend geändert. Es kann aber gleichzeitig eine Chance sein: Auf dem Gebiet der Mediation sind Sie noch immer Pionier. Und können sehr kreativ werden in dem, was Sie anbieten – besonders wenn Sie digitale Möglichkeiten mit einbeziehen.
Statt schlecht bezahlte Kaffeeklatsch-Runden zu veranstalten, können Sie eine hochwertige Alternative zur gerichtlichen Auseinandersetzung anbieten. Wichtig ist dabei genau wie bei anwaltlicher Tätigkeit: Eine glasklare Positionierung, die mit fachlicher Expertise punktet und die Menschen auch verstehen. Die Ausgestaltung der Zertifizierung nach dem Mediationsgesetz ist in der Bevölkerung kaum bekannt. Machen Sie deshalb klar, was Sie können und anbieten. Kekse können Sie dann immer noch bereitstellen.