Kennen Sie das? Sie hatten einen stressigen Tag und sind abends eigentlich sehr müde und freuen sich auf den wohlverdienten Schlaf. Aber kaum liegen Sie im Bett geht das Gedankenkarussell los und obwohl Sie hundemüde sind, finden Sie einfach nicht in den Schlaf. Oder Sie wachen nachts auf und können nicht mehr einschlafen, weil Sie alle möglichen Szenarien im Kopf durchgehen. Am nächsten Morgen stehen Sie gerädert auf und fühlen sich überhaupt nicht erholt. Was ist passiert?
Schlaf ist ein wesentlicher Baustein eines nachhaltig gesunden Lebens. Das dürfte mittlerweile allen bekannt sein. Warum er aber gerade so wichtig ist, wenn es um das Thema Stressabbau geht, darum soll es in diesem Artikel gehen.
Dafür werfen wir zunächst einen Blick in unser Gehirn. Genauer gesagt geht es um die Amygdala. Diese ist ein Teil des limbischen Systems und ist über Nervenbahnen mit vielen anderen Hirnregionen verbunden. Sie übernimmt wichtige Aufgaben, wie die Verarbeitung und den Vergleich emotionaler Erinnerungen.
Wie funktioniert die Amygdala?
Sehr vereinfacht dargestellt fungiert die Amygdala wie ein Wachhund. Alle Situationen, die bei ihr ankommen werden in sicher oder unsicher eingestuft. Ist etwas sicher geht alles seinen gewohnten Gang. Wir können weiterhin klar denken und gute Entscheidungen treffen. Wird aber etwas als unsicher oder sogar gefährlich eingestuft – also ein emotionaler Gehalt mit dem Wahrgenommenen verknüpft – ruft sie Alarmstufe rot aus. Dann leitet die Amygdala diese Information an die Nervenbahnen weiter und es kommt zur Ausschüttung von Botenstoffen wie Dopamin, Serotonin und Adrenalin.
Evolutionsgeschichtlich machte das auch sehr viel Sinn. Bei der Wahrnehmung von Angst und der daraus resultierenden Ausschüttung von Adrenalin waren wir in der Lage vor dem Säbelzahntiger zu flüchten oder uns zur Wehr zu setzen.
Heute führt diese Reaktion dazu, dass wir gestresst sind. Wir atmen flacher, sind meist unkonzentrierter und treffen schlechtere Entscheidungen.
Welche unsicheren Situationen, bzw. Stressauslöser gibt es?
Die Auslöser dafür sind bei allen Menschen unterschiedlich. Manche sind gestresst, wenn sie wissen, dass sie einen Vortrag halten sollen. Einige stressen vor allem Konfliktsituationen. Und wieder andere haben Stress bei der Vorbereitung eines Kindergeburtstages.
Die beste Möglichkeit diesen Stress abzubauen, bietet ein guter Schlaf. Und neben der Tief- und Leichtschlafphase ist hier der REM-Schlaf (Rapid-Eye-Movement-Schlaf) von besonderer Bedeutung. Diese Schlafphasen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich die Augen schnell unter den geschlossenen Lidern bewegen, dienen unserem Wohlbefinden.
Sie sind u.a. in der Lage unsere Stresspakete aus dem Weg zu räumen. In einer guten Nacht mit 7-8 Stunden Schlaf haben wir i.d.R. 4-5 REM-Phasen.
Was passiert in den REM-Phasen genau?
Stellen Sie sich das Gehirn einmal wie eine Wohnung vor. Jetzt verlassen Sie morgens Ihre Wohnung mit einer leeren Einkaufstasche. Über den Tag verteilt füllen Sie die eine oder andere Einkaufstasche mit Stress und stellen Sie in Ihre Wohnung hinein. Am Abend haben sich so vielleicht 3-4 Einkaufstaschen angesammelt.
In der Nacht können Sie diese nach und nach durch die REM-Phasen in die passenden Räume und Schränke etc. packen. Und im besten Fall ist am Morgen alles verräumt und Ihre Wohnung sieht tip top aus.
Schlafen Sie jetzt allerdings nicht 7-8 Stunden, sondern vielleicht nur 4-5 Stunden, weil Sie im Gedankenkarussell feststecken, haben Sie vielleicht nur 2-3 REM-Phasen. Das führt dazu, dass Ihr Gehirn es nicht schafft alle Einkaufstaschen wegzuräumen. Morgens stolpern Sie auf dem Weg zur Kaffeemaschine direkt über die erste Tasche. Oder Sie schlafen schlecht und Ihr Gehirn versucht nur schnell die Einkäufe loszuwerden, räumt dadurch aber Ihre Zahnpasta und das Duschgel neben den Käse in den Kühlschrank. Das kann für ein paar Tage gut gehen. Jetzt stellen Sie sich aber einmal vor, das geht über mehrere Wochen jede Nacht so. Dann sieht Ihre Wohnung ganz schön chaotisch aus.
Was können Sie also tun, um Ihre Schlafqualität selbst zu verbessern und auch in stressigeren Phasen ausreichend gesunden Schlaf zu bekommen?
Neben einer gesunden Ernährung und weniger Zeit vor dem Bildschirm – gerade am Abend kurz vor dem Schlafen gehen – probieren Sie doch einmal folgende Möglichkeiten aus:
- Gehen Sie möglichst jeden Abend zur selben Zeit ins Bett. Je regelmäßiger Sie das schaffen, desto besser kann Ihr Körper sich darauf einstellen und wird es Ihnen mit einem guten Schlaf danken.
- Suchen Sie sich eine Abendroutine. Etwas, was Sie jeden Abend machen. Wirklich jeden Abend. Das muss nichts Kompliziertes sein. Vielleicht lesen Sie immer noch 10 Minuten und öffnen dabei die Fenster, um frische Luft ins Schlafzimmer zu lassen. Und bevor Sie die Fenster schließen, gehen Sie gedanklich den Tag noch einmal durch und seien Sie dankbar für alle schönen Momente, die Sie sicherlich hatten. Wenn Sie noch einen Schritt weiter gehen möchten, können Sie auch 3 Dinge in ein kleines Journal schreiben für die Sie an diesem Tag dankbar sind. Dieses lassen Sie am besten direkt auf ihrem Nachttisch liegen.
Falls Sie nachts häufig im Gedankenkarussell feststecken:
- Suchen Sie sich eine Schublade oder eine schöne Kiste aus, die sich möglichst außerhalb Ihres Schlafzimmers befinden sollte. Dort legen Sie einen Zettel oder einen Block hinein. Jeden Abend vor dem Schlafengehen schreiben Sie alle Dinge auf, die Sie gerade bewegen oder Ihnen durch den Kopf gehen. Anschließend schließen Sie die Schublade, bzw. Kiste und nehmen sich bewusst vor, diese Gedanken am nächsten Morgen wieder aufzunehmen.
- Falls Sie nachts immer noch übersprudeln vor Ideen können Sie sich alternativ auch noch einen Zettel neben das Bett legen und sich nachts dort eine schnelle Notiz machen, um den Gedanken einfach loslassen zu können.
- Konzentrieren Sie sich in den Momenten des Gedankenkarussells einzig und allein auf Ihre Atmung. Und zählen Sie im Kopf bis 4 beim Einatmen, halten Sie die Luft auf 4 an, atmen Sie auf 4 wieder aus und halten den Atem wieder auf 4 an. Sehr wahrscheinlich werden Ihre Gedanken anfangs immer noch einmal zurück schweifen. Verabschieden Sie sich davon und beginnen Sie wieder von vorne.
Gerade wenn diese Übungen neu für Sie sind: Geben Sie sich Zeit und bleiben Sie dran. Nach wenigen Wochen werden auch Sie sicher mit einem erholsameren und längeren Schlaf belohnt.