Na, haben Sie sich schon die Stulle für den nächsten Bürotag geschmiert? Oder leisten Sie sich stattdessen täglich den Mittagstisch im Restaurant um die Ecke? Ersteres macht Arbeit, letzteres kostet Geld. Ihnen mag das egal sein, weil Sie ohnehin so viel verdienen, dass die 300 EUR im Monat für den Mittagstisch nicht ins Gewicht fallen. Aber glauben Sie, Ihre Angestellten denken ähnlich großzügig? Wie würde Ihre ReFa reagieren, wenn Sie ihr zukünftig das Mittagessen zahlen würden? Würde sie dankend ablehnen? Mit Sicherheit nicht. Im Gegenteil. Und, warum bieten Sie es ihr nicht an?
Free lunch? Ein alter Hut!
Das Konzept kostenlosen Essens bei der Arbeit ist nicht neu. Tech-Riesen wie Google oder Facebook gehörten zu den ersten Unternehmen, die diesbezüglich großzügige Regelungen für ihre Mitarbeiter trafen. Kleine und mittlere Kanzleien hingegen, mit ihrer traditionell eher konservativ geprägten Sicht auf Arbeitnehmervergünstigungen, haben die Vorteile dieser Zusatzleistung noch nicht erkannt. Jedenfalls habe ich diesen Punkt noch nie in einer Stellenanzeige gelesen. Oder sind sich Kanzleiinhaber der Vorteile nicht bewusst?
Vorteile kostenlosen Essens bei der Arbeit
Essen als Zusatzleistung – das kann auf vielerlei Weise geschehen: gemeinsamer Lunch mehrmals im Monat, “After-Work-Pizza” in der Kanzlei, gesunde Inhouse-Snacks oder verhandelte Vergünstigungen in Restaurants der Nachbarschaft. Ob täglich oder bloß wöchentlich, das ist alles flexibel handhabbar. Wichtig ist, dass die Chancen, die diese Geste mit sich bringt, erkannt werden.
- Büroklima: Regelmäßig stattfindende gemeinsame Essen fördern die hierarchieübergreifende Kommunikation. Als Kanzleiinhaber bekommt man so nach einiger Zeit einen ganz neuen Draht zu den Mitarbeitern. Das schafft Vertrauen. Also, weg mit dem Schlips und ran an den Speck: Ob Partneranwalt, Kollege, Referendarin oder ReFa – beim Lunch geht’s um Augenhöhe und auch mal Gespräche jenseits der Arbeitsthemen.
- Wertschätzung: Wer stressige Tage hat oder lange Abende in der Kanzlei sitzt, ist schnell mal ausgepowert, erschöpft oder genervt. Freies Mittag- bzw. Abendessen kann hier als Geste der Wertschätzung angesehen werden. Lob, Respektsbekundung und kleine Gesten – all dies sollte im Kontext Vorgesetzter/Mitarbeiter nicht unterschätzt werden.
- Gesündere Mitarbeiter: Je nachdem, welchen Weg eine Kanzlei wählt, ob z.B. gemeinsame Essen oder Gutscheine, können kostenlose oder bezuschusste Mittagessen dazu führen, dass die Mitarbeiter sich gesünder ernähren. Dies lässt sich beispielsweise durch die Wahl der Inhouse-Snacks (Obst statt Süßes) oder des Partner-Restaurants (Sushi statt Fastfood) steuern. Die vielen Vorteile gesunder Ernährung sind hinlänglich bekannt: Gesundheit, weniger Stress, weniger Brainfog, kein Nachmittagstief,… All das steigert Energielevel, Konzentration und Produktivität.
- Arbeitgeberattraktivität: Extraleistungen wie freies Mittagessen sind bei der Anwerbung neuer Mitarbeiter nicht zu unterschätzen. Sie signalisieren dem Bewerber, dass es sich um eine moderne Kanzlei handelt, die am Wohlergehen ihrer Mitarbeiter interessiert ist.
- Mitarbeiterzufriedenheit: Um dem Fachkräftemangel in einer Kanzlei vorzubeugen, müssen nicht nur zuverlässig neue Kräfte gewonnen werden. Mindestens genauso wichtig ist es, die erfahrenen, guten Mitarbeiter zu halten. Durch die Wertschätzung, die gemeinsame Mittagessen zum Ausdruck bringen, sind die Mitarbeiter bestenfalls zufriedener, loyaler und motivierter. Die Fluktuation sinkt.
Kosten und Mühen sind es wert
Die Vorteile von freiem Mittagessen liegen auf der Hand, doch ein paar Herausforderungen sollen hier nicht unerwähnt bleiben:
- Kosten: Unter den wenigen Nachteilen wird der Kostenfaktor ein Hauptargument sein. Hier muss eine Abwägung stattfinden. Wenn sich eine Kanzlei für freies Mittagessen entscheidet, muss das nicht zwingend fünfmal die Woche sein. Alles ist mö Beginnen Sie doch mit einem freien Mittagessen pro Woche und schauen Sie, wie es ankommt.
- Individualität: Die verschiedenen Ernährungsgewohnheiten und -restriktionen stellen eine weitere Herausforderung dar. Doch es sollte selbstverständlich sein, dass z.B. auf Kollegen, die vegetarische Kost bevorzugen, Rücksicht genommen wird.
- Organisation: Logistische Erwägungen wie etwa der Ort des Essens (Restaurant, Besprechungsraum etc.), die Essensvariationen, die Bezugsquelle (Restaurant, eigene Küche, Catering) müssen anfangs einmal durchdacht werden. Auch die steuerlichen Optionen müssen abgewogen werden. Zum Gesamtprozess sollten dann regelmäßig Feedbackschleifen eingebaut werden, um stetige Verbesserung des Angebots zu gewährleisten.
Kostenloses Mittagessen als “perk” in kleineren und mittleren Kanzleien sollte weniger als Gehaltsbestandteil, sondern vielmehr als strategisches Element gesehen werden. Schließlich entlastet es die Mitarbeiter, spart ihnen Zeit, fördert Gesundheit und Produktivität und sorgt mit einfachen Mitteln für etwas mehr Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Beim Anwerben neuer Mitarbeiter ist es zudem ein angenehmes Alleinstellungsmerkmal, das viele mittelständische Kanzleien bislang außer Acht lassen. Das ist Ihre Chance!