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Zwangsvollstreckung gegen juristische Personen Zwangsvollstreckung_2025_02

Titulierte Forderungen gegen juristische Personen

I.

Problematik bei Forderungen gegen juristische Personen

a) Was ist unter dem Begriff „juristische Person“ zu verstehen?

Eine juristische Person ist eine rechtlich anerkannte Organisation oder Institution, die Träger von Rechten und Pflichten sein kann – ähnlich wie eine natürliche Person. Sie besteht eigenständig und kann z.B. Verträge abschließen, Eigentum besitzen oder vor Gericht klagen und verklagt werden.

Unterschieden wird zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts wie z.B. Städte, Gemeinden usw. und juristischen Personen des Privatrechts.

Zu den juristischen Personen des Privatrechts gehören z.B.

  • die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH),

  • als Sonderform auch die Unternehmergesellschaft (UG),

  • die Aktiengesellschaft (AG),

  • die Genossenschaft (eG),

  • die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA),

  • der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG),

  • als ausländische Gesellschaft mit Mittelpunkt in Deutschland die Britische Private Limited Company (Ltd.).

Im Rahmen der Zwangsvollstreckung gegen juristische Personen des Privatrechts treten häufig Probleme bei der Realisierung von Forderungen auf, weil die Vollstreckungsorgane (z.B. Gerichtsvollzieher, Finanzämter, Sozialversicherungsträger, Bundesagentur für Arbeit und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften) feststellen, dass Firmen nicht mehr existent sind oder bereits die Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO abgegeben haben, damit vermögenslos sind und eine Realisierung der Forderung oftmals scheitert.

In vielen Fällen wird die Akte geschlossen und der Gläubiger bleibt auf seiner ausstehenden Forderung und auf den oft nicht unerheblichen Kosten „sitzen“.

Welche Verpflichtungen seitens des schuldnerischen Unternehmens bestehen und gibt es gleichwohl Möglichkeiten, eine Realisierung der Forderung herbeizuführen?

Dazu folgendes:

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) am 1.11.2008 wurde die Insolvenzantragspflicht in die Insolvenzordnung verlagert.

Gleichzeitig ist die Insolvenzverschleppungshaftung in das Insolvenzrecht integriert worden. Die Vorschrift des § 15a InsO beinhaltet (auszugsweise):

§ 15a InsO (Auszug):

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Insolvenzantrag zu stellen …

4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 (…) einen Eröffnungsantrag

1. nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder

2. nicht richtig stellt.

b) Wer ist antragspflichtig?

Antragspflichtig sind die Organe der Gesellschaft, also

  • der Geschäftsführer der GmbH,

  • die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft oder Genossenschaft,

  • der persönlich haftende Gesellschafter bei der KGaA,

  • der Direktor der Britischen Ltd.

Gläubigerhinweis:

Die Antragspflicht besteht dabei nicht nur für die offiziellen Geschäftsführer, sondern auch für faktische Gesellschafter (Lutter/Hommelhoff, GmbG Anh. zu § 64 Rn 49)!

Wer ist faktischer Gesellschafter?

Unter faktischen Gesellschaftern sind Personen zu verstehen, die nach außen hin wie Geschäftsführer auftreten, offiziell jedoch nicht bestellt oder nicht im Handelsregister eingetragen sind.

Woran erkennt der Gläubiger einen faktischen Geschäftsführer?

  • Er trifft eigenverantwortlich und bedeutsame betriebliche Entscheidungen.

  • Er tritt Dritten gegenüber als Geschäftsführer auf.

  • Er erteilt Weisungen gegenüber dem Personal oder auch dem offiziellen Geschäftsführer.

  • Er hat offensichtlich die Kontrolle über die Geschäftstätigkeit und beeinflusst damit maßgeblich die Ausrichtung des Unternehmens.

Können durch die faktische Geschäftsführertätigkeit rechtliche Konsequenzen erwachsen?

Ja.

  • Der Geschäftsführer haftet für Pflichtverletzungen bei nicht fristgemäßer Insolvenzantragstellung.

  • Er kann bei sonstigen Verstößen u.U. strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden (z.B. Steuerhinterziehung, § 370 AO; Untreue, § 266 StGB; Betrug, § 263 StGB; Insolvenzverschleppung, § 15a InsO).

  • Er haftet auch gegenüber Behörden und Sozialversicherungen.

  • Bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung kann evtl. eine persönliche Haftung begründet werden.

c) Wann liegt Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vor?

Gemäß § 17 Abs. 2 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist primär in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

Mit einer Grundsatzentscheidung hat der IX. Senat des BGH am 24.5.2005 klargestellt, wie die Zahlungsunfähigkeit nach der Insolvenzordnung zu bestimmen ist (BGH NZI 2005, 547 ff., BGH NZI 2007, 36 ff.; BGH NZI 2007, 579). Die vorgenannte Entscheidung wurde konkretisiert durch die Urteile des BGH vom 12.10.2006 (BGH NZI 2007, 53 ff.) und 19.7.2007 (BGH NZI 2007, 579 ff).

Zahlungsunfähigkeit liegt z.B. vor bei

Zahlungsstockung, d.h. wenn bei Fälligkeit lediglich Teilzahlungen erfolgen (LG Frankfurt/Main ZInsO 2014, 1065 ff.; KG ZInsO 2019, 898 ff.),

  • Vorhandensein einer Liquiditätslücke von 10 % oder mehr (IDW-FN 4/2015, 202),

  • Stundungsvereinbarungen (BGH ZInsO 2007, 1115; BGH ZIP 2008, 706 ff.).

Indizien für eine Zahlungsunfähigkeit (Braun, Kommentar InsO, 10. Aufl. 2024, § 17 Rn 43 und 45) können auch sein:

  • Schließung des Geschäftslokals oder Flucht vor Gläubigern (BGH ZIP 2006, 1056 ff.),

  • Lastschriftrückgaben (OLG Schleswig ZInsO 2014, 1619),

  • Kündigung von Krediten bzw. deren Androhung,

  • Lieferung nur gegen Barzahlung,

  • Lieferung nur gegen Vorauskasse,

  • Wechsel- und Scheckproteste,

  • Pfändungsmaßnahmen durch den Gläubiger,

  • größere Anzahl von Mahn- und Vollstreckungsbescheiden (OLG Oldenburg ZInsO 2015, 314, BGH GmbHR 2015, 803 ff.),

  • Nichtabführen von Steuern und Sozialabgaben (BGH NZI 2006, 591; LG München ZInsO 2010, 1009 ff.; BFH ZInsO 2011, 975 ff.; OLG Oldenburg ZInsO 2015, 2025 ff.),

  • Zahlungsrückständen bei Löhnen (BGH ZIP 2008, 706 ff.; BAG ZInsO 2012, 834 ff.),

  • Zahlungsrückständen bei betriebsnotwendigen Leistungen, z.B. Strom, Miete (OLG Dresden ZIP 2014, 1642 ff.; LG Düsseldorf ZInsO 2015, 154 ff.),

  • Stundungsbitte (BGH NZI 2007, 36 ff.; OLG Celle ZInsO 2009, 1203 ff., OLG Karlsruhe ZInsO 2014, 2042 ff.; BGH ZInsO 2015, 396 ff.; LG Bremen ZInsO 2019, 908 ff.),

  • Ratenzahlungsvereinbarung (BGH ZInsO 2012, 2048; BGH ZInsO 2013, 190 ff.),

  • Abgabe der Vermögensauskunft (BGH ZInsO 2013, 2107 ff.; Wagner, EWiR 2014, 53 ff.; BGH ZinsO 2013, 2109 ff.).

Grundlegend für die Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit ist, dass die Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen werden (BGHNZI 2017, 64 ff.). Werden stattdessen ständige Zahlungsrückstände durch den Schuldner nur vor sich hergeschoben, welche er nur allmählich abträgt, verwirklicht sich dadurch ein typisches Merkmal der Zahlungseinstellung (Baun, Kommentar InsO, 10. Aufl. 2024, § 17 Rd. 37).

Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (§ 19 Abs. 2 InsO).

d) Was bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“?

Der Insolvenzantrag ist ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt des Insolvenzgrundes zu stellen. Ohne schuldhaftes Verzögern bedeutet dabei, dass die Antragspflicht nicht erst mit Ablauf der Dreiwochenfrist beginnt, sondern schon mit dem objektiven Eintritt des Insolvenzgrundes (BGH NJW 1979, 1823 ff.) Die Dreiwochenfrist ist also eine Höchstfrist, der Antrag ist ggf. früher zu stellen, wenn eine mögliche Sanierung endgültig gescheitert ist (Braun, InsO-Kommentar InsO, 10. Aufl. 2024, § 15a Rn 16; Baumbach/Hueck/Haas, GmbHG § 64 Rn 163; OLG Hamburg ZIP 2010, 2448 ff., Geißler, ZInsO 2013, 167). Höchstfristen dürfen nicht ausgeschöpft werden, wenn bereits zu einem früheren Zeitpunkt feststeht, dass Aussicht auf nachhaltige Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung nicht besteht (Morgen/Arends, ZIP 2021, 447).

e) Strafrechtliche Relevanz

Wie bereits unter Buchstabe a) dargestellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer einen Eröffnungsantrag

1. nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder

2. nicht richtig stellt.

Zur strafrechtlichen Relevanz hier nur am Rande:

Täter i.S.v. § 15a InsO sind insbesondere die Organe der juristischen Person. Auch der faktische Geschäftsführer der GmbH kann Täter sein (BGH NZI 2015, 186 f. m. Anm. Floeth, NZI 2015, 187).

Auch die fahrlässige Verletzung der Antragspflicht ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bedroht. Einfache Fahrlässigkeit reicht hierfür aus (Weyand, ZInsO 2008, 702 ff.)

Fahrlässigkeit liegt auch vor, wenn das Organ zwar den Eröffnungsgrund nicht kennt, sich aber nicht ausreichend über die finanzielle Lage der Gesellschaft informiert hat. Bestehen Anzeichen einer Krise, so hat der Geschäftsführer die Pflicht, sich durch Aufstellung eines Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen.

Achtung:

Verschafft sich der Geschäftsführer trotz der Anzeichen einer Krise keine Informationen über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft und weiß er deshalb nicht um deren Überschuldung, kann dadurch der Tatbestand der – bedingt – vorsätzlichen Insolvenzverschleppung erfüllt sein (BGH ZInsO 2018, 709 ff.; 2019, 258 ff.; Braun, Kommentar InsO, 10. Aufl. 2024, § 15a Rn 35).

f) Welche zivilrechtliche Auswirkung hat die verspätete Anmeldung für den Geschäftsführer?

Eine verspätete Insolvenzantragstellung kann einen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB begründen, wenn dieser gegen ein zum Schutz eines anderen bezweckenden Gesetzes verstößt. Er ist dementsprechend zum Ersatz des hieraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Gilt der Schadensersatzanspruch auch bezüglich sogenannten „Strohmann“-Geschäftsführern?

Ja.

Das LG Verden hat durch Urt. v. 14.12.2023, 3 O 84/23, hierzu wie folgt entschieden:

Urteil LG Verden:

Der Geschäftsführer einer GmbH, der seiner Insolvenzantragspflicht gemäß § 15a Abs. 1 InsO nicht nachkommt, haftet einem vertraglichen Gläubiger für den Schaden, der diesem dadurch entsteht, dass er mit der überschuldeten oder zahlungsunfähigen Gesellschaft noch in Rechtsbeziehung getreten ist. Dies gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer nicht an der Geschäftsführung mitwirkte oder nur als „Strohmann“-Geschäftsführer eingesetzt war.

Gläubigerhinweis:

Versäumt der Geschäftsführer die ihm obliegende Insolvenzanmeldungspflicht gemäß § 15a InsO, hat er einem vertraglichen Neugläubiger den Schaden zu ersetzen, die ihm dadurch entsteht, dass er mit der überschuldeten oder zahlungsunfähigen Gesellschaft noch in Rechtsbeziehung getreten ist. Ersatzfähig sind Schäden, die durch die Insolvenzreife der Gesellschaft verursacht worden sind (BGH, Urt. 14.5.2012, II ZR 130/10, ZIP 2012, 1455 = DStR 2012, 1872 Rn 14 m.w.N.; JurBüro 6/2004, 327).

Auch wenn der Schuldner nur als „Strohmann“-Geschäftsführer agiert, der in Wirklichkeit keine Geschäftsführertätigkeit wahrnimmt, haftet dieser (OLG Jena, ZIP 2002, 631; OLG Frankfurt/Main, BeckRS 2017, 156837 Rn 37; BGH 2019, 1719 Rn 19).

II.

Welche Zugriffsmöglichkeiten stehen dem Gläubiger zu?

Der Grund, dass eine GmbH eine fällige Rechnung nicht begleicht, kann in der Regel zwei Hauptursachen haben:

a) Entweder die Ware war mangelhaft oder

b) die GmbH ist zahlungsunfähig.

Erfolgte keine Zahlung wegen Mangelhaftigkeit, hat in der Regel eine entsprechende Vorkorrespondenz stattgefunden, aus der sich die Gründe für die Nichtzahlung ergibt.

Erfolgt trotz erfolgter Zahlungserinnerungen und Mahnung keinerlei Reaktion oder liegen die unter Buchstabe c) genannten Punkte vor, wird die GmbH offensichtlich nicht zahlen können, so dass sich unter Umständen eine Durchgriffshaftung auf den Geschäftsführer ergibt.

a) Welche Verpflichtungen obliegen dem Geschäftsführer?

Der Geschäftsführer hat

  • eine Innenhaftung (persönliche Haftung gegenüber der GmbH bei Pflichtverletzungen oder Fahrlässigkeit),

  • eine Außenhaftung (Haftung gegenüber Dritten bei Steuerverstößen, Sozialversicherungsversäumnissen oder verspäteter Insolvenzanmeldung),

um nur zwei Punkte zu nennen.

b) Was ist aus Gläubigersicht bei Vorliegen der Geschäftsführerhaftung zu tun?

Grundsätzlich ist eine Aufnahme des Geschäftsführers einer GmbH in einer Klage oder in einem Mahnbescheidsantrag automatisch nicht möglich, da grundsätzlich nur das Gesellschaftsvermögen haftet (§ 13 Abs. 2 GmbHG).

Ein eigenständiger Haftungsgrund gegen den Geschäftsführer kann jedoch vorliegen:

  • bei deliktischem Verhalten (§ 823 BGB) bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Schädigung, wie z.B. Betrug, Täuschung, unerlaubter Handlung, wissentlich falscher Zusicherung,

  • bei Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO), also bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung; der Gläubiger muss jedoch nachweisen, dass Insolvenzreife vorlag und durch die verspätete oder nicht erfolgte Insolvenzantragstellung ein Schaden entstanden ist,

  • bei Steuer- und Sozialabgaben-Verstößen (§ 69 AO, § 266a StGB); in einem solchen Fall liegt u.U. sogar eine Gesamtschuldnerhaftung vor,

  • bei persönlicher Bürgschaft oder Schuldübernahme.

c) Welche Besonderheiten sind bei Beantragung eines Mahnbescheides gläubigerseits zu beachten?

1. Alternative (Geltendmachung per Mahnbescheid)

Bei einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides müssten die GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer, und der Geschäftsführer als Gesamtschuldner aufgenommen werden.

Widerspricht der Geschäftsführer bezüglich seiner persönlichen Haftung, muss im Klageverfahren detailliert belegt werden, warum eine persönliche Haftung vorliegt.

Wie erfolgt die Zwangsvollstreckung bei entsprechender Titulierung?

Dem Gläubiger steht die Möglichkeit zu, sowohl gegen die GmbH als auch gegen den Geschäftsführer persönlich zu vollstrecken.

2. Alternative (Geltendmachung per Klage)

Was sollte der Gläubiger bei einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung hinsichtlich der Geschäftsführerhaftung bei der klagweisen Geltendmachung beachten:

Liegt gegenüber dem Geschäftsführer eine vorsätzlich unerlaubte Handlung vor empfiehlt es sich, auf Seiten des Gläubigers zu klagen und zu beantragen:

1. den Geschäftsführer zu verurteilen,

2. festzustellen, dass es sich um eine vorsätzlich unerlaubte Handlung handelt

Hat das klagweise Vorgehen für den Gläubiger vollstreckungsmäßige Vorteile?

Ja.

Der Gläubiger hat bei einer Verurteilung zur Zahlung und Feststellung des Bestehens einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung die Möglichkeit einer Pfändung gemäß § 850f ZPO. Er pfändet damit wie ein Unterhaltsgläubiger in den sogenannten Vorrechtsbereich. Das ist der Bereich, der ansonsten nur einem Unterhaltsgläubiger vorbehalten ist.

Magazinbild

Wie die obige Tabelle zeigt, kann hier der Gläubiger B trotz des Bestehens einer Vorpfändung in den Vorrechtsbereich gemäß § 850f ZPO vollstrecken.

Gibt es für die vorgenannte Vollstreckung etwas zu beachten?

Ja.

In der Vergangenheit konnte fast bei jedem Titel die Pfändung gemäß § 850f ZPO vorgenommen werden. Der BGH hat jedoch durch Urt. v. 5.4.2005, VII ZB 17/05, die Vollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid ausgeschlossen. In dem Urteil heißt es:

Urteil BGH

„Durch die Vorlage eines Vollstreckungsbescheides kann der Nachweis einer Forderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO durch den Gläubiger nicht geführt werden.“

Liegt allerdings eine vorsätzliche unerlaubte Handlung vor und ist der Gläubiger lediglich im Besitz eines Vollstreckungsbescheides, hat der BGH durch Beschl. v. 26.9.2002, IX ZB 180/02, entschieden, dass das Privileg einer Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung durch eine titelergänzende Feststellungsklage möglich ist.

Der BGH betonte in seinem Urt. v. 5.11.2009, IX ZR 239/07, darüber hinaus, dass durch die titelergänzende Feststellungsklage festgestellt werden kann, ob eine Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht und somit nicht von der Restschuldbefreiung erfasst wird.

III.

Fazit

Besteht eine Forderung gegenüber einer juristischen Person, hier insbesondere gegenüber einer GmbH, sollte der Gläubiger unter Berücksichtigung der in diesem Aufsatz aufgeführten Zahlungsunfähigkeits- oder Überschuldungsgründen kritisch prüfen, ob wegen einer etwaigen bestehenden Durchgriffshaftung des Geschäftsführers eine Aufnahme in den Titel dienlich sein könnte.

Ausblick

Der nächste Infobrief setzt sich mit der für den Gläubiger wichtigen Bedeutung der Eintragung einer Sicherungshypothek auseinander. Was sind die Voraussetzungen dieser Vollstreckungsmaßnahme? Wann ist die Eintragung möglich? Was sollte hinsichtlich der Verzinsung beachten werden und welche Vorteile bietet sie auch für den Fall, dass der Schuldner die Durchführung eines Insolvenzverfahrens anstrebt?

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