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Neues Zwangs-Formular verpflichtend ab 1.12.2023: Der Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses bzw. Nachtbeschlusses

Auch das bisherige Formular „Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses“ wurde im Zuge der Änderungen der ZVFV neu überarbeitet, kann bereits jetzt benutzt werden, muss allerdings zwingend benutzt werden ab 1.12.2023.

Ausgangspunkt für den Formularzwang ist die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZVFV, welche folgendes festlegt:

§ 2 Abs. 1 Nr. 2 ZVFV

(1) Die Formulare der Anlage 1 bis 5 sind ausschließlich für die folgenden Zwecke verbindlich:

1. das Formular der Anlage 1 für Vollstreckungsaufträge an Gerichtsvollzieher zur Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen,

2. die Formulare der Anlagen 2 und 3 für Anträge nach § 758a Absatz 1 der Zivilprozessordnung,

3. die Formulare der Anlagen 4 und 5 für Anträge nach § 829 der Zivilprozessordnung und für Anträge nach den §§ 829 und 835 der Zivilprozessordnung.

Damit würde sich bei genauer Betrachtung dieser Vorschrift der Formularzwang lediglich auf den Durchsuchungsbeschluss selbst (§ 758a Abs. 1 ZPO) beziehen, nicht hingegen auf den Nachtbeschluss bzw. Sonn- und Feiertagsbeschluss (§ 758a Abs. 4 ZPO).

Gleichwohl sieht das neue Formular vor, dass beide Beschlüsse entweder isoliert oder aber kombiniert mit diesem Formular beantragt werden können.

Das neue Formular besteht aus zwei Teilen, nämlich aus dem Antrag (Anlage 2 zur ZVFV) und aus dem Beschlussentwurf, der vom Gläubiger auszufüllen ist (Anlage 3 zur ZVFV).

Zum Antragsformular (Anlage 2 zur ZVFV):

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Ähnlich wie bereits im Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher wurde das „Deckblatt“ neu gestaltet. So ist als allererstes der Schuldner aufzunehmen, um auf diesem Weg für die Justiz relativ unkompliziert die Frage der Zuständigkeit klären zu können.

Gänzlich nicht nachvollziehbar ist überdies das weitere in sämtlichen Formularen eingeführte Feld bezüglich der „Kontaktdaten des Ansprechpartners“, wobei eine Begriffsdefinition für einen „Ansprechpartner“, geschweige denn überhaupt der Begriff des Ansprechpartners der gesamten ZPO nicht zu entnehmen ist.

Interessant ist ferner, dass zwar „beantragt wird, den beigefügten Entwurf ausgefüllt als Beschluss zu erlassen“, jedoch ist zu diesem Zeitpunkt völlig unklar, wer überhaupt diesen Antrag stellt, da der Gläubiger mit keinem Wort im Antragsformular erwähnt wird, ebenso wenig wie der Gläubigervertreter, der allerdings offenbar künftig als „Ansprechpartner“ agieren soll.

Der Gläubiger bzw. Gläubigervertreter hat sodann im Anschluss die Wahl,

  • entweder die Notwendigkeit eines Durchsuchungsbeschlusses zu begründen

  • oder aber die Notwendigkeit der Vollstreckung zur Nachtzeit bzw. an Sonn- und Feiertagen.

Soweit beide Voraussetzungen vorliegen, kann selbstverständlich auch ein kombinierter Beschluss beantragt werden. Die Begründung wird sich möglicherweise auf die vorliegenden Gerichtsvollzieherprotokolle stützen, wonach entweder der Schuldner die Durchsuchung verweigert hat (§ 758a Abs. 1 ZPO) oder aber nach dem Protokoll des Gerichtsvollziehers der Schuldner zu unterschiedlichen Tageszeiten nicht anzutreffen war (§ 758 Abs. 4 ZPO).

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Auf S. 2 des Antrags folgen dann zusätzliche Anträge, wonach beispielsweise der Beschluss unmittelbar an den zuständigen Gerichtsvollzieher zur Vollstreckung weiterzuleiten ist oder aber beantragt werden kann, dass keine vorherige Schuldneranhörung erfolgen soll. In der Rechtsprechung sind die Anforderungen an eine nicht durchzuführende Schuldneranhörung allerdings entsprechend hoch.

In dem neuen Formularen hat sodann die dilettantische Umsetzung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Zwangsvollstreckung Eingang gefunden, sodass nunmehr der Gläubiger wenigstens durch Ankreuzen die Möglichkeit hat, dem Gericht bequem mitzuteilen, ob er die Vollstreckungsunterlagen unmittelbar nach Einreichung via beA postalisch an das Gericht schickt oder aber die Anforderung des Gerichts zur Einreichung der Original-Vollstreckungsunterlagen unter Angabe des gerichtlichen Aktenzeichens abwartet.

Erfreulich ist, dass nunmehr auch die zwingend erforderliche Versicherung nach § 753a ZPO durch Ankreuzen abgegeben werden kann.

Unklar ist weiterhin, wer als „Antragsteller“ auftritt, nachdem dieser im Vorfeld nicht definiert wird. Antragsteller nach der üblichen gesetzlichen Definition dürfte der Gläubiger selbst sein, der natürlich – wenn er durch einen Bevollmächtigten (Anwalt oder Inkassounternehmen) vertreten wird – den Antrag nicht selbst stellen bzw. unterschreiben wird. Der Bevollmächtigte hingegen wird jedoch nicht dadurch selbst zum Antragsteller, sondern bestenfalls zum Antragstellervertreter.

Nachdem üblicherweise der Antragsteller auch Kostenschuldner ist, wird wiederum auch der Bevollmächtigte wenig Interesse daran haben, selbst zum Antragsteller zu mutieren.

Derartige sprachliche und begriffliche Differenzierungen sind dem Gesetzgeber in befremdlicher Weise offenbar völlig unbekannt. Ebenso fragwürdig ist es, weshalb die Formulare hier in Plural abgefasst sind.

Zum Beschlussentwurf (Anlage 3 der ZVFV):

Ähnlich wie im Bereich des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hat auch im Rahmen des Durchsuchungsbeschlusses der Gläubiger den Beschlussentwurf entsprechend für das Gericht als Entwurf auszufüllen. Spannend bleibt es, ob die Vollstreckungsgerichte dann das vom Gläubiger vorausgefüllte Formular tatsächlich verwenden oder aber weiterhin – wie in der Vergangenheit gängige Praxis – ihren eigenen Durchsuchungsbeschluss fertigen.

Erfreulich ist, dass konsequent in sämtlichen neuen Zwangsformularen die Module A bis C praktisch identisch sind, also sich

  • das Modul A mit den Gläubigerangaben beschäftigt,

  • das Modul B mit dem Schuldnerdaten und

  • das Modul C im Wesentlichen die zugrunde liegenden Vollstreckungstitel beinhaltet.

Hinweis:

Zur Vermeidung von Wiederholungen verweisen wir auf die umfangreichen Ausführungen im letzten Infobrief (02/2023) zu den entsprechenden Modulen A bis C.

Seiten 1 bis 3 „Entwurf eines Durchsuchungsbeschlusses“

Der Vollständigkeit halber werden allerdings die Seiten 1 bis 3 des Formulars „Entwurf eines Durchsuchungsbeschlusses“ nachfolgend abgedruckt.

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Wie bereits ausgeführt hat der Gläubiger grundsätzlich die Wahl, ob er einen isolierten Durchsuchungsbeschluss oder aber einen isolierten Nachtbeschluss beantragt oder aber – soweit die Voraussetzungen vorliegen – auch eine Kombination aus beiden Beschlüssen.

Etwas merkwürdig mutet an, dass die ZVFV beim Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses keine Zwangs-Forderungsaufstellung verlangt, sondern sich zumindest nach dem Formular damit begnügt, dass der Gläubiger die zu vollstreckende Forderung entsprechend anzugeben hat.

Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Vollstreckungsgerichte sodann im Anschluss eine ergänzende Forderungsaufstellung anfordern werden, wie sich die im Beschlussentwurf angegebene Forderung zusammensetzt.

Praxistipp:

Um hier Zeitverluste und unnötige Korrespondenz mit dem Vollstreckungsgericht zu vermeiden, wird man wohl sinnvollerweise gleichzeitig mit dem entsprechenden Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses auch eine Forderungsaufstellung beifügen.

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Im Modul D gibt sodann der Gläubiger an, welche Örtlichkeit (z.B. die Privatwohnung) durchsucht werden soll. Gleichzeitig hat der Gläubiger die Möglichkeit – soweit die Voraussetzungen vorliegen – parallel zum Durchsuchungsbeschluss auch eine Anordnung bezüglich der Vollstreckung zur Nachtzeit sowie an Sonn- und Feiertagen zu beantragen.

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Über das Modul E wird seitens des Gläubigers ein isolierter Nacht- bzw. Feiertagsbeschluss gemäß § 758 Abs. 4 ZPO verlangt.

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Modul F ist vom Gericht auszufüllen und dabei wird ggf. eine zeitliche Befristung des entsprechenden Beschlusses ausgesprochen.

Fazit:

Nach meiner Meinung sollte sowohl der Durchsuchungsbeschluss, aber auch der Nachtbeschluss wieder mehr praktische Bedeutung erlangen, da sich Schuldner mittlerweile darauf eingestellt haben, dass eine Weigerung zur Durchsuchung allenfalls zur Abgabe der Vermögensauskunft führt, nicht hingegen, dass ein Gläubiger sich den Zutritt zur Wohnung zwangsweise mittels Durchsuchungsbeschluss verschafft.

Die oben unter „Aktuelles“ besprochene Entscheidung dokumentiert auf welchen Irrwegen auch das AG München im Hinblick auf den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses unterwegs war und wie dies vom LG München I im Rahmen des Beschwerdeverfahrens zugunsten des Gläubigers korrigiert werden musste.

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