Mit den Ausführungen dieses Beitrags verlassen wir so langsam die absoluten Grundlagen der Insolvenz und werfen einen Blick auf diverse Besonderheiten und den Umgang damit.
I.Erwerbspflichten des Schuldners während des Insolvenzverfahrens
In diesem Teil geht es zunächst einmal um die wesentlichen Erwerbspflichten des Schuldners während des Insolvenzverfahrens.
Allgemeine Arbeitsobliegenheiten
Die Vorschriften der §§ 287b, 295 InsO beinhalten u.a. die Verpflichtung des Schuldners, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen.
Die Vorschrift des § 287b InsO betrifft die Dauer des Insolvenzverfahrens also von der Eröffnung des Verfahrens bis zum Schlusstermin, die Vorschrift des § 295 Abs. 1 Ziff. 1 InsO den Zeitraum vom Schlusstermin, also der Beendigung des Insolvenzverfahrens bis zur Restschuldbefreiung.
Was ist unter einer angemessenen Erwerbstätigkeit zu verstehen?
§ 1 InsO sagt aus, dass nur dem redlichen Schuldner Gelegenheit gegeben wird, sich von seinen restlichen Schulden zu befreien. Das heißt, dass dem redlichen Schuldner, der seine Vermögensverhältnisse offenbart und die ihm zum Schutze der Gläubiger auferlegten Obliegenheiten erfüllt, nach nunmehr 3 Jahren (bis zum 30.09.2020: 3, 5 oder 6 Jahre), in denen er sein pfändbares Einkommen den Gläubigern zur Verfügung zu stellen hat, die Chance zu einem Neubeginn eröffnet wird (Braun, InsO-Kommentar, 8. Auflage, § 1, Rn 10).
Die Rede ist in § 1 InsO von den restlichen Schulden. In der Umkehrung bedeutet dies, dass so viel wie möglich durch die Verwertung schuldnerischen Vermögens den Gläubigern zu Gute kommen soll. Dazu gehört die Verwertung von Sachwerten sowie die Realisierung von Pfändungsbeträgen.
Der erwerbstätige Schuldner
Sofern der Schuldner einer Berufstätigkeit nachgeht ist primär zu vermuten, dass es sich um eine angemessene Tätigkeit handelt.
Allerdings hat auch hier eine genauere Betrachtung zu erfolgen.
Beispiel:
Der sich im Insolvenzverfahren befindliche Schuldner gibt auf Nachfrage an, dass er einer Berufstätigkeit, die ganz und gar seinen Vorstellungen entspricht, nachgeht. Er sei glücklich und könne sich auch keinen besseren Arbeitgeber vorstellen. Auf Nachfrage, ob es sich um eine Vollzeitstelle handele, erklärte der Schuldner, dass es hier um einen 450 EUR-Job geht.
Dieses ist nicht redlich. Der BGH hat entschieden, dass ein Schuldner, der lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausübt, sich im Rahmen der Erwerbsobliegenheit regelmäßig um eine angemessene Vollzeittätigkeit bemühen muss (BGH, Beschl. v. 14.1.10, IX ZB 242/06, NZI 2010, 228, NZI 2018, 359).
Sofern der Schuldner das Risiko einer Obliegenheitsverletzung vermeiden will, hat er sich um eine Anstellung, die eine Arbeitszeit zwischen 35 und 40 Stunden beinhaltet, zu bemühen (vgl. Nerlich/Römermann, InsO, 41. EL 4/2020, § 295 Rn 5).
Der kinderbetreuende Schuldner
Anders ist der Fall gelagert, wenn der Schuldner Kinder betreuen muss.
Beispiel:
alleinerziehende Mutter mit 4 minderjährigen Kindern
Hier kann die Kindesbetreuung einer angemessenen Vollzeitbeschäftigung entgegenstehen. Allerdings sind Anzahl, Alter, Entwicklungsstand, Neigungen und Begabungen der Kinder zu berücksichtigen (BGH, NJW 2009, 2592). Eine Teilzeitbeschäftigung könnte auch angemessen sein. Fraglich ist allerdings, ob sich aus dieser Tätigkeit pfändbare Beträge ergeben. Evtl. muss im Einzelfall geprüft werden, ob eine Rollenverteilung zwischen den Ehepartnern bei der Betreuung der Kinder zumutbar ist.
Der selbstständige Schuldner:
Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus, obliegt es ihm, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre (§ 295a Abs. 1 S. 1 InsO).
Beispiel:
Der Schuldner ist als selbstständiger Zahnarzt tätig und erwirtschaftet monatliche Gewinne von 10.000,00 EUR. Er ist so zu behandeln, als wäre er bei sich als angestellter Zahnarzt tätig.
Verdient er monatlich 2.900,00 EUR netto, ist verheiratet und hat ein Kind, sind nach der Pfändungstabelle (Stand: Juni 2021) 412,29 EUR monatlich pfändbar.
Die Zahlungen sind kalenderjährlich bis zum 31. Januar des Folgejahres zu leisten (§ 295a Abs. 1 S. 2 InsO).
Der erfolglos selbstständig tätige Schuldner:
Ist der selbstständig tätige Schuldner allerdings erfolglos, muss er sich demnächst um eine unselbstständige Tätigkeit bemühen. Erkennt der Schuldner in der Wohlverhaltensphase, dass er mit der von ihm ausgeübten Tätigkeit nicht genug erwirtschaftet, um seine Gläubiger so zu stellen, als gehe er einer vergleichbar abhängigen Tätigkeit nach, braucht er seine selbstständige Tätigkeit nicht sofort aufgeben.
Um den Vorwurf zu entkräften, schuldhaft die Befriedigung seiner Gläubiger beeinträchtigt zu haben, muss er sich dann aber nachweisbar um eine angemessene abhängige Beschäftigung bemühen und – sobald sich ihm eine entsprechende Gelegenheit bietet – diese wahrnehmen (BGH, Beschl. v. 7.5.09, IX ZB 133/07, MDR 09, 1192).
Steuerklassenwechsel
In der Praxis ist feststellbar, dass Schuldner hin und wieder mit allen Mitteln versuchen, die pfändbaren Beträge zu senken.
Beispiel:
Die verheiratete Schuldnerin, die einer Vollzeitbeschäftigung nachgeht, bittet ihren Ehemann, der teilzeitbeschäftigt ist, die Steuerklassen zu wechseln, um in den unpfändbaren Bereich zu kommen und tauscht sodann ihre Steuerklasse III mit der Steuerklasse V, mit dem Ergebnis, dass sich ab sofort keine pfändbaren Beträge mehr ergeben.
Hier liegt eine Obliegenheitsverletzung vor, da die Gläubiger durch den vollzogenen Steuerklassenwechsel negativ beeinträchtigt werden. Wählt der verheiratete Schuldner ohne sachlichen Grund die Steuerklasse V, kann dieses einen Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheiten darstellen (BGH, Beschl. v. 5.3.09, IX ZB 2/07).
Auch kann der Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit dem Arbeitgeber eine Obliegenheitsverletzung darstellen, sofern nicht ein wichtiger Grund die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt (Diller/Gerber, NZA 2020, 691). Nimmt der Schuldner einen Arbeitsplatzwechsel vor, bei dem zuvor vertraglich vereinbarte Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit wegfallen, kann ein Obliegenheitsverstoß vorliegen (LG Hamburg, Beschl. v. 6.1.2015, 326 T 112/13, BeckRS 2015, 08879).
Welche Bemühungen um einen Arbeitsplatz müssen vorliegen?
Werden entsprechende Stellen angeboten, hat der Schuldner sich intensiv um eine Anstellung zu bemühen. Als ungefähre Richtgröße gelten 2 bis 3 Bewerbungen pro Woche (BGH, Beschl. v. 19.5.2011, XI ZB 224/09).
Auch der Gläubiger hat durchaus die Möglichkeit, dem Schuldner Stellenangebote aus den Tageszeitungen oder die Angebote der Agentur für Arbeit zuzuleiten.
Besteht eine Kontrollmöglichkeit seitens des Gläubigers?
Durchaus.
Die Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder geben in der Regel einmal jährlich einen Jahresbericht ab, aus dem sich u.a.
a) die Einkommensverhältnisse des Schuldners,
b) die Einnahmen und Ausgaben des Tätigkeitsjahres,
c) ein Ausblick auf die Restschuldbefreiung
ergeben.
Dieser Tätigkeitsbericht kann über einen Code heruntergeladen werden oder, sofern ein Code nicht vorhanden ist, über das Gericht bezogen werden. Ergibt sich aus diesem Bericht, dass sich keine pfändbaren Beträge ergeben haben, könnte ein Verstoß gegen die Obliegenheiten gemäß § 296 InsO vorliegen, der eine Versagung der Restschuldbefreiung nach sich zieht.
Was bedeutet zumutbare Tätigkeit?
Gemäß § 295 Abs. 1 Ziff. 1 InsO darf der Schuldner eine zumutbare Tätigkeit nicht ablehnen. Hier wird der Begriff der Zumutbarkeit im Interesse der Gläubiger weit ausgelegt. Zumutbar ist auch eine berufsfremde Tätigkeit oder eine solche mit geringerer Vergütung.
Praxisfall 1:
Der arbeitslose Schuldner, der sich in der Wohlverhaltensperiode befand, erhielt vom Insolvenzgläubiger, einem Spediteur, das Angebot, bei ihm als Gabelstaplerfahrer arbeiten zu können. Der Schuldner nahm den Job an, machte seinen Staplerschein und arbeitet vollzeitlich beim Gläubiger: ein redlicher Schuldner, weil sich aus seiner Arbeitstätigkeit pfändbare Beträge ergeben, die allen Gläubigern zu Gute kommen.
Praxisfall 2:
Eine Sparkasse, die Insolvenzgläubiger ist, bot dem arbeitslosen Schuldner eine Hausmeisterstelle an. Der Schuldner lehnte ab. Hier liegt ein Verstoß gegen §§ 295, 296 InsO vor. Dem Schuldner droht die Versagung der Restschuldbefreiung.
Sieht der Schuldner sich einer Obliegenheitsverletzung ausgesetzt, ist er vollumfänglich darlegungs- und beweispflichtig. Er sollte sämtliche Bewerbungen dokumentieren und die Unterlagen bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung aufbewahren (Siebert, VIA 2018, 52).
Selbst wenn er eine ausreichende Anzahl an Bewerbungen nebst Rückantworten der Arbeitgeber vorlegen kann, riskiert er die Versagung der Restschuldbefreiung, wenn er nicht zusätzlich bei der Bundesagentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet war (LG Essen, Beschl. v. 26.11.2012, 7 T 71/13, BeckRS 2014, 8554, VIA 2/21, 10). Außerdem dürfen die Bewerbungen auch nicht den Eindruck einer scheinbaren, nicht ernsthaft unternommenen Arbeitssuche vermitteln (AG Gera, NZI 2011, 293).
Wie sieht die Praxis aus?
Nur wenige Insolvenzgläubiger machen sich überhaupt die Mühe, die Erwerbsbemühungen des Schuldners genauer zu betrachten. Arbeitsbelastungen, aber auch oft Unkenntnis über die Verpflichtungen sind oftmals der Grund.
Hinzu kommt, dass eine Obliegenheitsverletzung nur dann einen Versagungsgrund bildet, wenn sie zu einer Beeinträchtigung der Gläubiger geführt hat. Die Verletzung darf nicht nur pauschal behauptet, sondern sie muss vom Insolvenzgläubiger glaubhaft gemacht werden. Eine Beeinträchtigung liegt in der Tat nur dann vor, wenn sie zu einer wirtschaftlich messbaren Einbuße für die Insolvenzgläubiger geführt hat.
Fazit:
Lehnt der arbeitslose aber arbeitsfähige Schuldner permanent die Aufnahme einer ihm evtl. sogar angebotenen Vollzeit-Erwerbstätigkeit ab und kann dem Gericht durch entsprechendes Zahlenwerk dargelegt werden, dass das Nichtbemühen zu einem wirtschaftlichen Schaden für die Insolvenzgläubiger geführt hat, könnte wegen Verstoßes gegen die §§ 1, 290 Abs. 1 Ziff. 7, 295 Abs. 1 Ziff. 1, 296 Abs. 1 InsO durchaus erfolgreich die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt werden.
II.Folgen einer Neuverschuldung
„Nur dem redlichen Schuldner sollen seine restlichen Schulden erlassen werden.“
Als Redlichkeit bezeichnet man die Tugend und Charaktereigenschaft einer Person, entsprechend den Regeln einer Gemeinschaft gerecht zu werden, aufrichtig oder loyal zu sein (Johann August Eberhard im Jahre 1910).
In die Schuldenfalle zu kommen – unverschuldet, fahrlässig oder grob fahrlässig – ist schon Millionen von Menschen passiert. Seitdem es die am 1.1.1999 in Kraft getretene Insolvenzordnung und die damit verbundene Möglichkeit gibt, sich seiner Schulden unter Einhaltung festgelegter „Spielregeln“ zu entledigen, hat dieses für viele Personen zu einem glücklichen Neuanfang geführt.
Leider ist immer wieder feststellbar, dass einige Personen trotz laufender Entschuldung erneut in die Schuldenfalle tappen – und das nicht immer unverschuldet. Die Vorschrift des § 287a InsO lässt ein erneutes Insolvenzverfahren nach elf Jahren zu. Jedoch hat der Gesetzgeber durch die neu geschaffene Obliegenheit in § 295 InsO eine Einschränkung vorgesehen.
Somit gehört es zu den Obliegenheiten des Schuldners gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 5 InsO, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens, also dem Schlusstermin, und dem Ende der Abtretungsfrist, also de facto der Restschuldbefreiung keine unangemessenen Verbindlichkeiten i.S.d. § 290 Abs. 1 Nr. 4 zu begründen.
Was bedeutet unangemessen?
Unangemessen bedeutet: nicht passend für die Umstände.
Unangemessen kann heißen, dass der Schuldner erhebliche Neuverbindlichkeiten begründet, obwohl er diese nicht oder wahrscheinlich nicht begleichen kann.
Beispiel:
Der Schuldner befindet sich im Insolvenzverfahren, leiht sich gleichwohl von einem Bekannten erhebliche Geldbeträge, um sich ein Fahrzeug zu kaufen. Er kommt sodann in Zahlungsschwierigkeiten. Abgesehen davon, dass hier der Tatbestand des Betrugs erfüllt sein könnte, dürfte auch ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 295 Abs. 1 Nr. 5 InsO begründet sein.
Die Neuregelung soll eine Verschärfung der Voraussetzungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung darstellen. Die künftige Praxis wird zeigen, inwieweit die Einbeziehung von Nichtinsolvenzforderungen in ein Restschuldbefreiungsverfahren zu einer Versagung führt.
Abgesehen von Restschuldbefreiungsversagungsgründen stellen Verbindlichkeiten, die während eines laufenden Insolvenzverfahrens begründet werden, unter Umständen Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen dar, bei denen eine Vollstreckung gemäß § 850f ZPO möglich wäre (siehe Detailbeschreibung in Ausgabe 02/2021 des Infobriefs Zwangsvollstreckung).
Fazit:
Einerseits führt die Verkürzung des Insolvenzverfahrens auf drei Jahre zu einer schnelleren Entschuldung. Andererseits müssen die Schuldner auf der Hut sein, wenn sie während des Verfahrens Neuverbindlichkeiten begründen. Zu dem neu gefassten § 295 Abs. 1 Nr. 5 InsO wird es sicherlich in Zukunft noch einige Entscheidungen geben. Es bleibt spannend.
III.Aussonderungsrecht
Gemäß § 47 InsO ist in der Insolvenz die Herausnahme eines dem Gemeinschuldner bzw. Schuldner nicht gehörigen Gegenstandes aus der Insolvenzmasse aufgrund eines dinglichen oder persönlichen Rechts (Eigentum) zwecks Rückgabe an den Berechtigten nicht gestattet.
Beispiel:
Die Leasinggesellschaft, die Eigentümerin von Fahrzeugen und ggf. Maschinen ist, kann sich nicht selbst bedienen und die Fahrzeuge oder Maschinen aus dem Betrieb des Schuldners entfernen.
Die Aussonderung zielt auf die Nichtzugehörigkeit einer Sache oder eines Rechts zur Insolvenzmasse ab, während die Absonderung auf bevorzugte Befriedigung aus der Masse gerichtet ist.
Auch bei Waren, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert wurden, ist das Aussonderungsrecht anzunehmen.
Der Berechtigte hat das Aussonderungsrecht als Anspruch gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen, damit eine Verwertung während des Insolvenzverfahrens vermieden werden kann. Der Gläubiger muss geltend machen, dass der Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört und somit dieser Gläubiger auch kein Insolvenzgläubiger ist.
Achtung:
Erlangt der Gläubiger durch das Aussonderungsrecht und der anschließenden Verwertung (z.B. des Leasingfahrzeugs) nicht seine gesamte Forderung, muss der Restbetrag dem Insolvenzverwalter zum Ausfall mitgeteilt werden. Die vom Insolvenzverwalter dafür gesetzten Fristen sind unbedingt zu beachten. Es handelt sich um Ausschlussfristen!
IV.Absonderungsrecht
Gemäß § 49 InsO ist die Absonderung in der Insolvenz die vorrangige Verwendung eines Gegenstands der Insolvenzmasse zur gesonderten Befriedigung eines Gläubigers. Sie setzt ein besonderes dingliches Recht eines Gläubigers voraus.
Einfach ausgedrückt: Absonderungsgläubiger ist z.B. der, der im Grundbuch durch Grundpfandrechte dinglich gesichert ist. Er kann durch die Versteigerung des Grundstücks eventuell eine Befriedigung seiner Forderung herbeiführen. Aus der Versteigerung überschießende Beträge dienen der Befriedigung aller weiteren Insolvenzgläubiger.
Achtung:
Erlangt der Gläubiger durch das Absonderungsrecht und der anschließenden Verwertung (z.B. des Hauses) nicht seine gesamte Forderung, muss der Restbetrag dem Insolvenzverwalter zum Ausfall mitgeteilt werden. Auch hier sind unbedingt die vom Insolvenzverwalter dafür gesetzten Fristen zu beachten. Es sind Ausschlussfristen!
Immer wieder kommt es vor, dass Insolvenzverwalter Grundstücke aus der Masse freigeben. Das bedeutet, dass eine Versteigerung des Grundstücks nicht unbedingt zu erfolgen hat. Das heißt, der Schuldner kann sein Haus behalten, muss aber dafür sorgen, dass er die eingetragenen Grundpfandgläubiger weiterhin befriedigt, da diese immer noch die Möglichkeit einer Versteigerung haben.
Praxistipp:
Ich empfehle dringend, wenn der Schuldner Grundstücks- oder Wohnungseigentümer ist, stets eine Zwangshypothek eintragen zu lassen, wenn sich die Forderung nicht anders realisieren lässt. Egal, wie schlecht der Rang ist. Die Praxis hat gezeigt, dass manchmal nach mehreren Jahren Löschungsbewilligungen angefordert werden, die natürlich nur dann erteilt werden, wenn sichergestellt ist, dass die Forderung beglichen wird.
Das eingetragene Recht bleibt so lange bestehen, bis es befriedigt wird.
Um eine Zwangshypothek eintragen lassen zu können, müssen allerdings Hauptforderung und Zinsen den Betrag von 750,00 EUR übersteigen (§ 866 Abs. 3 ZPO). Im Übrigen hat der Gläubiger im Falle einer Insolvenz des Schuldners durch sein eingetragenes Grundpfandrecht ein Absonderungsrecht.
Außerdem gibt es zu der Kombination Zwangshypothek/Insolvenz ein interessantes BGH-Urteil:
„Die Restschuldbefreiung begründet keinen Anspruch auf Erteilung einer Löschungsbewilligung hinsichtlich einer vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetragenen Zwangshypothek.“ (BGH, Urt. v. 10.12.20, IX ZR 24/20).
Auf dem Grundstück des Schuldners ließ der Gläubiger eine Zwangshypothek eintragen. Der Schuldner stellte danach einen Insolvenzantrag. Ihm wurde sechs Jahre später die Restschuldbefreiung erteilt. Nunmehr verlangte der Schuldner gerichtlich die Erteilung einer Löschungsbewilligung, weil er der Meinung war, dass die Verbindlichkeiten aus dem eingetragenen Recht von der erteilten Restschuldbefreiung erfasst sind. Der Schuldner irrte sich.
§ 301 Abs. 1 InsO beinhaltet zwar, dass die erteilte Restschuldbefreiung gegen alle Insolvenzgläubiger gilt – auch solche, die ihre Forderung nicht angemeldet haben. Absatz 2 schließt aber die Rechte von Absonderungsgläubigern aus, das heißt, dass absonderungsberechtigte Gläubiger von der Restschuldbefreiung nicht berührt werden. Der Schuldner kann demgemäß eine Löschungsbewilligung erst verlangen, wenn die Forderung getilgt ist.
Fazit:
Hat der Schuldner Grundeigentum, sollte bei Nichtbefriedigung durch andere Vollstreckungsmaßnahmen bei Überschreiten der 750 EUR-Grenze stets eine Zwangshypothek eingetragen werden.