§ 792 ZPO – Erteilung von Urkunden an Gläubiger
Bedarf der Gläubiger zum Zwecke der Zwangsvollstreckung eines Erbscheins oder einer anderen Urkunde, die dem Schuldner auf Antrag von einer Behörde, einem Beamten oder einem Notar zu erteilen ist, so kann er die Erteilung an Stelle des Schuldners verlangen.
Will ein Gläubiger, der einen Vollstreckungstitel gegen einen Erblasser hat, gegen den Erben die Zwangsvollstreckung betreiben, muss dieser den Vollstreckungstitel auf den Erben als Rechtsnachfolger des Erblassers gem. § 727 ZPO umschreiben lassen.
Hierzu benötigt der Gläubiger zum Nachweis der Rechtsnachfolge einen Erbschein, wenn die Erbenstellung nicht durch eine Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, nachgewiesen ist. Eine handschriftliche Verfügung von Todes wegen genügt nicht. Ist bereits ein Erbschein erteilt, so kann der Gläubiger unter Vorlage des Vollstreckungstitels eine Ausfertigung des Erbscheins beantragen.
Liegt hingegen kein Erbschein vor, muss der Gläubiger selbst die Erteilung des Erbscheins beantragen.
Dabei richtet sich das Verfahren nach denjenigen Vorschriften, nach denen auch dem Schuldner die Urkunde erteilt würde, also insbesondere nach § 352 FamFG.
Die nach § 352 Abs. 3 S. 3 FamFG abzugebende eidesstattliche Versicherung muss ein Nachlassgläubiger in der Regel nicht abgeben. So führt das OLG Düsseldorf mit Beschl. v. 19.12.2019 – I-3 Wx 210/19 aus:
Denn nach § 352 Abs. 3 S. 4 FamFG kann das Nachlassgericht dem Antragsteller diese Versicherung erlassen, wenn es sie für nicht erforderlich hält. Dabei ist wegen § 352e Abs. 1 S. 1 FamFG maßgeblich, ob durch die Versicherung die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Angaben erhöht wird, was regelmäßig zu verneinen ist, wenn der Antragsteller, wie etwa und vor allem ein Nichterbe, mangels eigener Kenntnis von den Umständen nichts zur Sachverhaltsaufklärung beitragen kann ( Keidel-Zimmermann , FamFG, 19. Aufl. 2017, § 352 Rn 83 f.; BeckOK FamFG – Schlögel , Stand: 1.10.2019, § 352 Rn 30; MK- Grziwotz , FamFG, 3. Aufl. 2019, § 352 Rn 101 f.).
Allerdings hat auch der den Antrag stellende Gläubiger die gem. § 352 Abs. 3 S. 1 FamFG erforderlichen Standesamtsurkunden vorzulegen.
Diese zu beschaffen, dürfte grundsätzlich kein Problem darstellen, denn führt auch hierzu das OLG Düsseldorf in dem oben genannten Beschluss aus:
Das Benutzungsrecht für standesamtliche Urkunden regelt § 62 PStG. Nach § 61 Abs. 1 S. 2, 1. Halbs. PStG haben „andere Personen“ – zu denen auch Gläubiger zählen – ein Recht auf Erteilung, wenn sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen. Entsprechendes gilt nach § 62 Abs. 2 PStG für Auskunft aus einem oder Einsicht in einen Registereintrag. Ein rechtliches Interesse ist gegeben, wenn die Kenntnis der Personenstandsdaten zur Verfolgung von Rechten erforderlich ist (näher: Senat, FamRZ 2014, 605 ff.; OLG Frankfurt NJW-RR 2000, 960 ff. und 1995, 846 ff.; Gaaz/Bornhofen , PstG, 4. Aufl. 2018, § 62 Rn 12). Selbst wenn ein Standesamt im Rahmen der Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmals Bedenken wegen der Schutzbedürftigkeit bestimmter Daten äußern sollte, bliebe immer noch die – schon vom Nachlassgericht im Nichtabhilfebeschluss aufgezeigte – Möglichkeit, eine Erteilung ausschließlich zu Händen des Nachlassgerichts zur dortigen Akte zu beantragen.
Besonders zu beachten ist , dass die Kosten für das Erbscheinsverfahren nach §§ Nr. 12210 KV GNotKG erhoben werden und sich nach dem Nachlasswert (Vermögen des Erblassers abzüglich der Verbindlichkeiten) richten. Besonders bei hohem Nachlassvermögen kann die Gebühr mehrere Hundert Euro betragen. Deswegen sollte unbedingt die Verhältnismäßigkeit der Kosten des Erbscheinsverfahrens zu der Vollstreckungssumme und die Erfolgsaussichten der Zwangsvollstreckung in den Nachlass geprüft werden; auch wenn die Kosten zur Erlangung eines Erbscheins selbstverständlich zu den erstattungsfähigen Kosten der Zwangsvollstreckungskosten gehören.
Zusammenfassend ist das Verfahren zur Erlangung eines Erbscheins für den Gläubiger eines Erblassers zum Zwecke der weiteren Zwangsvollstreckung gegen den Erben rechtlich nicht schwierig. Zumal der Gesetzgeber und die Rechtsprechung praxisnah die Hürden für den Gläubiger – wie oben besprochen – nicht allzu hoch setzen.