Zur Begründung der Auslagenentscheidung, mit der nach Einstellung eines Bußgeldverfahrens von der Auferlegung der Kosten auf die Staatskasse abgesehen wird. (Leitsatz des Verfassers)
I. Sachverhalt
Einstellung wegen Verfahrenshindernis
Gegen den Betroffenen war ein Bußgeldbescheid wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erlassen worden. Das AG hat das Verfahren dann wegen eines Verfahrenshindernisses nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 206a StPO. Die Kosten des Verfahrens hat es der Staatskasse auferlegt, es hat aber davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen.
II. Entscheidung
Einstellung wegen Verjährung
Das AG ist davon ausgegangen, dass die dem Betroffenen vorgeworfene Ordnungswidrigkeit vom 14.10.2023 bereits bei Eingang der Akten bei Gericht am 22.2.2024 verjährt gewesen sei. Weder die mit Verfügung vom 26.10.2023 angeordnete Anhörung des Betroffenen noch der Bußgeldbescheid vom 4.12.2023 seien geeignet gewesen, die Verjährung zu unterbrechen. Denn: Voraussetzung für die Unterbrechung der Verjährung sei u.a., dass das Tatgeschehen hinreichend konkretisiert, also einwandfrei klar, sei, welcher Lebensvorgang dem Betroffenen vorgehalten werde und dieser von denkbaren ähnlichen oder gleichartigen Sachverhalten unterscheidbar sei. Dies war hingegen nach Auffassung des AG nicht der Fall, was das AG im Einzelnen begründet.
Kosten-/Auslagenentscheidung
Zur Begründung der Kosten-/Auslagenentscheidung hat das AG (nur) ausgeführt: Die Kostenentscheidung beruhe auf den §§ 464, 467 Abs. 1 und 3 StPO. Unter Würdigung aller entscheidungserheblichen Umstände des Einzelfalls werde daher davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen.
III. Bedeutung für die Praxis
Falsche Entscheidung
Die Auslagenentscheidung des AG ist m.E. falsch. M.E. hätten das AG nämlich auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse auferlegen müssen. Das AG geht offensichtlich von einem Fall des § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO aus; eine Vorschrift, die der Entscheidung zugrunde liegt, ist nicht genannt.
Insoweit ist zunächst zu beanstanden, dass das AG seine Ermessensentscheidung nicht bzw. nicht ausreichend begründet. Die „Begründung“ des AG erschöpft sich in dem Satz „Unter Würdigung aller entscheidungserheblichen Umstände des Einzelfalls wurde daher davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen.“ Das ist zur Begründung der Ermessensentscheidung aber nicht ausreichend (vgl. zur Begründung zuletzt BVerfG, Beschl. v. 27.9.2024 – 2 BvR 375/24, AGS 2024, ; siehe auch noch VerfGH Sachsen, Beschl. v. 23.5.2024 – Vf. 22-IV-23, AGS 2024, 367; LG Wiesbaden, Beschl. v. 7.6.2024 – 2 Qs 47/24, AGS 2024, 365). Das AG hätte schon im Einzelnen darlegen müssen, warum es vom Regelfall des § 467 Abs. 1 StPO abweicht. Dazu reicht die „Begründung“ des AG „Unter Würdigung aller entscheidungserheblichen Umstände des Einzelfalls…“ nicht aus. Das ist keine auf den Einzelfall bezogene Begründung, wie sie vom BVerfG (a.a.O.) gefordert wird. Denn der „Begründung“ kann eben nicht entnommen werden, welche Umstände, denn nun dazu geführt haben, dass der Betroffene seine notwendigen Auslagen selbst tragen muss. Es fehlt(e) vor allem auch eine Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass der „Fehler“, der zum Verjährungseintritt geführt hat, hier – nach der Rechtsauffassung des AG – eindeutig bei der Verwaltungsbehörde gelegen hatte, die weder in der Anhörung noch im Bußgeldbescheid eine ausreichende Tatortangabe mitgeteilt hatte. Eine sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung hätte insoweit also ggf. Erfolg gehabt und m.E. dann später möglicherweise auch eine Verfassungsbeschwerde.