Mietwagenkosten: Überschrittener TÜV-Termin
Ein Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten kann nicht allein wegen eines überschrittenen Vorführtermins zur Haupt- und Abgasuntersuchung bei dem unfallbeschädigten Pkw verneint werden. Die Nutzung eines verkehrssicheren Pkw mit nach § 29 Abs. 7 Satz 1 StVZO ungültig gewordener Prüfplakette ist nur dann rechtswidrig, wenn eine Behörde den Betrieb des Fahrzeugs untersagt oder beschränkt hat.
BGH, Urt. v. 3.12.2024 – VI ZR 117/24
Fiktive Abrechnung: UPE-Aufschläge; Sachverständigenkosten
UPE-Aufschläge sind auch bei einer fiktiven Abrechnung erstattungsfähig. Ein Abzug von erforderlichen Reparaturkosten ist bei einem bereits reparierten Vorschaden nicht vorzunehmen. Sachverständigenkosten für ein Kurzgutachten sind auch im Falle eines Bagatellschadens (500 – 800 EUR) erstattungsfähig.
AG Stade, Urt. v. 3.2.2025 – 63 C 648/24
Elektronisches Dokument: Prüfpflicht des Versenders
Eine aus einem anderen Dateiformat in eine PDF-Datei umgewandelte Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsschrift ist durch den signierenden Rechtsanwalt vor der Übermittlung im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs an das Gericht per besonderem elektronischen Anwaltspostfach darauf zu überprüfen, ob ihr Inhalt dem Inhalt der Ausgangsdatei entspricht.
BGH, Beschl. v. 17.12.2024 – II ZB 5/24
E-Scooter: Entziehung der Fahrerlaubnis
Elektrokleinstfahrzeuge mit elektrischem Antrieb, einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht weniger als 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h und bestimmten, in § 1 eKFV genannten zusätzlichen Merkmalen (E-Scooter), sind gemäß der Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr (eKFV) als Kraftfahrzeuge einzustufen. Der Mindestwert für die unwiderlegliche Annahme von absoluter Fahruntüchtigkeit liegt für Führer von Elektrokleinstfahrzeugen in diesem Sinne bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 ‰. Die Benutzung eines sog. E-Scooters durch einen alkoholbedingt fahruntüchtigen Fahrer widerlegt für sich genommen nicht die Ungeeignetheit im Sinne des § 69 StGB.
OLG Hamm, Urt. v. 8.1.2025 – III-1 ORs 70/24
Straßenblockaden: Strafbarkeit wegen Nötigung
Bei Straßenblockaden ist der Tatbestand der Nötigung vollendet, sobald durch das erzwungene Anhalten von Kraftfahrzeugen nachfolgende Autofahrer in ihrer Fortbewegungsfreiheit eingeschränkt sind. Danach eintretende Umstände – hier: Bildung einer Rettungsgasse – sind nur noch für die Beurteilung der Verwerflichkeit bzw. die Bestimmung des Schuldumfangs maßgeblich. Dabei können unterbliebene Bemühungen des Opfers den Täter nur entlasten, soweit ein Handeln des Opfers mindestens zumutbar war (hier verneint für die Nutzung einer Rettungsgasse durch Kraftfahrzeugführer). Kleben sich Blockierer mit den Händen an der Fahrbahn fest, schaffen sie ein nicht ohne Weiteres zu beseitigendes Hindernis und handeln deshalb gewaltsam im Sinn des § 240 Abs. 1 StGB.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 4.2.2025 – 2 ORs 350 SRs 613/24
Relative Fahruntüchtigkeit: Alkoholbedingte Ausfallerscheinung
Je weiter die festgestellte Blutalkoholkonzentration von der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit (1,1 ‰) entfernt ist, desto höher sind die Anforderungen an die für das Vorliegen einer relativen Fahruntüchtigkeit festzustellenden alkoholbedingten Ausfallerscheinungen (für Rückwärtsfahren an einer Rotlicht zeigenden LZA, um einen Bekannten zu grüßen, verneint).
LG Berlin I, Beschl. v. 10.1.2025 – 520 Qs 67/24
Geschwindigkeitsüberschreitung: Vorsatz
Dass möglicherweise dem Betroffenen der Umfang einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 57 km/h nicht exakt bekannt war, steht der Annahme von (bedingtem) Vorsatz nicht entgegen.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 7.2.2025 – 1 ORbs 293/24
Abwesenheitsverhandlung: Rechtlicher Hinweis auf Vorsatz
Hat das Bußgeldgericht den Betroffenen und seinen Verteidiger in der Ladungsverfügung auf die Möglichkeit einer Verurteilung wegen grober Fahrlässigkeit hingewiesen, nicht aber auf eine solche wegen Vorsatzes, darf der Betroffene mit Blick auf diesen Hinweis darauf vertrauen, nicht wegen einer Vorsatztat verurteilt zu werden. Die „Erörterung der Vorsatzproblematik“ in der Hauptverhandlung ist nicht geeignet, das rechtliche Gehör des Betroffenen zu wahren, wenn dieser war mit Blick auf die antragsgemäß beschlossene Entbindung von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung berechtigt nicht erschienen.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.2.2025 – 1 ORbs 4/25
Urteilszustellung: Zustellung vor Protokollfertigstellung
Ein Hauptverhandlungsprotokoll, dem neben dem Datum insbesondere auch die Unterschrift des Richters fehlt, ist nicht fertiggestellt. Allein die Unterschrift des Richters auf einem nicht als Anlage gekennzeichneten Beiblatt, welches lediglich den Tenor enthält, ist nicht ausreichend um einen Fertigstellungswillen hinsichtlich des gesamten Protokolls anzunehmen. Eine dennoch erfolgte Urteilszustellung ist unwirksam.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.1.2025 – 3 ORbs 330 SsBs 645/24
Einreichung von Dokumenten im elektronischen Rechtsverkehr: Fristwahrung
Bei der Einreichung eines Dokuments im elektronischen Rechtsverkehr kann zwischen dem Eingang des Dokuments bei der Einrichtung gemäß § 32a Abs. 5 Satz 1 StPO – hier: Intermediär der badenwürttembergischen Justiz – und dem Eingang bei dem eigentlichen Empfänger – hier: Amtsgericht – eine nicht näher bestimmbare Zeitspanne liegen. Um eine rechtzeitige Kenntnisnahme zu gewährleisten, kann einem Beteiligten deshalb in eilbedürftigen Fällen die Einreichung auf anderem Weg – hier: Telefax – aufgegeben werden.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.1.2025 – 2 ORbs 320 SsBs 725/24
Bußgeldverfahren: Angemessene Bemessung der Rahmengebühren
In einfach gelagerten Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten wird i.d.R. eine Festsetzung der anwaltlichen Vergütungsansprüche im unteren Drittel des zur Verfügung stehenden Gebührenrahmens erfolgen. Voraussetzung ist allerdings, dass unter strikter Beachtung der Umstände des Einzelfalls und unter Zugrundelegung der Gebührenbemessungskriterien aus § 14 RVG davon auszugehen ist, dass insgesamt eine Angelegenheit von unterdurchschnittlicher Bedeutung vorliegt. Bei der Beurteilung, ob ein „durchschnittlicher Fall“ vorliegt, ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen sowie eine Gesamtabwägung vorzunehmen. Allein der Umstand, dass für die verfahrensgegenständliche Verkehrsordnungswidrigkeit die Eintragung eines oder mehrere Punkte im Punktesystem vorgesehen ist, begründet nicht per se die besondere Bedeutung des Verfahrens für den Betroffenen. Die Bedeutung der Sache kann sich für den Betroffenen jedoch neben den verkehrsrechtlichen Konsequenzen dadurch vergrößern, dass die vorgeworfene Ordnungswidrigkeit ggf. Auswirkungen auf seine Zuverlässigkeit im Sinne von § 5 Abs. 2 WaffG und § 17 BJagdG hat.
LG Duisburg, Beschl. v. 4.2.2025 – 69 Qs 48/24