Bei selbstfahrenden Erntemaschinen entfällt die Einstandspflicht des Kraftfahrzeughaftpflichtversicherers gemäß Teil B Nr. 11 Abs. 4 Halbs. 1 AKB 1995 für Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung mitgeführten Ernteguts, wenn sich die Arbeitsweise der Maschine insgesamt als Beförderung des Ernteguts darstellt. (Leitsatz des Verfassers)
I. Sachverhalt
Hydrauliköl als Schadensursache
Der Kläger setzt einen sog. „Traubenvollernter“ bei Erntearbeiten ein und dabei kam es zur Verunreinigung der gelesenen Trauben durch im Maschinenbereich dieses Fahrzeugs aufgetretenen Hydrauliköl, in deren Folge die gesamte Ernte des Weinberges unbrauchbar wurde. Die Inhaberin des geschädigten Weingutes nahm den Kläger auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der wiederum die beklagte Kfz – Haftpflichtversicherung auf Deckung in Anspruch genommen hat. Das Oberlandesgericht Koblenz hatte die beklagte Haftpflichtversicherung antragsgemäß zur Gewährung verurteilt und jetzt der BGH zu entscheiden.
Dabei war über folgende Klausel zu entscheiden: „Ausgeschlossen von der Versicherung sind […) Haftpflichtansprüche wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommen von mit dem versicherten Fahrzeug beförderten Sachen, mit Ausnahme jener, die mit Willen des Halters beförderte Personen üblicherweise mit sich führen oder, sofern die Fahrt überwiegend der Personenbeförderung dient, als Gegenstände des persönlichen Bedarfs mit sich führen.“
II. Entscheidung
Keine Haftung, wenn Beförderung bei reinem Einsatz als Arbeitsmaschine
Die gegen das Urteil des OLG Koblenz gerichtete Revision hatte Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung. Der BGH betont, dass nach ständiger Rechtsprechung allgemeine Versicherungsbedingungen auszulegen sind, wie ein durchschnittlicher und um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer diese unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dieser verständige Versicherungsnehmer würde die hier betroffene Klausel nun aber dahingehend verstehen, dass Deckung dafür besteht, dass mit Hilfe eingesetzten Transportmittels von einem Ort zum anderen gebracht wird. Insoweit hätte allerdings – anders als Berufungsgericht die sieht – nicht auf den Transport des geernteten Traubengutes zum Auffangbehälter nur innerhalb des sogenannten Vollernters abgestellt werden dürfen. Denn richtiger Weise entfällt bei einer selbstfahrenden Erntemaschine der Einstandspflicht des Kfz-Haftpflichtversicherers nach der hier betroffenen Klausel, wenn sich die entscheidende Arbeitsweise der Maschine insgesamt als Beförderung des Ernteguts dargestellt. Denn nach dem Wortlaut sind aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers Schäden an mit dem versicherten Fahrzeug beförderten Sachen ohne Einschränkung vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Funktion als Arbeitsmaschine kann auch Ortsveränderung beinhalten
Dabei ist zu beachten, dass die das Mitführen der Trauben nach deren Trennung vom Rebstock bewirkte Ortsveränderung gerade den Zweck des Erntevorgangs darstellt. Die Arbeitsleistung durch den hier betroffenen Vollernter beschränkt sich nicht auf das Trennen der Trauben vom Rebstock, sondern dient auch dem Sammeln der geernteten Trauben und dem Transport zu einem die Ernte aufnehmenden Behältnis außerhalb der Maschine. Auch während des Transports zum Auffangbehälter sind die Trauben durch den Vollernter befördert worden.
Weiter aufzuklären, wie genau die geernteten Trauben verunreinigt worden sind
Dieses vorausgeschickt, konnte der BGH den Fall im Hinblick auf die Deckungsfrage aber nicht abschließend entscheiden: Denn das Berufungsgericht hat von seinem Standpunkt aus konsequent Frage offen gelassen, ob der Ausschluss in den AKB hinsichtlich eines Teils der Trauben nicht greift, wenn nur einem oder mehrere Chargen des geernteten Trauben unmittelbar im Rahmen des Erntevorgangs verunreinigt worden sind und erst durch das Zusammenschütten des Erntegutes in einem Sammelbehälter außerhalb des Vollernters eine Verunreinigung der übrigen Trauben herbeigeführt worden ist. Wenn der Sachverhalt so wäre, handelt es sich bei den erst im Sammelbehälter verunreinigten Trauben nicht um eine mit dem Vollernter beförderte Sache im Sinne der hier entscheidenden Klausel nach den AKB. Denn der Deckungsausschluss beschränkt sich auf die Haftung des Versicherungsnehmers.
Für Schäden, die an den transportieren Sachen eingetreten sind. Anderweitige Schäden fallen auch dann nicht unter den Ausschluss, wenn die Ursache in der Beschädigung der beförderten Sache selbst liegt.
III. Bedeutung für die Praxis
Umstände des Einzelfalls
Diese grundlegende Entscheidung des BGH zeigt, dass es immer auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, inwieweit ein Ausschluss im Bereich der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung eingreifen kann und dies durchaus kontrovers erörtert werden kann. Wäre noch das OLG Koblenz eine Eintrittspflicht der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung bejaht hat, kommt es nach dem BGH auf weitere Umstände bei der Trennung der beförderten Güter für eine Vermischung an. Im Zweifelsfall ist ein Ausschluss in den AKB aber zu Lasten des Versicherers auszulegen und greift vorliegend nicht ein. Ausgangspunkt bleibt für die Deckung in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung die Annahme, dass das Interesse versichert ist, mit dem typische, vom Gebrauch des Fahrzeugs selbst unmittelbar ausgehende, Gefahren erfasst werden. Dies ist nur dann anders, wenn die Schadensursache nicht mehr im Gebrauch des Fahrzeuges liegt, sondern Umstände entscheidend sind, die zu den Gefahren eines Gewerbebetriebs gehören und dies führt zu einer Unterscheidung im Detail bei der hier vorliegenden Konstellation, die es weiter aufzuklären gilt. Anders als im zweiten Fall des BGH zu dieser Thematik war der Sachverhalt also mit diesen Vorgaben des BGH weiter aufzuklären.
Abgrenzung im Einzelfall zwischen Gebrauch des Kfz mit Deckung in der KG – Versicherung und Betriebshaftpflicht des Gewerbes