Beitrag

Erhöhung der Regelgeldbuße bei einem Verstoß mit einem SUV

 

Wird ein Rotlichtverstoß mit einem SUV begangen, rechtfertigt dieser Umstand die Erhöhung der nach dem BKat vorgesehenen Regelgeldbuße.

(Leitsatz des Verfassers)

AG Frankfurt/Main, Urt. v. 3.6.2022974 OWi 533 Js-OWi 18474/22

I. Sachverhalt

Verstoß mit SUV …

Das AG hat den Betroffenen wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße von 350 EUR (Regelsatz nach Nr. 132.3 BKat: 200 EUR) verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet. Bei der Tat fuhr die „betroffene Person“ einen SUV der Marke BMV.

II. Entscheidung

… rechtfertigt erhöhte Geldbuße

Die Erhöhung der Regelgeldbuße begründet das AG mit dem Vorliegen von Vorbelastungen und der Art des benutzten Fahrzeugs. Bei dem Fahrzeug habe es sich um ein so genanntes Sport Utility Vehicle (kurz SUV) gehandelt, das von seiner Bauart dadurch von normalen Kfz in der Art abweicht, dass es über eine erhöhte Bodenfreiheit verfügt und das Erscheinungsbild an einen Geländewagen angelehnt ist. Aufgrund der kastenförmigen Bauweise und den höher angeordneten Frontstrukturelementen stelle dieses Fahrzeug im Falle eines Unfalls eine größere Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer dar. Diese erhöhte Betriebsgefahr des verwendeten Kraftfahrzeugs sei bei der Bemessung der Geldbuße zu Lasten der betroffenen Person berücksichtigt. Die kastenförmige Bauweise und wegen der größeren Bodenfreiheit erhöhte Frontpartie des Fahrzeugs erhöhten bei einem SUV das Verletzungsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer. Gegenüber einem Pkw in üblicher Bauweise liege deshalb eine erhöhte Betriebsgefahr vor (OLG Hamm NZV 1997, 230). Aufgrund der größeren abstrakten Gefährdung durch das geführte Kfz stelle sich der begangene Rotlichtverstoß gravierender als der Normalfall dar; insbesondere, da die Regelungen des § 37 StVO zu Wechsellichtzeichen darauf abzielten, querende Verkehrsteilnehmern im Kreuzungsbereich der Lichtzeichenanlage bei einer Kollision zu schützen. Daher weise dieser Fall eine Besonderheit auf, die ihn von gewöhnlichen Tatumständen unterscheidet, sodass die Regelbuße entsprechend zu erhöhen ist.

III. Bedeutung für die Praxis

Undurchdacht

Auf diese Idee muss man erst mal kommen, die Regelgeldbuße wegen der Art des verwendeten Kfz zu erhöhen, obwohl es sich um auch bei einem „SUV“ um einen Pkw der Fahrerlaubnisklasse B (§ 6 FeV) handelt. Es ist dem Verordnungsgeber vorbehalten zu bestimmen, ob nur eine bestimmte Art von Fahrzeugen unter einen Bußgeldtatbestand fällt (etwa das Durchfahrtsverbot nach Nr. 250a BKat) oder die Rechtsfolgen nach Fahrzeugarten gestaffelt werden (z.B. die Tabelle 1 im Anhang des BKat zu Geschwindigkeitsverstößen). Das AG deutet an, es habe sich bei seiner Entscheidung von § 1 Abs. 2 Satz 2 BKatV leiten lassen, wonach die Regelsätze von gewöhnlichen Tatumständen ausgehen. Dabei kann zwar die Begehensweise der Tat eine Rolle spielen (König, in: Hentschel/König/Dauer, StVR, 46. Aufl. 2021, § 24 StVG Rn 64a), die aber durch die Art des Pkw (anders ggfls. bei einer anderen Fahrerlaubnisklasse, etwa Lkw) als solche nicht verändert wird. Das AG teilt zur angeblich höheren abstrakten Gefährdung weder Einzelheiten zur baulichen Abweichung des hier benutzten SUV von anderen Pkw mit (Höhe der Bodenfreiheit und der Frontpartie) noch sachverständige Quellen zu der erhöhten Gefährdung oder hat gar einen Gutachter hinzugezogen. Damit hat es letztlich zur Entscheidung bloße Vermutungen herangezogen. Der Verweis auf eine Entscheidung zur Betriebsgefahr nach § 7 StVG genügt im bußgeldrechtlichen Kontext dabei nicht. Zudem: was wäre hiernach ein „durchschnittlicher“ Pkw, für den die Regelgeldbuße gilt? Wäre dies etwa ein VW Golf, während für den bauähnlichen, nur eben höheren T-Roc als SUV eine Erhöhung angezeigt sein soll? Noch abstruser wäre die Konsequenz, dass bei „kleinen“ Pkw mit geringer Bodenfreiheit folgerichtig die Regelgeldbuße gemindert werden müsste. Die Entscheidung ist erkennbar undurchdacht. Sie ist eine Anekdote des Bußgeldrechts und sollte es auch bleiben.

RiAG Dr. Axel Deutscher, Bochum

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