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VRR-Kompakt

Fiktive Schadensberechnung: Maßgeblicher Zeitpunkt für Schadensberechnung

Bei der fiktiven Schadensberechnung ist für die Bemessung des Schadensersatzanspruchs materiell-rechtlich der Zeitpunkt der vollständigen Erfüllung, verfahrensrechtlich regelmäßig der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung maßgeblich. Vorher eintretende Preissteigerungen für die günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt, auf die der Schädiger den Geschädigten gem. § 254 Abs. 2 BGB verweisen darf, gehen daher in der Regel zu Lasten des Schädigers.

BGH, Urt. v. 18.2.2020 – VI ZR 115/19

Sachverständigenvertrag: Wirksamkeit von Abtretungsklausel

Die in einem Vertrag über die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens enthaltene formularmäßige Klausel, nach der der geschädigte Auftraggeber dem Sachverständigen in Bezug auf dessen Honoraranspruch „erfüllungshalber“ seinen auf Ersatz der Sachverständigenkosten gerichteten Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger abtritt, ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam, wenn die Klausel zugleich die Regelung enthält: „Das Sachverständigenbüro kann die Ansprüche gegen mich [geschädigter Auftraggeber] geltend machen, wenn und soweit der regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine Teilzahlung leistet. In diesem Fall erhalte ich die Forderung zurück, um sie selbst gegen die Anspruchsgegner durchzusetzen.“

BGH, Urt. v. 18.2.2020 – VI ZR 135/19

Betriebsgefahr: Hindernisbereiten

Die Betriebsgefahr aus § 7 Abs. 1 StVG entfällt bei der bewussten Bildung eines Hindernisses auf der Fahrbahn. Derjenige, der mit seinem Fahrzeug bewusst ein Hindernis auf der Fahrbahn bereitstellt, um einen Auffahrunfall zu provozieren, haftet allein (§ 17 Abs. 1 StVG).

OLG Celle, Urt. v. 22.1.2020 – 14 U 173/19

Rechtsschutzversicherung: Entbindung von der Schweigepflicht

Dem Rechtsschutzversicherer, der einen Prozess vorfinanziert hat, steht zur Ermittlung eines möglichen Herausgabeanspruchs ein Auskunftsanspruch gegen den durch seinen Versicherungsnehmer beauftragten Rechtsanwalt zu. Finanziert der Rechtsschutzversicherer mit Einverständnis seines Versicherungsnehmers einen Prozess und überlässt der Mandant dem beauftragten Rechtsanwalt den Verkehr mit dem Rechtsschutzversicherer, ist von einer konkludenten Entbindung des Rechtsanwalts von der Verschwiegenheitsverpflichtung durch den rechtsschutzversicherten Mandanten auszugehen, soweit es die Abrechnung des Mandats betrifft.

BGH, Urt. v. 13.2.2020 – IV ZR 90/19

Sperrfrist: Abkürzung

Eine Sperre nach § 69a StGB kann 10 Monate nach der Tat und etwa 5 Monate nach dem Urteil aufgrund einer durchgeführten psychologischen Maßnahme (38 Gruppenstunden und vier Einzelgespräche) aufgehoben werden, wenn hierdurch Grund zu der Annahme besteht, dass der Angeklagte zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist. Ob trotz hoher Tatzeitblutalkoholkonzentrationen eine sofortige Wiedererteilung der Fahrerlaubnis möglich ist, ist Sache der für das Wiedererteilungsverfahren zuständigen Verwaltungsbehörde.

AG Dortmund, Beschl. v. 16.4.2020 – 729 Cs-261 Js 1037/19-262/19

Sog. Qualifizierter Rotlichtverstoß: Absehen vom Fahrverbot

Bei dem Begriff der „abstrakten Gefahr“ handelt es sich um einen Terminus der Rechtsetzung, nicht um einen solchen der Rechtsanwendung. Versuche, den Anwendungsbereich der Nr. 132.3 BKat mit dem Erfordernis einer konkret bestimmbaren „abstrakten Gefährlichkeit“ zu reduzieren, sind systematisch unzulässig, weil sie in die Kompetenz des Gesetzgebers, abstrakte Gefährdungsdelikte zu kodifizieren, eingreifen. Es verbietet sich, allein unter dem Gesichtspunkt, ein Rotlichtverstoß sei nicht „abstrakt gefährlich“, vom indizierten Fahrverbot abzusehen (Aufgabe bisheriger Rechtsprechung, KG VRS 114, 60). Von dieser Bewertung bleibt das Rechtsfolgeermessen des Tatrichters unberührt. Er ist befugt und veranlasst, im Rahmen einer Gesamtwürdigung unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls in objektiver und subjektiver Hinsicht zu bestimmen, ob das gesamte Tatbild vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in solchem Maße abweicht, dass das Fahrverbot unangemessen wäre.

KG, Beschl. v. 14.4.2020 – 3 Ws (B) 46/20

Verjährungsunterbrechung: Anordnung der Anhörung

Die von der unzuständigen Behörde erlassene Anordnung, den Betroffenen anzuhören, ist nicht geeignet, eine Verjährungsunterbrechung gem. § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 3. Alt OWiG herbeizuführen.

AG Liebenwerda, Beschl. v. 24.4.2020 – 44 OWi 1611 Js-Owi 12305/20

Berufungsverwerfung: Wiedereinsetzung

Ein ärztliches Attest, das Art und Schwere der Erkrankung mitteilt, rechtfertigt in der Regel den Schluss, dass dem Angeklagten die Teilnahme an der Hauptverhandlung nicht zumutbar war. Etwas anderes kann jedoch bei Erkrankungen gelten, deren Symptome typischerweise zeitlich eng begrenzt, häufig auch akut „von der einen auf die andere Minute“ auftreten. In so gelagerten Fällen bedarf es in der Regel des zusätzlichen Vortrags, zu welcher Uhrzeit der Angeklagte den behandelnden Arzt aufgesucht hat.

KG, Beschl. v. 18.11.2019 – 3 Ws 352/19

Elektronische Akte: Aktenversendungspauschale

Die Übersendung von Ausdrucken aus einer elektronisch geführten Bußgeldakte rechtfertigt nicht die Erhebung einer Aktenversendungspauschale gem. § 107 Abs. 5 S. 2 OWiG.

AG Daun, Beschl. v. 15.4.2020 – 4c /141/20

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