Gegen den Auffahrenden spricht der Anscheinsbeweis für eine schuldhafte Unfallverursachung, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, die gegen die Typizität des Geschehens sprechen. Auch im Falle eines Kettenauffahrunfalls kann nach den Umständen des Einzelfalls ein Anscheinsbeweis gegen den ersten Auffahrenden sprechen. Der Hintermann muss grundsätzlich, wenn keine atypische Konstellation vorliegt, mit einem plötzlichen scharfen Bremsen des Vorausfahrenden rechnen; der gegen den Auffahrenden sprechende Anscheinsbeweis ist in dem Fall nicht erschüttert. Der Auffahrende haftet auch bei unverhofft starkem Bremsen des Vorausfahrenden ohne zwingenden Grund in der Regel überwiegend (hier 70:30).
OLG Celle, Urt. v. 16.12.2020 – 14 U 87/20
Führt ein Fahrzeugführer einen Auffahrunfall des nachfolgenden Lkw auf der Autobahn durch ein mehrfaches gezieltes Ausbremsen herbei, ist er für den dadurch entstandenen Schaden allein verantwortlich. Sein Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer wird dabei allerdings gem. § 103 VVG leistungsfrei, wenn der Unfallverursacher den Fremdschaden am Lkw zumindest billigend in Kauf genommen hat.
LG Bochum, Urt. v. 14.1.2021 – I 8 O 428/19
Die Besorgnis der Befangenheit ist begründet, wenn zwischen dem Ehegatten des abgelehnten Richters und einer Prozesspartei eine enge beziehungsweise langjährige Freundschaft besteht.
BGH, Beschl. v. 19.11.2020 – V ZB 59/20
Eine konkrete Gefahr i.S.d. § 315c StGB liegt regelmäßig nicht vor, wenn es einem Verkehrsteilnehmer noch möglich ist, einen Unfall durch ein im Bereich einer verkehrsüblichen Reaktion liegendes Brems- oder Ausweichmanöver abzuwenden.
OLG Celle, Beschl. v. 16.2.2021 – 3 Ss 6/21
Der Umstand, dass das Messgerät geeicht war, impliziert, dass der Eichbehörde die Konformitätsbescheinigung und die Konformitätserklärung vorgelegen haben und das Messgerät ordnungsgemäß in den Verkehr gebracht worden ist. Beantragt der Verteidiger bei der Bußgeldbehörde die Übersendung von Messdaten und Unterlagen zu einer durchgeführten Messung, ist ein für den Fall der Nichtherausgabe vorab gestellter Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 62 OWiG) nicht statthaft.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.1.2021 – 2 RBs 1/21
Die Frage, ob die 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften wegen Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Zitiergebot aus Art. 80 Abs. 1 S. 3 GG unwirksam ist, kann offen bleiben, denn selbst wenn das anzunehmen wäre, führt dies nicht dazu, dass die BKatV in ihrer bisherigen Form keine Grundlage mehr für die Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten darstellt (Anschluss an BayObLG, Beschl. v. 11.11.2020 – 201 ObOWi 1043/20).
OLG Hamm, Beschl. v. 25.1.2021 – 1 RBs 226/20
Die Verbindung eines Strafbefehlsverfahrens zu einem erstinstanzlichen landgerichtlichen Verfahren gem. § 4 Abs. 1 StPO hat zur Folge, dass der Einspruch gegen den Strafbefehl nicht mehr zurückgenommen werden kann.
BGH, Urt. v. 14.1.2021 – 4 StR 95/20
Eine Ersatzzustellung durch Niederlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten erfordert, dass der Betroffene dort tatsächlich wohnhaft ist, ohne dass der melderechtliche Status ausschlaggebend ist. Eine Ersatzzustellung unter dem Nebenwohnsitz setzt voraus, dass der Betroffene entweder den Anschein gesetzt hat, dort tatsächlich aufhältlich zu sein oder sich tatsächlich dort aufgehalten hat (Anschl. an VGH München, Beschl. v. 23.8.1999 – 7 ZB 99.1380). Die Heilung eines Zustellungsmangels setzt den Zugang bei einem tatsächlich Empfangsberechtigten voraus und erfordert wenigstens den Zugang einer Kopie oder eines Scans. Andere Formen der Übermittlung führen aber wegen der Fehleranfälligkeiten derartiger Übermittlungswege grundsätzlich nicht zur Heilung eines Zustellungsmangels (Anschl. an BGH, Beschl. v. 12.3.2020 – MDR 2020, 750).
BayObLG, Beschl. v. 17.11.2020 – 201 ObOWi 1385/20
Dem allgemeinen Risiko einer Infektion mit dem Sars-CoV-2-Virus steht auch vor dem Hintergrund erheblich gestiegener Fallzahlen in der Bundesrepublik Deutschland das Interesse an der Sicherung einer funktionsfähigen Strafrechtspflege gegenüber. Hat das Gericht ausreichende Schutzmaßnahmen ergriffen, besteht kein Anlass, das Interesse an der Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Strafrechtspflege hinter das Interesse eines Betroffenen am Schutz seiner Gesundheit zurücktreten zu lassen. Die Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags berechtigt dann nicht zur Annahme der Besorgnis der Befangenheit.
AG Plön, Beschl. v. 3.2.2021 – 34 OWi 563 Js 37777/20
Tritt während der Erstellung eines Sachverständigengutachtens, dessen Einholung der Verteidiger beantragt hat, Verfolgungsverjährung ein, ist die durch den Verteidiger erfolgte Beantragung der Einholung des Sachverständigengutachtens als eine die Einstellung des Verfahrens fördernde Tätigkeit anzusehen.
AG Erkelenz, Beschl. v. 26.1.2021 – 5 OWi-311 Js 1142/19-174/19
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